The difference is why you drink

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Alles in Ordnung! Die Galerie Maerz widmet sich der Ordnung und möchte Ordnungs­systeme im Zusammenhang mit künstlerischem Denken und Fühlen zu „einer Unend­lich­keit des Resultats“ werden lassen.

Als ein Beitrag der Ausstellung untersucht Le Grand Content von Clemens Kogler und Karo Szmit die allgegenwärtige Powerpointkultur auf ihr philosophisches Potential: „Schnitt­mengen und Diagramme werden zu einem wahren Assoziationskettenmassaker zusammengestellt, das sich die Aufgabe stellt, alle Fragen des Universums und noch ein paar mehr zu beantworten“, heißt es im Ausstellungstext.
Im Video startet mit der Eingangssentenz „People keep always asking me questions about life“ eine etwa fünfminütige, samtweiche Irreführung in die Kausalitätenwelt mo­der­ner Lebenserklärer. Auf amüsante Art und Weise der Frage- und Themennivellierung werden im Video die unverzichtbaren Sprachelemente jeder Frage zum Thema an sich und die meistgefragten Wörter „why, how, what“ den „top words in teenage poetry“ gleich­gesetzt. Gleich zu Beginn wird damit definiert, wozu sich das Medium selbst am besten eignet, nämlich Antworten zu liefern und nicht Fragen zu stellen (und wie man weiß, ist das der Kern jeder Unphilosophie). Und die den Fragemodus definierenden Regeln des Mediums stehen fest: Wer dann noch was zu fragen hat, darf naiv wie ein Teenager sein und muss sich im Gegenzug der Dramaturgie des Mediums unterordnen. Es geht um Zuschauen und Staunen über die Welterklärungsstrategie des Masters of Cere­mony, der das Gerät gefüttert hat und bedient und darum, dass die Unordnung der Sprache zwischen Reduktion und Sinnsuperzweckbedeutung alle ihre Unschärfen verliert, die gleichermaßen Interesse, Interaktion sowie Poesie zu erzeugen vermögen. Die Schematisierung der Antwortketten in Le Grand Content verläuft wort- und übersinnreich durch konstruierte Gruppenzusammenfassungen wie „Teenager, Coffee and Stock Ex­change“ und führt durch absurde Wortweiterreichungen zu Erlebnisachsen, die durch per­sönliche Entscheidungen zu einem „Album full of Pictures“ oder zu „A Heart full of Regret“ werden können. Und dann geht’s natürlich unnatürlich weiter mit Achsen, Dia­grammen, Grafiken, Clustern, Tabellen und dem unvermeidbaren Kreissymbol – es geht ums Eingemachte und um Alles, zum Beispiel um die Bedeutung von Haustieren: „A reliant source how children learn the meaning of death“ oder um den Unterschied zwischen angestrebter und aktueller Karriere: „The difference is why you drink“. Das im Begleittext erwähnte „grandiose Scheitern“ betrifft wohl vor allem den Umstand, dass jede Über-Ordnung und eine derartige Totale des Zusammenhangs kaum Antworten liefern kann: „Ich erklär dir die Welt“ kann zu gut geordneter Schwatzhaftigkeit werden, zu einer ganz schlechten theatralen Inszenierung – oder zu Gehirnwäsche.

Alles in Ordnung! Galerie Maerz, noch bis 23. November.
Weitere Beiträge von Wolfgang Hauer, Lorenz Potocnik, Pia Schauenburg und Laura Stasiulyte.

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