Jealousy is all the fun you think they had

Ich bin leidenschaftlicher Zitatensammler, hab praktisch für jede Lebenslage ein passendes literarisches Zitat im Kopf. Aber als ich gehört habe, mit welchem Thema sich die Theatergruppe „Nägel mit Köpfchen“ auseinandersetzt – „Eifersucht“ – war ich erst mal sprachlos. Entweder hab ich was überlesen oder der Weltliteratur ist dazu noch nichts Gescheites eingefallen.

Nur Robert Lembke, schlauer Moderator des heiteren Beruferatens der TV-Show „Was bin ich?“ aus den 70er Jahren, meinte einmal: „Wenn Eifer­sucht unbedründet ist, ist sie sinnlos. Wenn sie begründet ist, ist die Beziehung beendet.“ Inter­view mit den Mitgliedern der Theatergruppe.

Ist die Sache mit der Eifersucht wirklich so einfach?
Lorenz: Es gibt eine fiktionale Vorgeschichte im Stück, in der drei Frauen den­selben Mann lieben. Diesen Leidensdruck beenden die Frauen schließ­lich gemeinsam, oder zumindest behaupten sie das. Mit dem Willen zur Solidarität betreten sie die Bühne und machen dort die Erfah­rung, dass doch nicht alles bereinigt ist.
Allerdings nimmt das Stück die Eifersucht nur als Ausgangspunkt, kreist immer wieder darum, entfernt sich aber auch immer wieder davon. Zum Schluss haben alle für sich etwas gelernt, auch über ihre eigene Eifersucht. Diese Dramaturgie ist sozusagen wie im klassischen Drama.

Da klingt der Wille zur Solidarität wie eine Zäsur, ein Nullpunkt?
Birgit: Ich würde es nicht Zäsur nennen. Die Kon­klusion der Prämissen „Ei­fersucht“ und „Soli­dari­tät“ soll sich im Laufe des Abends ergeben. Das liegt auch in der Natur des Stückes. Der vorgetra­gene Text ist ja nur zu einem großen Teil fixiert, ist Ergebnis unserer Teamarbeit, eines langen Pro­zesses aus Improvisation + Fixation + Verdich­tung. Es gibt im fertigen Text Meilen­steine, an der sich die Kommunikation, etwa auch zwischen den Fi­gu­ren und dem Publikum, orientiert. So macht es das Theater im Bahnhof aus Graz, wo unser Re­gis­seur Lorenz Ensemblemitglied ist, seit Jahren und findet damit vielfache Beachtung.
L: Die Idee dieser Inszenierung ist nicht die, dem Publikum etwas vorzufüh­ren, sondern das Publi­kum zum Zeugen einer theatralen Aktion zu ma­chen. Es gibt am Anfang des Stückes eine Be­haup­tung, die dann vor den Augen des Publikums über­prüft wird.

Was ist der Unterschied zwischen einem Zeugen und einem Zuschauer?
L: Der Zeuge ist aktiv. Der Prozess des Zu­schau­ens und Zuhörens soll ein as­so­ziativer sein. Für die Schauspielerinnen wird es keine „Vierte Wand“ ge­ben, sie werden den Blickkontakt zum Pu­blikum suchen. Für die Figuren wird es auch die Möglichkeit geben, aus dem Stück vorübergehend auszusteigen, etwa zu sagen: „Ich hab jetzt keine Lust mehr auf das, was da ab­läuft, ich unterhalte mich lieber mit der Dame aus der ersten Reihe ...“ – oder ähnliches. Allerdings muss ich sich kein Zuschauer davor fürchten, auf die Bühne geschleppt zu werden.

Gut, dass Du das sagst. Meine Angst, auf die Büh­ne geschleppt zu werden, ist ja eine fürchterliche. Aber kann ich mich als Zeuge mit dem einen oder anderen Kommentar einbringen, wenn ich will?
B: In einem gewissen Rahmen wird das möglich sein.
Katharina: Oder Du wirst ignoriert. Kommt darauf an, was Du lieferst.

Wird „Frau“ auch das Thema sein?
Doris: Wir sind halt drei Frauen auf der Bühne.

Zufällig?
B: Nein, dafür haben wir uns schon bewusst entschieden, wie auch für die Musik von Birgit Denk. Eben, dass die Songs, die wir interpretieren, von einer Frau kommen, ihren Gedanken und Ge­füh­len. Aber das Thema Eifersucht ist ja kein spezi­el­les Frau­en­thema. Trotzdem gibt’s natürlich ei­nen weib­lichen Blickwinkel. Die Idee eines klassischen Frauenkabaretts entstand zwischen Ka­tha­­rina und mir, dann kam Doris hinzu, dann das The­ma Eifersucht, dann haben wir unseren Re­gis­seur Lorenz gefunden – schließlich wurde das The­­a­trale wich­tiger als das Kabarettistische – und was von der anfänglichen Idee noch übrig ist, wird sich weisen.
D: Ich find eine politische Diskussion zur Frauen­thematik schon wichtig, aber in einer künstlerischen Arbeit müssen doch noch viele weitere Ele­mente dazukommen, damit das spannend bleiben kann. Also das ist nicht unsere vor­der­gründige Ambi­tion, sonst säßen wir besser im Gemeinde­rat.
K: Ich glaub nicht, dass das Leben geschlechtsspezifisch abläuft. Rollen­bil­der halte ich nicht für männlich oder weiblich. Es gibt unter den Men­schen viele Typen, die zueinander in Beziehun­gen stehen, und auch die Bezie­hun­gen unterscheiden sich wiederum sehr voneinander. Dominanz ist nichts Männliches oder Weibliches. Vielleicht gibt’s aber männliche und weibliche Dominanz? Aber vielleicht sind auch das nur Klischees.
B: Wenn unser Zusammenschluss einen emanzi­pa­­torischen Aspekt hat, dann mag er ein beschäftigungspolitisches Statement sein. Schau Dir mal die Be­schäf­tigungssituation in den heurigen Som­mer­theatern in Oberösterreich an. Was sagt uns das? Es gibt einerseits viel mehr männ­liche Rol­len als weibliche – andererseits ist es aber so, dass es viel mehr Schauspielerinnen als Schau­spieler gibt.
L: Und dazu kommt, dass die Frauenrollen, die es gibt, zu 80% blass und undankbar sind. So etwas wie Maria Stuart ist ja eine Ausnahme.
D: Grund für einen feministischen Diskurs sehe ich bei unserem Projekt trotz allem nur einen: es ist auffällig, wenn drei Frauen auf einer Bühne stehen. Dass uns der Feminismus künstlerisch nicht primär am Herzen liegt, zeigt ja schon, dass wir mit Lorenz einen männlichen Regisseur ge­wählt ha­ben. Entscheidend ist: hier haben sich drei Frauen und ein Mann gefunden, die eine ähn­liche Vorstellung von einem Theaterabend haben.
B: Und dass diese Konstellation eine Normalität hat. In allem.

„Eifersucht. Ein musikalischer Abend zur Suchtbewältigung.“
Spiel und Gesang, Band: Katharina Baumfried, Birgit Pixi Koch, Doris Schüchner; Regie: Lorenz Kabas; Musik: Birgit Denk; Musikalische Leitung: Wolfgang Bruno Bründlinger; Kostüme: Natascha Wöss; Layout: Anna Maria Brandstätter.
Premiere: 06.06.2007, Kulturzentrum Hof, Ludlgasse 16, 4020 Linz
weitere Termine: 15., 22., 29. Juni, jeweils 20.00 h.
Karten: 0681/10332030, karten@frauenkabarett.at
www.frauenkabarett.at

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06/07
FotoautorInnen: 
Reinhard Winkler

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