Editorial
Liebe spotsZ-LeserInnenschaft!
Zukunft, strategische Planung, Leistung, Verdichtung, Verdienst und Erfolg – jenseits der Butterseite stehen Sackgassen, Zorn, Aggression, Scheitern. In dieser Ausgabe findet sich ein kleiner Schwerpunkt über Unangenehmes und Unannehmliches, Absorbiertes und Abgestoßenes, Weggezaubertes und Wiederanklopfendes, da verschiedene Institutionen im Juni das andere Ende der Skala von win-win-Situationen aller Art beleuchten. Dazu gibt es vom Festival der Regionen, von Landesgalerie und Kunstraum Goethestrasse xtd. Schwerpunktsetzungen wie „Sackgassen und Fluchtwege“, „Scheitern“, „Zorn/Aggression“, bzw. einige überschneidende, sich ergänzende Aktionen. Wir widmen uns gerne der Thematik, zumal wir im Dezember 2006 bereits einmal das Thema Scheitern behandelt haben, das laut Soziologen Richard Sennett zum „großen modernen Tabu“ angewachsen ist.
Ein Festival, das mit dem Scheitern an der herkömmlichen Ästhetik arbeitet, ist das integrative Kulturfestival sicht:wechsel, welches zum ersten Mal in Linz stattfindet und Kunst und Ästhetik von Menschen mit Beeinträchtigung einem breiten Publikum vorstellen will.
Und sonst? Lorenz Potocnik setzt seine überaus beliebte Serie über die ästhetisch unterschätzte Architektur der 60er und 70er Jahre fort und wählt dieses Mal ein Beispiel, das zumindest in den Siebzigern geplant und beschlossen wurde: Voll des Lobes für das neue Rathaus und seine Megastruktur der hängenden Gärten schätzt er vor allem die „gelungene Geste“, gleich „einem mesopotamischen Ziggurat“ einen positiv zu bewertenden Machthügel aufzuschütten. Eine fortgesetzte Reise in die 70er, bzw. 80er Jahre unternimmt Ing. Jäger und führt seine geschätzten Nachforschungen auf dem Gebiet der Minimal Music weiter. Exemplarisch bespricht er zwei Protagonisten des Postminimalistischen Noise im New York der 70er und 80er Jahre. Diese Avantgarde, Kunst und Rock fusionierende Phase ist in ihrem Einfluss auf die weitere Musikgeschichte wohl kaum zu überschätzen.
Was auch noch aufgefallen ist: Mit der Veranstaltung „Pecha Kucha“, eine Art Kreativwettplappern mit Schwerpunkt Architektur, hat Linz 09 im Mai ein weiteres Format ins Rennen geschickt, das Kultur (oder Kunst?) als Verkürzung auf kleine Zeitspannen zu verstehen scheint. Nach z.B. aus dem Musikkonzept stammenden „Instant Anton“, der Verkürzung von Bruckners Musik auf Handyklingelton-Zeitspannen oder der im Rahmen von Schaurausch entwickelten „3-30-3“ Methode für bildende Kunst in Schaufenstern (3 Sekunden Aufmerksamkeit, 30 Sekunden Einordnung, 3 Minuten Vertiefung) wurde nun im Mai die Kreativplattform Pecha Kucha vorgestellt:
20 Bilder mit jeweils 20 Sekunden Stehzeit bilden den zeitlichen Präsentationsrahmen für Kreative. Als ob die ehemalige Millenniums- und nunmehrige Kulturhauptstadtuhr am ORF-Zentrum nicht als Instrument für Zahlenfetischismus reichen würde.
Weshalb Wiltrud Hackl in ihrer Kolumne Sarajewo als interessantere Kulturhauptstadt bezeichnet ist auf den letzten Seiten des Heftes nachzulesen. Wie immer viel Vergnügen dabei!
spotsZ macht übrigens 2 Monate Sommerpause und erscheint wieder im September.
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