Der Pfarrer mit der Buddhamaschine

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Am 20. 04. lud die Linzer Initiative qujOchÖ in die Stadtpfarr­kirche am Pfarrplatz. Dort präsentierte das chinesische Elek­tronikduo FM3 seine „Buddha Maschines“, eroberte im Sinne einer „akustischen Vermessung“ den sakralen Raum und versuchte sich in Anstiftung zur Initiative.

Wer qujOchÖ kennt, der kennt auch das Konzept: Klar definierte Räume werden mittels (vor allem) musikalischer Interventionen für kurze Zeit um­de­finiert und neu codiert – in der Vergangenheit z.B. so prestigeträchtige Institutionen wie die Lan­des­bibliothek oder die Grottenbahn. Tempo­rä­re Au­to­­nome Zonen in spe also. Meistens schaut das so aus, dass an halböffentlichen Orten plötzlich wahn­­sinnig laute und wahnsinnig schräge Musik produziert wird. Was an und für sich schon eine coo­le Sache ist.
Mit dieser Erwartung begab sich das interessierte Publikum dann auch in die Kirche, einem streng definierten und vorbelasteten Raum, zu­meist voll der Hoffnung auf eine tonale Dekons­truk­tion. Doch nicht nur Kirchen, auch Erwar­tungs­hal­tun­gen schrei­en nach Dekonstruktion, und zumindest in diesem Sinne war die Veran­stal­tung ein voller Erfolg.
Das im Altarraum sitzende Publikum wurde im ersten Teil des Abends Zeuge eines performativen Auftritts vom FM3. Die beiden Herren vollführten in klassischer Chessplayer-Pose ein „Spiel“.
Wesentlicher und einziger Bestandteil des Spieles sind von FM3 erfundene und supertrendige Gad­gets namens „Buddha Machines“: kleine I-Pod gro­­ße Soundmaschinen, die 9 verschiedene Sounds in End­­losschleife über eingebaute Laut­sprecher von sich geben. Durch Kombination der Sounds mehrerer Machines, durch Überlagerungen, Laut­stär­kenveränderungen und verschiedene Anord­nun­gen zueinander können so vollkommen eigene Sounds kreiert werden. Mit Routine und Know-How bastelte FM3 in einer 20minütigen Perfor­mance aus einigen, kaum hörbaren Tönen überraschende Loops und Geräusche, die sie dann auch wieder stilvoll zerlegten. Alles im mucksmäuschenstillen Altarraum vor einem zum Schwei­gen verurteilten Publikum – soviel zu Er­war­tungs­­haltungen! Keine Lärmattacken, Bass­fron­ten und Walls of Sound, sondern durchaus die Forderung nach kontemplativer Konzen­tra­tion auf das Stille, das Kleine, eingebettet in ei­nen riesigen Sakral­bau. Das ist natürlich Ge­schmackssache, aber auf alle Fälle beeindruckend!
Der zweite Teil des Abends sollte von einem Rol­lentausch geprägt sein: Das Publikum sollte an aufgebauten Spieltischen die Buddha Machines übernehmen und FM3 in die Rolle des Zuhörers drängen – doch lange hielten es nur wenige Gäste aus, zwischen kirchlichem Rauch- und Bierverbot und ungeduldigem Nichtverstehen des „Spiels“ blieben nur wenige zurück – trotz eigenwilliger Um­gebung samt eigenwilliger Akustik und eigenwilliger, für manche wohl verstörender Kunst im besten Sinne.
Am längsten hielt es überraschenderweise der Pfarrer aus, der nicht nur bereitwillig seine Kir­che für das profane Treiben hergeborgt hat, sondern auch sichtlich verzückt von den stillen Loops und ihrer Vielfalt war. Der heimliche Star des Abends, finde ich.

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05/07
FotoautorInnen: 
Andre Zogholy

Das Publikum und der Herr Pfarrer (rechts im Bild) beim Spiel mit den Buddha Machines.

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