Der Pfarrer mit der Buddhamaschine
Wer qujOchÖ kennt, der kennt auch das Konzept: Klar definierte Räume werden mittels (vor allem) musikalischer Interventionen für kurze Zeit umdefiniert und neu codiert – in der Vergangenheit z.B. so prestigeträchtige Institutionen wie die Landesbibliothek oder die Grottenbahn. Temporäre Autonome Zonen in spe also. Meistens schaut das so aus, dass an halböffentlichen Orten plötzlich wahnsinnig laute und wahnsinnig schräge Musik produziert wird. Was an und für sich schon eine coole Sache ist.
Mit dieser Erwartung begab sich das interessierte Publikum dann auch in die Kirche, einem streng definierten und vorbelasteten Raum, zumeist voll der Hoffnung auf eine tonale Dekonstruktion. Doch nicht nur Kirchen, auch Erwartungshaltungen schreien nach Dekonstruktion, und zumindest in diesem Sinne war die Veranstaltung ein voller Erfolg.
Das im Altarraum sitzende Publikum wurde im ersten Teil des Abends Zeuge eines performativen Auftritts vom FM3. Die beiden Herren vollführten in klassischer Chessplayer-Pose ein „Spiel“.
Wesentlicher und einziger Bestandteil des Spieles sind von FM3 erfundene und supertrendige Gadgets namens „Buddha Machines“: kleine I-Pod große Soundmaschinen, die 9 verschiedene Sounds in Endlosschleife über eingebaute Lautsprecher von sich geben. Durch Kombination der Sounds mehrerer Machines, durch Überlagerungen, Lautstärkenveränderungen und verschiedene Anordnungen zueinander können so vollkommen eigene Sounds kreiert werden. Mit Routine und Know-How bastelte FM3 in einer 20minütigen Performance aus einigen, kaum hörbaren Tönen überraschende Loops und Geräusche, die sie dann auch wieder stilvoll zerlegten. Alles im mucksmäuschenstillen Altarraum vor einem zum Schweigen verurteilten Publikum – soviel zu Erwartungshaltungen! Keine Lärmattacken, Bassfronten und Walls of Sound, sondern durchaus die Forderung nach kontemplativer Konzentration auf das Stille, das Kleine, eingebettet in einen riesigen Sakralbau. Das ist natürlich Geschmackssache, aber auf alle Fälle beeindruckend!
Der zweite Teil des Abends sollte von einem Rollentausch geprägt sein: Das Publikum sollte an aufgebauten Spieltischen die Buddha Machines übernehmen und FM3 in die Rolle des Zuhörers drängen – doch lange hielten es nur wenige Gäste aus, zwischen kirchlichem Rauch- und Bierverbot und ungeduldigem Nichtverstehen des „Spiels“ blieben nur wenige zurück – trotz eigenwilliger Umgebung samt eigenwilliger Akustik und eigenwilliger, für manche wohl verstörender Kunst im besten Sinne.
Am längsten hielt es überraschenderweise der Pfarrer aus, der nicht nur bereitwillig seine Kirche für das profane Treiben hergeborgt hat, sondern auch sichtlich verzückt von den stillen Loops und ihrer Vielfalt war. Der heimliche Star des Abends, finde ich.
Das Publikum und der Herr Pfarrer (rechts im Bild) beim Spiel mit den Buddha Machines.
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