42plus

„42plus“ der neueste Film der gebürtigen Oberösterreicherin Sabine Derflinger hatte Mitte März als Eröffnungsfilm der heurigen Diagonale07 in Graz seine Weltpremiere. Der Film erzählt Die Ge­schichte einer Frau in der Krise, die an ihrem 42. Geburtstag den Weg in die verlorene Lebens­freiheit sucht: Der Urlaub in Italien mit Mann und pubertierender Tochter gerät zur Initiations­reise, als vor Ort ein jugendlicher Liebhaber auf den Plan tritt und die ohnehin nur mehr zum Schein funktionierende Familie in ihrem Zusammenhalt auf die Probe stellt.

„42plus“ läuft derzeit in den heimischen Kinos. Michaela Schoissengeier traf sich einen Tag später mit der Regisseurin zum Interview. Hier ein Aus­schnitt davon:

Sabine Derflinger, ges­tern (19.3.07) war die Welt­pre­miere deiner neuesten Pro­­duk­tion „42plus“ als Eröffnungsfilm der Dia­go­nale 07 in Graz. Ca. 1000 Men­­schen haben den Film gesehen und es gab durchwegs eine positive Re­so­nanz. Was ist das für ein Gefühl für dich?
Naja, so eine Weltur­auf­füh­rung ist immer aufregend, weil es für mich noch ein­­mal die Geburtsstunde des Films ist. So, wie ich Filme machen verstehe, ist der Film erst dann fertig, wenn sich der Film in den Köpfen der Zu­schauer und Zuschauerinnen festsetzt, und ja, dass die Stim­mung gut und das Feedback sehr groß und sehr positiv war – das ist natürlich sehr schön und man ist mal gleich einmal entspannt.

Die weiteren 2 Aufführungen von „42plus“ am Festival sind schon ausverkauft. Was glaubst du, spricht die Menschen an bzw. was soll sie an­spre­chen?
Da gibt es so etwas wie die Verbindung zum realen Leben der Men­schen, die­ser Wiedererken­nungs­effekt und dieses „konfrontiert werden“ mit Din­gen, die jeden Menschen beschäftigen, also so irgendwie ganz tiefe The­men, wie die Angst vorm alt werden, verrottete Beziehungen, Lebenslügen, Le­bens­wahr­heiten. Eigentlich ganz schwere Ge­schich­ten, und trotzdem wird das mit Humor er­zählt und mit einer gewissen Leichtigkeit und ich glaube, dass dies sehr attraktiv ist.

Der Titel „42plus“ bezieht sich auf das Alter der Protagonistin Christine. Gab es beim Drehbuch schreiben so einen Hintergedanken, dass sich speziell Frau­­en in diesem Alter angesprochen fühlen sollen?
Beim Schreiben des Drehbuchs war es einfach so, dass ich daran ge­dacht habe, einmal einen Film zu machen, der in einem bürgerlichen Milieu spielt, mit einer starken Hauptfigur. Es war klar, dass es eine Frau sein soll, und es war klar, es soll eine Frau sein, die eigentlich sehr erfolgreich ist. Die Überlegung war, was passiert im Le­ben der Menschen, die materiell al­les ha­ben, was fehlt ihnen dann? Denn es gibt immer diese Geschichte des Man­­gels, wie kann man das erzählen? Ja, und um diese Frau herum woll­te ich so ein Beziehungsgeflecht haben, so eine Art vergrößerte Familie oder Fa­mi­lie und Freunde und es hat mich natürlich schon die Tatsache in­te­ressiert, in der Mit­te des Lebens zu stehen und gleichzeitig die Tochter zu haben, die in der Pubertät ist und sozusagen den Moment des Zurück­seh­nens und der Verän­de­rung einzufangen.

Was ich mich auch gefragt habe: Warum ge­rade 42?
Naja, das ist halt so irgendwie passiert. Ich hab die Geschichte geschrieben, als ich 37 war, und da kam mir 42 uralt vor, mittlerweile bin ich 42plus. Es ist einfach eine schöne Zahl, in der Mit­te des Lebens halt. Es geht ja nicht um jemanden – da hätte ich die Geschichte ganz anders erzählt – der sein Le­ben versäumt hat, es nicht ändern kann oder sonst wie. Sondern um je­man­­den, der eine gewisse Position und ein gewisses Standing er­reicht hat und dann zurückschaut und sich fragt, wie ich, wie jeder Mensch, bin ich dort angekommen, wo ich ankommen wollte, ist es das, was es sein soll, was hab ich ver­­loren? Für mich ist es das, was man so „Midlife-Crisis“ nennt. Das kommt halt irgendwie für manche mit Anfang drei­ßig – ein wenig verfrüht, für manche mit vierzig und für manche mit fünfzig, aber dieser Mo­ment ist für mich ganz was Selbstverständliches, Normales wie die Puber­tät, es wird nur immer so behauptet: Uuh, das hat man möglichst nicht, oder da geht man möglichst schnell durch. Das ist ein ganz normaler Pro­zess im Leben, sowie man geboren wird, die Pubertät durchlebt und stirbt, hat man diese „Midlife-Crisis“ wie man das so nennt. Die­se Phase dieses Le­bens, wo noch einmal Kurs­korrek­tu­ren gemacht werden, wo Dinge wieder auf­tauchen, die nicht er­le­digt wurden. Das ist ganz normal.

Der Altersunterschied zwischen Christiane und ihrer jungen Urlaubs­ro­man­ze Tamaz wirkte sehr eklatant. Warum? Was wolltest du damit aufzeigen?
Ja, für Frauen ist er sehr eklatant, für Männer viel weniger eklatant. Es gibt Frau­en die 20 Jahre jüngere Männer heiraten oder mit denen leben oder Af­fä­­ren haben. Das ist aber eher selten, um­gekehrt ist es eigentlich sehr oft üb­­lich. Es war mir schon wichtig, dass dieser Altersunterschied sehr groß ist, weil es nicht nur um das geht, Sex zu ha­ben, einen Lover zu haben oder eine Liebesaffäre zu haben, das ist ja gar nicht das Thema des Films. Es geht um die Sehnsucht, was man verloren hat, was das „jung sein“ bedeutet und wie die­se Ausei­nandersetzung ist. Menschen können sich lieben, wenn sie gleichaltrig sind, sie können sich lieben, wenn sie 20 Jahre Unterschied haben. Es hat halt eine ganz unterschiedliche Qualität. Es hat alles Vor- und Nachteile.

Sabine Derflinger: geboren in Wels. Arbeit als Aufnah­me­leiterin, Produktions- und Regie­assistentin. Studium an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Abtlg. Film und Fernsehen (Buch, Dramaturgie)
Filme/Videos (Auswahl): Schnelles Geld (2004), Kleine Schwester (TV, 2004), Vollgas (2001), The Rounder Girls (1999), Achtungs Staatsgrenze (1996)

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05/07
FotoautorInnen: 
dorfilm/Orit Drori

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