42plus
„42plus“ läuft derzeit in den heimischen Kinos. Michaela Schoissengeier traf sich einen Tag später mit der Regisseurin zum Interview. Hier ein Ausschnitt davon:
Sabine Derflinger, gestern (19.3.07) war die Weltpremiere deiner neuesten Produktion „42plus“ als Eröffnungsfilm der Diagonale 07 in Graz. Ca. 1000 Menschen haben den Film gesehen und es gab durchwegs eine positive Resonanz. Was ist das für ein Gefühl für dich?
Naja, so eine Welturaufführung ist immer aufregend, weil es für mich noch einmal die Geburtsstunde des Films ist. So, wie ich Filme machen verstehe, ist der Film erst dann fertig, wenn sich der Film in den Köpfen der Zuschauer und Zuschauerinnen festsetzt, und ja, dass die Stimmung gut und das Feedback sehr groß und sehr positiv war – das ist natürlich sehr schön und man ist mal gleich einmal entspannt.
Die weiteren 2 Aufführungen von „42plus“ am Festival sind schon ausverkauft. Was glaubst du, spricht die Menschen an bzw. was soll sie ansprechen?
Da gibt es so etwas wie die Verbindung zum realen Leben der Menschen, dieser Wiedererkennungseffekt und dieses „konfrontiert werden“ mit Dingen, die jeden Menschen beschäftigen, also so irgendwie ganz tiefe Themen, wie die Angst vorm alt werden, verrottete Beziehungen, Lebenslügen, Lebenswahrheiten. Eigentlich ganz schwere Geschichten, und trotzdem wird das mit Humor erzählt und mit einer gewissen Leichtigkeit und ich glaube, dass dies sehr attraktiv ist.
Der Titel „42plus“ bezieht sich auf das Alter der Protagonistin Christine. Gab es beim Drehbuch schreiben so einen Hintergedanken, dass sich speziell Frauen in diesem Alter angesprochen fühlen sollen?
Beim Schreiben des Drehbuchs war es einfach so, dass ich daran gedacht habe, einmal einen Film zu machen, der in einem bürgerlichen Milieu spielt, mit einer starken Hauptfigur. Es war klar, dass es eine Frau sein soll, und es war klar, es soll eine Frau sein, die eigentlich sehr erfolgreich ist. Die Überlegung war, was passiert im Leben der Menschen, die materiell alles haben, was fehlt ihnen dann? Denn es gibt immer diese Geschichte des Mangels, wie kann man das erzählen? Ja, und um diese Frau herum wollte ich so ein Beziehungsgeflecht haben, so eine Art vergrößerte Familie oder Familie und Freunde und es hat mich natürlich schon die Tatsache interessiert, in der Mitte des Lebens zu stehen und gleichzeitig die Tochter zu haben, die in der Pubertät ist und sozusagen den Moment des Zurücksehnens und der Veränderung einzufangen.
Was ich mich auch gefragt habe: Warum gerade 42?
Naja, das ist halt so irgendwie passiert. Ich hab die Geschichte geschrieben, als ich 37 war, und da kam mir 42 uralt vor, mittlerweile bin ich 42plus. Es ist einfach eine schöne Zahl, in der Mitte des Lebens halt. Es geht ja nicht um jemanden – da hätte ich die Geschichte ganz anders erzählt – der sein Leben versäumt hat, es nicht ändern kann oder sonst wie. Sondern um jemanden, der eine gewisse Position und ein gewisses Standing erreicht hat und dann zurückschaut und sich fragt, wie ich, wie jeder Mensch, bin ich dort angekommen, wo ich ankommen wollte, ist es das, was es sein soll, was hab ich verloren? Für mich ist es das, was man so „Midlife-Crisis“ nennt. Das kommt halt irgendwie für manche mit Anfang dreißig – ein wenig verfrüht, für manche mit vierzig und für manche mit fünfzig, aber dieser Moment ist für mich ganz was Selbstverständliches, Normales wie die Pubertät, es wird nur immer so behauptet: Uuh, das hat man möglichst nicht, oder da geht man möglichst schnell durch. Das ist ein ganz normaler Prozess im Leben, sowie man geboren wird, die Pubertät durchlebt und stirbt, hat man diese „Midlife-Crisis“ wie man das so nennt. Diese Phase dieses Lebens, wo noch einmal Kurskorrekturen gemacht werden, wo Dinge wieder auftauchen, die nicht erledigt wurden. Das ist ganz normal.
Der Altersunterschied zwischen Christiane und ihrer jungen Urlaubsromanze Tamaz wirkte sehr eklatant. Warum? Was wolltest du damit aufzeigen?
Ja, für Frauen ist er sehr eklatant, für Männer viel weniger eklatant. Es gibt Frauen die 20 Jahre jüngere Männer heiraten oder mit denen leben oder Affären haben. Das ist aber eher selten, umgekehrt ist es eigentlich sehr oft üblich. Es war mir schon wichtig, dass dieser Altersunterschied sehr groß ist, weil es nicht nur um das geht, Sex zu haben, einen Lover zu haben oder eine Liebesaffäre zu haben, das ist ja gar nicht das Thema des Films. Es geht um die Sehnsucht, was man verloren hat, was das „jung sein“ bedeutet und wie diese Auseinandersetzung ist. Menschen können sich lieben, wenn sie gleichaltrig sind, sie können sich lieben, wenn sie 20 Jahre Unterschied haben. Es hat halt eine ganz unterschiedliche Qualität. Es hat alles Vor- und Nachteile.
Sabine Derflinger: geboren in Wels. Arbeit als Aufnahmeleiterin, Produktions- und Regieassistentin. Studium an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Abtlg. Film und Fernsehen (Buch, Dramaturgie)
Filme/Videos (Auswahl): Schnelles Geld (2004), Kleine Schwester (TV, 2004), Vollgas (2001), The Rounder Girls (1999), Achtungs Staatsgrenze (1996)
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