Editorial
Liebe spotsZ-LeserInnenschaft!
Der Mai zieht wieder ins Land und mit ihm der „Tag der Arbeit“. Dazu passend gleich die These der Berliner Publizistin Adrienne Goehler, die im KunstRaum Goethestrasse zu Gast war: „Es wird keine Vollbeschäftigung in Hochpreisländern mehr geben, dem Sozialstaat geht sein konstitutives Gegenüber verloren“ – ein Aufmarsch der prekären Verhältnisse also, der die Nostalgie einer Gesellschaft, die auf ehrliche Lohnarbeit und verdienten Konsum aufbaut, gefährlich bedroht. Goehler beschwor dementsprechend das Neue, einen neuen Arbeitsbegriff und neue Strategien, die genau an den Randbereichen einer Gesellschaft entwickelt werden können, die jetzt schon von Umbruch, Prekarisierung und Ausschluss betroffen sind. Auf Seite 6 ein Bericht, welche visionären Strategien der „KunstRaum Goethestrasse xtd“ aus seinen eigenen Arbeitsbereichen zu entwickeln gedenkt, und wie „Vision“ auf eine Ebene von realer sozialer Zukunft gebracht werden kann.
Es scheint an mehreren Orten eine große Notwendigkeit zu geben, alles Mögliche neu zu definieren. Bereits im letzten spotsZ wurde die Ausstellung im Lentos „futuresystems: rare momente“ besprochen, die derzeit noch sechs Installationen ausstellt, die Poesie und Utopie auf einer sehr traumhaft erscheinenden Ebene verwebt. In diesem Heft geht es auf Seite 4 um das Poesiefestival „Für die Beweglichkeit 2“, das sich einer Poesie verschrieben hat, die sich programmatisch vom literarischen Feld hin zu anderen Kunstsparten, zur Bildenden Kunst und Neuen Musik, auf ein Feld von „Poiesis“ im Sinne eines „kreativen Prozesses von herstellen und vermitteln“ erweitert – um die hundertfach ausgetrampelten Pfade zu verlassen.
Im Gegensatz dazu ein klassisch unpoetisches Feld – das von Einkaufen und Konsum. Die im öffentlichen Raum stattfindende Ausstellung „Schaurausch“ wird versuchen, einerseits „Kaufrausch“ zu „Schaurausch“ zu transformieren, die Kunst aus ihren geschlossenen Räumen zu holen, andererseits gibt es im Vorfeld von den KuratorInnen doch sehr pointierte Sager wie: „Eine Ausstellung zu kuratieren ist wie Shoppen gehen“. Ich konsumiere, also bin ich? Wer nicht konsumiert, ist nichts? Ist die Kunst nun voll arm oder voll reich? Jedenfalls macht sie sich mit dem Thema Konsum schnell verdächtig. Beide AutorInnen, Judith Pouget und Hans Kropshofer, geben sich im Vorfeld kritisch. Wir möchten an dieser Stelle den Verleger und Kunstschaffenden Alfred Gelbmann zitieren, der in der neuen Ausgabe der oö. Kunstzeitschrift „kursiv“ zum Thema „Achse des Guten“ einen Beitrag haben wird, der mit der Steigerungsform von „gut“ operiert: „gut, guter, Güter“. Konsum als einzige Ideologie des Guten? Wir sind alle gespannt auf alles.
Und, nachdem oben so viel von Zukunft und Ideologie die Rede war: Zukunft ist nichts ohne die Ideologie der Vergangenheit. Walter Kohl widmet sich in „Was machen Denkmale, und wer macht sie?“ der Gedächtniskultur. Ebenso unbedingt lesenswert das Interview von Reinhard Winkler mit der Literatin Irmgard Perfahl. Ein besonderer Hinweis für alle, die der schönen neuen Welt so gar nicht entsprechen können oder wollen: die Landesgalerie sucht für die im Juni stattfindende „Show des Scheiterns“ noch Beiträge, nachzulesen bei den Ausschreibungen auf Seite 10.
Viel Spaß beim Lesen!
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