Ohne Auto im Mobil

AutorIn: 
Einstweilen steht das Gefährt noch verdeckt in der Auslage des ehemaligen Autohauses Nissl­mül­ler. Aber Mitte Mai präsentiert der Linzer Künstler Hannes Langeder seinen Porsche „Ferdinand“ im Lentos. Sieht aus wie ein Porsche, ist real straßentauglich und doch von etwas anderer Art. Kunst, Imagepräsentation und Autofrühling im Lentos – inklusive echter Straßen­ausfahrten.

Das, was oben links im Bild zu sehen ist, ist der noch verdeck­te Ferdinand – der Porsche, den Han­nes Langeder in ge­schätz­ten tausend Arbeits­stun­den gebaut hat, ohne nur ein einzigen Teil eines „echten“ Porsches verwendet zu haben. Und um es vorwegzunehmen: Mit dem Ding kann und darf im Straßen­verkehr gefahren werden und es wird auch (mehr oder weniger lange) von den Mit­ver­kehrsteilnehmerInnen als „richtiges“ Auto identifiziert: Die Reaktionen auf Straßen, Gehsteigen und Kreuzungen reichen nach Langeders Aussa­gen von Lachen, Fuchteln bis sofort Verblasen-wol­len.

Das Spezielle des Fahrzeuges ist nämlich nicht nur die exakte Nachbildung der Karosserie und eine sehr schöne goldene Klebebandverschalung – wie man diese auf indirekt ähnliche Weise von Langeders Fahrrädern kennt. (Und die schon in der Vergangenheit für manch Passanten durch blo­ßes Anschauen der spacig aussehenden Radln das Linzer Stadtbild ernsthaft ins Wanken gebracht ha­ben). Sondern das eigentlich Spezielle dieses Por­sche-Ferdinands ist auch eine völlige Zweckent­frem­­dung des „Images“ eines Porsches bei weitestgehender Auf­rechterhaltung der Funktion, die das Bild dieses „Sport­wa­gens“ vorzugeben scheint. Soll heißen: Zwar an der Ober­flä­che leicht irritierend, schaut es von außen tatsächlich wie ein Por­sche aus – und verhält sich irgendwie auch so. Im Inneren des Autos befinden sich vorne jedoch lediglich zwei Sitze, die mit einem Fahrradantrieb verbunden sind; was somit auf allen Ebenen nicht nur eine, sondern viele völlige Umdrehungen in der Wahrnehmung erzwingt.

Vordergründig Mimikry betreibend, oder wenn man so will, ein Image nur nachäffend, setzt der Porsche Ferdinand im gan­zen Kontext der Be­nut­zung nämlich so ziemlich alles außer Kraft, was das Image eines Porsches sonst so ausmacht. Et­wa die Maschinen-, Technologie- und Geschwin­dig­keits­ver­herr­lichung, der einst schon den Futu­ris­ten eigen war. Und da braucht man in diesem spe­ziellen Fall des Langeder-Fahr­zeuges nicht ein­mal an „Beschleunigung“ zu denken. Denn es bleibt, wie eingangs erwähnt, nicht nur beim Verblasen-wollen, sondern das Gefährt wird von fast jedem anderen Ver­kehrsteilnehmer tatsächlich verblasen – und das ganz, ganz leicht und schnell.

Aber auch an der Ökofront ist der Porsche nicht so leicht einordenbar, bzw. nimmt er auch hier eine recht eigenwillige Hal­tung ein: Das Ferdi­nand-Ding fordert als Prototyp Platz ein wie die „Criti­cal Mass“-Bewegung, durch seine doch sehr lust­volle Positionierung zu „Bild und Image“ distanziert es sich jedoch wieder von dieser Bewegung. Wie eine andere Ins­tal­lation im Lentos, die letztes Jahr in der Skulpturenhalle ausge­stellt wurde, die Installation von mehreren Betonporsches, be­­nutzt der Ferdinand das Bild des Autos/des Porsches, in dem der in seiner ganzen Ausrichtung einem „kulturellen Abge­sang“ zustimmt und doch wieder sehr futuristische entgegensteht. Also nicht nur „Okö-Mimikry“ betreibt, sondern, wenn auch leicht ironisiert, tatsächliches Interesse, tatsächlichen Belief an einer goldenen Zukunft spürbar macht – wenngleich noch nicht ganz offensichtlich wird, wie diese goldene Zu­kunft denn konkret aussehen soll.

Es bleibt nur die Empfehlung, sich den Porsche un­bedingt selbst anzusehen. Und wer diesen Kon­text von Image­ver­schie­bungen an Leib und eigenem Nervenkostüm erspüren möchte, wie also sich verdeckte Subversion anfühlt, sei ab Mitte Mai ins Lentos eingeladen, um nicht zuletzt eine Aus­fahrt mit dem Ferdinand zu buchen. Das geht dann auch wieder ab Juni, im Rahmen der Tri­en­nale, wo der Ferdinand auch ausgestellt sein wird.

22
Zurück zur Ausgabe: 
05/10
FotoautorInnen: 
tb

& Drupal

spotsZ - Kunst.Kultur.Szene.Linz 2006-2014