LesementorInnen gesucht

Im März dieses Jahres hat der Verein ibuk, ein Verein für interkulturelle Begegnung & Kultur­vermittlung, ein Projekt namens Lesetandem ins Leben gerufen, das sich ganz dem „Abenteuer“ Lesen verschreibt: LesementorIn kann jeder werden, der Spaß am Lesen und Vorlesen hat, und auch seinen Beitrag zur interkulturellen Verständigung leisten möchte.

Nicht erst seit Bernhard Schlinks Buch „Der Vorleser“ ist bekannt, welchen Einfluss Lesen und Vorlesen ausübt. Man kann es wohl nicht abstreiten – (Vor)­Lesen bildet. So schrieb einst Aldous Huxley: „Wer zu lesen versteht, be­sitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten.“
Die aktive als auch passive Beherrschung von Sprache ist die Schlüs­sel­funk­­tion, die die Integration jedes Einzelnen in die Gesellschaft ermöglicht und das Zusammenleben bewerkstelligt. Das adäquate Rezipieren von Ge­sag­tem, Texten und Büchern ermöglicht es, sich in dem immer dichter werdenden Me­dien- und Informationsdschungel zurechtzufinden. Menschen, die die Spra­che beherrschen, sind in der Lage mit ihren Ausdrucksebenen zu spielen, auf sich aufmerksam zu machen, sich Gehör zu verschaffen, Kon­flikt­fälle in selbstbewusster Art und Weise zu lösen. Die Kenntnis einer Spra­­che zeigt sich darin, ob und wie Menschen Texte lesen (falls sie sich der An­zie­hungs­kraft eines Buches doch nicht widersetzen können) und verstehen. Die Be­herr­schung von Sprache bedeutet Zugang zu Bildung und zu In­te­gra­tion.
 
Aus diesem Grund hat der Verein ibuk das Projekt „Lesetandem“ ins Leben gerufen, das die Vermittlung von Sprache auf spielerischem Wege anstrebt. Das Projekt will Kindern einen Zugang zu Büchern (auf Lebenszeit) eröffnen, Lesevergnügen und Wissendurst erwecken, die Phantasie anregen, letzt­endlich aber auch ihre Sprachkompetenzen verbessern. Das Projekt richtet sich in erster Linie, jedoch nicht nur, an Kinder mit migrantischem Hinter­grund, die unter Leseproblemen leiden, und die in entspannter Atmosphäre individuell gefördert werden.
 
Das Projekt ist als MentorInnen-Projekt ausgelegt, wobei ehrenamtliche Per­sonen einmal pro Woche während der Schulzeit in Volksschulen (2.–4. Klas­se) gehen und den ihnen jeweils zugeteilten Kindern etwa 50 Minuten lang vorlesen, mit ihnen reden, sich vorlesen lassen, basteln usw.
Die Förderung erfolgt in einem 1:1 Schlüssel – jeweils eine erwachsene Per­son liest einem einzelnen Kind vor – gerade auf diesem Weg ist es möglich, auf die Individualität der Kinder einzugehen, und ihnen die volle Auf­merk­samkeit zuteilwerden zu lassen.

Das Projekt startete im März dieses Jahres an drei Volksschulen in Linz (VS Goetheschule, VS Mozartschule, VS Dorfhalle-Schule). Momentan sind fünfzig ehrenamtliche „VorleserInnen“ unterwegs, die jeweils vier Kindern ei­ner Klasse zur Verfügung stehen. Die Auswahl der Kinder erfolgt durch die Leh­rerInnen, natürlich in Absprache mit den Eltern. Das Kind selbst be­stimmt das Buch, aus welchem es gerne vorgelesen haben möchte, unter Be­rück­sich­tigung der Altersadäquatheit. Die Lesestunde gestaltet sich folgen­der­ma­ßen: zu Beginn liest der Mentor vor, während das Kind zeichnet oder bastelt, der Mentor erklärt unter Umständen unbekannte Vokabel, be­spricht das Vorgelesene; dann liest das Kind selbst laut vor.
Kein Kind wird natürlich gezwungen an diesem Projekt teilzunehmen, die Partizipation basiert auf Freiwilligkeit – sollte bei einem Kind jedoch die Lust am Lesen oder Vorlesen verloren gehen, können die Lesestunden je­der­­zeit abgebrochen werden. Hier nimmt das Projekt eindeutig einen Ge­gen­standpunkt zu den unseligen verpflichtenden Deutschkursen ein.
Das Projekt wurde bisher von allen Seiten gut aufgenommen, so gaben alle Eltern die Zustimmung für den individuellen Unterricht ihrer Kinder. Auch die Kinder selbst begeistern sich für das Projekt, sodass das Projekt, vor al­lem auch wegen Bedarfs, im Wintersemester des folgenden Schuljahres auf weitere Schulen ausgeweitet werden soll. Dann ist auch geplant, Ausflüge außerhalb des Schulgebäudes zu unternehmen, um MentorInnen und Eltern stärker zu vernetzen, und Integration und Annäherung von beiden Seiten wei­ter zu verstärken. Zunächst ist aber im Herbst noch eine Lesung der Kin­der im Wissensturm geplant, wo diese ihre Lesefertigkeiten den Eltern vorführen können.
 
Die MentorInnen werden selbstverständlich vom Verein laufend unterstützt, nehmen an einer Grundschulung teil, einmal monatlich findet eine Re­fle­xi­ons­stunde statt, in der Erfahrungen ausgetauscht und besprochen werden kön­nen.
MentorIn kann jeder werden, der Spaß am Lesen und Vorlesen hat, und seinen Beitrag zur interkulturellen Verständigung leisten möchte. Für das kom­mende Wintersemester werden weitere ehrenamtliche MentorInnen ge­sucht, die an dem Projekt teilhaben möchten.

Der Verein ibuk entstand aus dem früheren Verein ne sola, der als interkul­turelles Begegnungszentrum zwischen MigrantInnen und Einheimischen kon­zipiert war und aus dem Linz09-Stadtteilprojekt KulturlotsInnen. Ibuk versteht sich weiterhin als Begegnungszentrum, hat aber die konzeptionelle Bezogenheit auf einen Ort weitgehend aufgegeben. Gemäß dem Leitbild er­­folgen interkulturelle Begegnungen und Kulturvermittlung an unter­schied­lichen Orten, innerhalb der ganzen Stadt, in Eltern-Kind-Zentren, Schulen, Bildungshäusern und öffentlichen Einrichtungen.

Weitere Informationen können unter www.ibuk.at eingesehen werden, bzw. Bewerbungen werden unter info@ibuk.at entgegengenommen.

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05/10
FotoautorInnen: 
Verein ibuk

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