Regionale Kunst für regionales Publikum
Die Feierlichkeit war eine bunte Freude mit Kreativwerksatt, Fotostation, Camera Ocscura, Kinderchor, Comic-Atelier, und einem Zauberkünstler. „Tür an Tür“, die Ausstellung all jener KünstlerInnen, die in den letzten 50 Jahren ihren Werdegang im Egon-Hofmann-Atelierhaus begonnen haben, ist auch ein Signal für die neue Programmatik des Hauses. Ein Interview mit Angelika Gillmayr, Kunsthistorikerin/Kuratorin des Nordico und Kuratorin der Ausstellung.
Was wird im Nordico in Zukunft anders sein als in den letzten Jahrzehnten?
Früher war der erste Stock unseres Hauses permanent der Stadtgeschichte gewidmet, das findet man jetzt im Museum „Genesis“ im Alten Rathaus. Und es gab Ausstellungen aus unterschiedlichsten Bereichen: Kunstgeschichte, Archäologie, Geschichte, Völkerkunde und Biologie. Archäologische Ausstellungen wird es natürlich weiterhin geben, aber Natur- und Völkerkunde nicht mehr. Bei den heutigen technischen Möglichkeiten, und das Publikum erwartet sich natürlich die Auslotung dieser Möglichkeiten, würde das den finanziellen Rahmen und die logistischen Möglichkeiten unseres Hauses sprengen. Dieses Feld überlassen wir also gern den Naturhistorischen oder Technischen Museen, die es in Österreich ja schon gibt. Und in Linz wird dafür ja jetzt einen Flügel im Schlossmuseum geben. Seit 2003 sind Lentos und Nordico eine Unternehmung. Mit dem OK und den Landesmuseen gibt es im Verhältnis zu den Besucherzahlen relativ viele Museen in Linz. Es geht darum, die einzelnen Häuser zu positionieren. Da es von Seiten der regionalen Künstler immer den Ruf nach einer Einrichtung gab, in der sie sich präsentieren können, lag die Idee, dass sich das Nordico intensiver um genau deren Belange kümmert, nahe. Ich versteh mich also durchaus als Ansprechpartnerin für regionale Bildende Kunst, und zwar: Moderner und zeitgenössischer. Genau so wird die Fotografie bei uns ihren Platz finden.
Die aktuelle Ausstellung unterstützt ja schon die Ambition der Präsentation regionaler Kunst. Von wem kam das Konzept der Ausstellung? War das ihre Idee?
Nein, der Kulturring der Wirtschaft Österreichs, der in den 50er-Jahren das Egon-Hofmann-Atelierhaus (das „Dörfl“) ins Leben gerufen hat, und Birgitta Merl (Künstlerin im „Dörfl“) sind mit dieser Idee an mich herangetreten. Alle KünstlerInnen, die jemals in diesem Atelierhaus gearbeitet haben, waren eingeladen, je zwei ihrer Werke – ein frühes und ein aktuelles – zur Verfügung zu stellen. Die Bilder wählten die Künstler selbst aus, weil man ihnen offenhalten wollte, die spannendste Perspektive ihrer Entwicklung zu zeigen. Nicht alle sind dem Ruf gefolgt, weil manche heute nicht mehr künstlerisch arbeiten. Von den bereits Verstorbenen habe ich die Bilder aus den Museumssammlungen ausgewählt. Insgesamt sind jetzt je 2 Werke von 72 KünstlerInnen verschiedenster Stile, Techniken, Inhalte und auch Qualitäten zu sehen. Bei manchen wird deutlich, dass sie ihren Stil über die Jahre in feinen Nuancen weiterentwickelt haben, andere, Erwin Bucheder zum Beispiel, war in den 70ern Objektkünstler und arbeitet heute als Designer und Grafiker. Oder Markus Binder von Attwenger, den viele nur als Musiker kennen.
Markus Binder von Attwenger als einer der prominenten Vertreter der Ausstellung ...
... nein, in dieser Ausstellung hat jeder Künstler, jede Künstlerin „gleich viel Platz“. Es gibt hier keinen „Best of“-Gedanken. Markus Binder ist ein Teil von 50 Jahren regionaler Kunstgeschichte. Viele regionale Künstler sind freilich bei dieser Ausstellung nicht dabei, aber Ausgangspunkt war eben das Egon-Hofmann-Atelierhaus.
Gibt es mit diesem Ausgangspunkt der Ausstellung, dem Atelierhaus, auch eine Verbundenheit zwischen den Künstlern?
Also beim Pre-Opening, bei dem sehr viele der ausgestellten KünstlerInnen anwesend waren, wurde die Stimmung im Lauf des Abends doch recht familiär.
Glauben sie, dass so ein gemeinsames Haus für Künstler, die sich im weitesten Sinn der freien Szene zugehörig fühlen, identitätsstiftend sein kann?
Doch, das glaube ich schon.
Die Vision eines gemeinsamen Hauses geistert ja in vielen Köpfen herum. Oft wie ein Spuk des Widerspruchs in sich.
Klar. Würde man ein Haus für diese – letztlich ja schwer zu definierende – freie Szene einrichten, müsste es ja auch eine Verwaltung geben, Bürokratie, Regeln. Ich kann mir das ohne alledem nicht vorstellen und es wär wohl schwierig, da einer Institutionalisierung zu entkommen. Jemand muss da sein, der Dinge erledigt, Verantwortung übernimmt, den Künstlern gegenüber, den Kunstwerken und letztlich demjenigen gegenüber, der dieses Haus finanziert.
Ist so ein Haus nicht auch deshalb schwer vorstellbar, weil die Selbstorganisation der Künstler, beginnend beim Management um die eigene Person, nicht ihre Stärke ist? Oder ist das ein Klischee?
Ich halte das für ein Klischee. Ich hab in meinem Berufsleben schon viele Künstler kennengelernt, die besser organisiert sind als jeder Betrieb, aber natürlich auch viele andere.
Ich weiß, eine naive Frage: Aber sieht man diesen Pragmatismus nicht auch im Werk? Ist Genie und Wahnsinn – oder zumindest eine gesundes Maß an Distanz zur Welt nicht auch oft Bedingung für Kreativität?
Ich denke, das ist von Künstler zu Künstler verschieden. Manche brauchen totale Zurückgezogenheit, andere werden inspiriert vom „Trubel“, aber will ein Künstler am Kunstmarkt erfolgreich sein, wird er nicht umhin können, Galerien aufzusuchen, auf Messen und Vernissagen präsent zu sein. Das liegt natürlich nicht jedem.
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