Mondiali Antirazzisti – Lets kick racism out of football!

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Die Mondiali Antirazzisti – die Antirassistische Fussball WM – ist ein seit 1997 jährlich statt­findendes, nichtkommerzielles Fußballturnier von politisch interessierten Fußballfans und Fangruppen, aber auch von sportlich aktiven politischen Gruppen. Sie findet 2008 im Juli in Casalecchio di Reno statt.

Bei dem Turnier spielten zuletzt in Casaleccio di Reno bei Bologna über 8000 Personen in mehr als 200 internationalen Teams aus über 40 Län­dern miteinander Fußball, um ein Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung zu set­zen. Unter den Teilnehmern befanden sich Gruppen italienischer Ultras, Fangruppen vieler anderer europäischer Teams, Einwanderer­organi­satio­nen aus der ganzen Welt, Antirassismusorganisationen, Jugend­grup­­pen usw. Die Teilnahme an der antirassistischen Weltmeisterschaft stellt eine Verpflich­tung dazu dar, im Kampf gegen den Rassismus Riva­li­tä­ten zwischen den einzelnen Gruppen oder Ge­meinschaften und individuelle Aggres­sion beiseite zu lassen und für fünf Tage mit „An­deren“ zu­sammenzuleben.

Das Fußballturnier selbst ist nicht wettbewerbsorientiert. So wird der Haupt­preis des Turniers nicht für den Sieg, sondern für Fairness und anti­rassisti­sche Aktivitäten vergeben. Die offiziellen Partien werden ausschließlich mit Fair-Trade Fuß­bällen gespielt. Diese werden in Pakistan nach den Kriterien des fairen Handels gegen Zahlung von Sozialleistungen, besseren Löhnen und unter vernünftigen Arbeitsbedingungen ohne Mitwir­kung von Kindern produziert.

Im Gegensatz zum offiziellen FIFA-Fußball spielen Frauen und Männer bei der Mondiali Antirazzisti mit- und gegeneinander. Es können sich Teams mit Spielerinnen und Spielern jeden Alters einschreiben. Frauen-, Männer- und gemischte Teams treten gegeneinander an, es gibt keine Vor­run­den­gruppen ausschließlich für Frauenteams. In Abhängigkeit von der Anzahl angemeldeter Frau­en­teams wird per Quote garantiert, dass die bes­ten Frauenteams in die zweite Runde aufsteigen. Trotzdem soll bei der diesjährigen antirassistischen WM auch ein separates Frauenfuß­ball­tur­nier statt­finden. Die Or­ga­nisatorInnen erklären hierzu: „Die­ses Turnier ist nicht gedacht, um Män­ner auszuschließen, sondern dazu, mehr Frauen an diesen eindeutig männer­dominierten Sport heranzuführen. Solange Frauen im Fußball, sei es als Spie­ler­innen oder als Zuschauerinnen, immer noch um Gleichberechtigung und An­erkennung kämpfen müs­sen, finden wir es sinnvoll, den Frau­en­fußball ak­tiv zu unterstützen und zu fördern.“

Das Treffen wird vom italienischen Fanprojekt Progetto Ultra1 und dem Ge­schichtsinstitut Isto­reco2 aus Reggio nell’Emilia organisiert. Die für alle Teil­neh­merInnen eintrittsfreie Veranstaltung wird vom Netzwerk Football Against Racism in Eu­rope (FARE)3, der Europäischen Union, der Re­gion Emi­lia-Romagna, der Provinz Bologna, der Stadt Casalecchio di Reno und von an­deren institutionellen und privaten Sponsoren finanziell un­terstützt. Nicht zuletzt lebt das Turnier aber von den unzähligen freiwilligen HelferInnen, die von Auf- und Abbau, Ausschank über die tagtägliche Reinigung des Fes­tivalgeländes bis zur Tur­nier­leitung alle anfallenden Aufgaben erledigen.
Neben dem Fußball laufen inzwischen auch ein Basketball- und ein Volley­ball­turnier, sowie heu­er erstmals ein kleines Cricketturnier.4

Die Mondiali Antirazzisti wird von Konzerten (2007 spielten z.B. Mono & Nikitaman), Film­vor­führungen, Workshops und Diskussionsver­an­stal­­tun­gen zum Thema Rassismus und Migration be­gleitet. Auch Zeitzeugengespräche mit italienischen PartisanInnen und ein Besuch des Schau­platzes des Mas­sa­kers von Marzabotto, einem der schlimmsten Kriegsverbrechen deutscher Solda­ten während des Zweiten Weltkriegs in Italien, werden angeboten.

Doch es gibt auch Kritik an dieser Großver­an­stal­tung. So sagten etwa die Ultras Sankt Pauli letztes Jahr ihre Teilnahme ab, da ihrer Meinung nach die Mondiali durch die jährlich wachsende Anzahl5 der TeilnehmerInnen Vernetzungsarbeit für antirassistische Initiativen immer schwieriger machte und ein Teil der teilnehmenden Mann­schaf­ten mehr am Event, als an der inhaltlichen Ausrichtung der Veranstaltung interessiert wa­ren. Trotz alledem, der Geist der Mondiali verbreitet sich: Bereits zum 5. Mal fand heuer die ANTIRA Sankt Pauli statt; in Linz organisierte die Stadt­werkstatt ge­meinsam mit Friendly Fire am 17. Mai das SCHUBHAFT 0:5 BLEIBERECHT-Tur­nier mit glücklichen Siegern aus Afghanistan, nur zwei Beispiele unzähliger gleichartiger Initi­ativen.

Der ballesternde Beitrag unserer Kulturhaupt­stadt bei der Mondiali Anti­raz­zisti wird heuer durch eine Mannschaft der ARGE T.O.R. (Arbeits­ge­mein­schaft Tribüne ohne Rassismus), eine Ini­tiative von Fans des FC Blau-Weiss Linz6, in Casa­lecchio di Reno eingebracht. Bislang sind aus Österreich auch noch Mannschaften aus Inns­bruck und Wien auf der TeilnehmerInnenliste zu finden. Aus folgenden weiteren Herkunftsländer stammen die, bis zum jetzigen Zeitpunkt angemeldeten Teams: Afghanistan, Albanien, Belgien, Bos­nien Herzegowina, Kamerun, Tschechische Republik, Demokratische Re­pu­blik Kongo, Däne­mark, Ecuador, Frankreich, Gambia, Deutschland, Ghana, Ungarn, Italien, Jamaica, Litauen, Luxem­burg, Marokko, Slowakei, Spanien, Schweiz und Großbritannien.

Die Modiali Antirazzisti 2008 findet vom Mittwoch, 9.-Sonntag, 13. Juli in Casalecchio di Reno statt.

1        Das progetto ultrà wurde 1995 von Anhängern verschiedener Vereine in Bologna gegründet, um die Werte der Fankultur zu verteidigen und gemeinsam mit den Fans die Gewalt zu reduzieren. Die drei Hauptthemen der Arbeit der Gruppe sind Re­pression – also der Kampf gegen die Kriminalisierung von Fans-, Kommerzialisierung – Aktionen gegen die aktuelle Ver­marktung des Fußballs – und eben der Kampf gegen Rassis­mus.

2        Istoreco Reggio Emilia (Institut für Geschichte des Wider­stands und für Zeitgeschichte in der Provinz Reggio Emilia – www.istoreco.re.it) wurde 1965 von früheren Partisanen und antifaschistischen Frauen, mit der Intention Originaldoku­men­te aus dem 2. Weltkrieg zu erhalten, ge­gründet. Unter anderem wird mit ERA (www.resistance-archive.org) ein euro­päisches Online-Archiv über Widerstand gegen den Na­tionalsozialismus mitbetrieben und werden Treffen Jugend­licher mit überlebenden antifaschistischen Widerstands­kämpfern und Reisen zu Original­schauplätzen der italienischen Partisanenkämpfe organisiert.

3        Gegründet wurde FARE (www.farenet.org) im Februar 1999 auf Anregung von Fangruppen aus verschiedenen Regionen Europas auf einer Konferenz in Wien. Neben den Fans nahmen auch Fußballverbände und Spielergewerkschaften teil, um eine gemeinsame Strategie und ein Grund­satzprogramm gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu entwickeln. Heute hat das Netz­werk aktive Partner in mehr als 37 Län­dern und arbeitet auf allen Ebenen des Fußballs, mit Fans, Spielern, Organisationen von Migranten und ethnischen Minderheiten und mit Verbänden, einschließlich der UEFA und FIFA. Neben dem Kernthema Rassismus widmet sich FARE auch der Bekämpfung von Sexismus und Homo­phobie, wie die Teilnahme der European Gay & Les­bian Sports Fede­ration (www.eglsf.info) zeigt.

4        Cricket ist ein Sport, der, abgesehen von den britischen Inseln, besonders in vielen asiatischen Communities intensiv betrieben wird und dort meist wesentlich beliebter ist als Fußball. Im Großteil der europäischen Ländern ist es für MigrantInnen schwer, diesen Sport auszuüben, da die entsprechenden Plätze fehlen und dem Sport we­nig Bedeutung beigemessen wird. Daher wird bei der Mon­di­ali Antirazzisti versucht Cricket zu fördern.

5        An der ersten Mondiali Antirazzisti 1997 nahmen ca. 200 Menschen teil.

6        Nachfolgeklub des SK Voest Linz, kämpft zur Zeit in der viert­­höchsten österreichischen Spielklasse, der OÖ-Liga, um den Titel.

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