Magnet für junge Leute

Die diesjährige Leistungsschau beim „Open MKH!08 – Synchron“ zeitigte einige erstaunliche Ergebnisse in der Schnittmenge von DJing und VJing. Und lässt einige Rückschlüsse auf künftige Jugendkulturarbeit in Wels zu.

Im wahrsten Sinn des Wortes ausgestrahlt hat das Medien Kultur Haus Wels am 17. Oktober beim großen Hausfest „Open MKH 08“, Untertitel: „Syn­chron“. Zu einem lustvollen, flirrenden, pulsierenden Fest für sämtliche Sinne wurde die jährliche Leistungsschau dank der erstaunlichen Re­sultate der „Synchron“-Sommerakademie, die von MKH-Mitarbeiter Boris Schuld kon­zipiert und organisiert wurde. Besonderer Wert wurde dabei auf das Zu­sammenspiel von Ganz- und Halb-Profis mit ambitionierten Neuein­stei­ger­Innen gelegt. Das war zugleich der Grundstein dafür, dass die „Synchron“-Work­shop-Ergebnisse in eine Qualität mündeten, die ihresgleichen sucht.

Kennzeichnend für die sommerlichen Workshops war die gleichwertig an­ge­legte Kombination von VJs und DJs, also der Visualisierung von Tönen und der Vertonung von Bildern. Dadurch, dass von vornherein beide Ele­men­te mitgedacht und in die Entstehung von Visuals einbezogen wurden, konnte die handelsübliche Illustrierung von Sounds bzw. die sinnentleerte Musikunterlegung von Videos erfolgreich vermieden werden. Einzige Aus­nahme der von Beginn an kombinierten Anstrengungen war die von außen weithin sichtbare, innovative Bebilderung der MKH-Fassade durch das jun­ge „TagTool“-Team. Bereits während der Sommer-Workshops bewerkstelligte TagTool das Gleiche mit dem 200 Meter entfernten Maria-Theresien-Hoch­haus, das vom MKH-Dachboden aus angestrahlt wurde.

Innerhalb der MKH-Gemäuer sah sich das Publikum im Foyer plötzlich in einem Aquarium befindlich – das Resultat einer aufwändigen Beamer-Ins­tal­lation des Grazer Duos „OchoReSotto“, von „Paracelsus“ und Stefan Wipp­linger. Im Erdgeschoß interpretierten Ulla Pfneudl, Anna Bertsch & Ben­ja­min Schröder das so genannte, lange Jahre im Haus befindliche „Kaiser­pa­norama“ neu als Kaiserpanorama 2.0, und Peter Schernhuber gab einen Vi­deo-Ausblick auf die heurige Internationale Jugend Medien Festival YOUKI 10 (von 25. bis 29. November im MKH und im Alten Schl8hof).

Parallel dazu versammelte Galeriemitarbeiter Johannes Kastinger aktuelle Arbeiten von fünf seiner ehemaligen StudienkollegInnen der Akademie der Bildenden Künste zu seinen eigenen architektonischen Gebilden, die er mit monochromen Farbflächen kombiniert, im Raum der Galerie der Stadt Wels: markante Bilder von Anna Stangl, ein Video und eine Papierinstallation, die auf ein Stück des Komponisten Bernhard Lang Bezug nehmen, abstrakte Ma­lerei von Herbert Oppeneiger, Zeichnungen, die Trickfilm-Elemente verwenden, von Christoph Rodler, Übermalungen alter Partituren, Buch­hal­tun­gen, Enzyklopädien etc. von Julius Paul Ehrhart (noch zu sehen bis 7. De­zem­ber zu den Galerie-Öffnungszeiten).

Im 1. Stock gingen zwei bemerkenswerte Liveperformances der Youngsters Michael Seidl, Martin Pühringer, Sebastian Achleitner, Matthias Zauner, Katharina Mayrhofer & Florian Schrögendorfer über die Bühne, die das Po­tenzial von DJing&VJing zwischen Komposition und Improvisation voll auskosteten. Danach projizierte Birgit Palma ihre feine filmische Arbeit „Es war einmal“ in alte Bilderrahmen, bevor Evi Leuchtgelb mit ihrer „eat art“ die Leu­te mit optischem Mehrwert kulinarisch verköstigte.

Und das Beste ist: Das Medien Kultur Haus wurde – nicht zuletzt aufgrund der Beat-Stimulanzien durch die lokalen DJs Mischgeschick – bis in die frühen Morgenstunden zu gefühlten 95 Prozent von einem jugendlichen Publi­kum gefüllt. Also exakt von jenem Zielpublikum, an das sich die vielfältigen Bemühungen des MKH-Teams richten. So fungierte das Open MKH!08 regelrecht als Magnet für engagierte junge Leute – unter gleichzeitiger Miss­ach­tung und Ignoranz durch die „erwachsenen“ Schnarchsäcke, so­wohl aus der Zivilbevölkerung als auch aus dem semiprominenten Platzhirschrevier als auch aus den Redaktionen der Regionalpresse! An ihnen vorbei – das ist der Ansporn, der sich aus diesem lehrreichen Abend für die Besu­cher­In­nen und vor allem für die VeranstalterInnen logisch ergibt – muss die Ar­beit kon­­sequent mit den Jugendlichen fortgeführt werden. Deren desinteressier­te Vor­fahren sollen derweil in ihren käsigen Filzpatschen vor den Fern­seh­ap­pa­ra­ten versauern. Praktizierte Jugendkultur – da vorne spielt die Musik!

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11/08
FotoautorInnen: 
Marco Prenninger, Peter Schernhuber

TagTool verzierten die Fassade mit animierten Licht-Graffitis.

OchoReSotto verwandelten das Foyer das MKHs in ein Aquarium

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