Editorial

Brache, G’stettn und Zwischenräume – diese „unkultivierten“ Leerräume kom­men als Thema im November in mehreren Artikeln vor: Zuallererst direkt bei der Ausstellung „Lois und Franziska Weinberger“, die aktuell im Lentos läuft. In ebenso starker Gewichtung beim „Garten der Sinne“, einem Langzeitprojekt in Auwiesen, das Wolfgang Schmutz im Rahmen der spotsZ-Serie „Vor Ort im Vorort“ zum Festival der Regionen 2009 beleuchtet. In beiden Artikeln werden Zonen des weder als Natur noch Kultur vordefinierten Designs vorgestellt, die als „Garten“ bezeichnet werden können, dieses Kon­zept des „Gartens“ aber in wesentlichen Punkten durchbrechen.

Im Zuge der redaktionellen Gespräche zum angesprochenen Themenkreis rund um Garten und G’stettn kam eines deutlich heraus: Das Interesse liegt hier nicht in einer herkömmlichen Kultivierung von herkömmlich verstandener „Natur“, sondern in einem Prozess, der Gestaltung und das sich-selbst-Überlassen von Prozessen einschließt, eines Prozesses, der statt Kontrolle ge­naues Beobachten meinen könnte. Aspekte und Projekte zum Themen­kom­plex „Garten“ zwischen Gestaltung und G’stettn sind jedenfalls viel­schich­tig, weitreichend und keinesfalls in dieser Ausgabe erschöpfend be­han­delt. Im Gespräch mit der Linzer Autorin Elisabeth Vera Rathenböck streif­te Reinhard Winkler das Thema G’stettn als Erinnerungspunkt: Die Au­torin erinnerte sich an ihre Kindheit, in denen Kinder an Orten spielten, „die wild wie richtiger Dreck rochen und undefinierter Freiraum waren“.

Das Vorstellen von Freiräumen und Zwischenräumen sind aber ohnehin be­ständiges Thema von spotsZ. Dementsprechend können einige andere Arti­kel auch in diesem Zusammenhang verstanden werden: Ob als Eröffnung von „grass roots“-Medienkultur, die Richard Pavlovski als Franckviertel TV beschreibt, als Behacken des Internets als Medienkunst, wie Michael Schwei­ger von Radio FRO das Projekt HAIP vorstellt oder der Versuch einer Eta­blie­rung eines „Musentempels“, den die beiden Phönix-Schauspielerinnen Judith Richter und Lisa Fuchs als Salon kultivieren möchten. Klingt nach Kraut und Rüben? Ist aber im Sinne der Garteng'stettn das, was in Linz und anderswo (auch) passiert und passieren kann. Und im weiteren Sinne auch das ausmacht, was freie Kunst und Kultur noch immer ist – auch in Linz, auch in und neben der Programmierung des Kulturhauptstadtjahres.

Es kümmert sich Florian Huber um Zwischenräume von Blick und Wahr­neh­mung im Zusammenhang mit der Ausstellung „tales of perception“ in der Galerie Maerz. Und zu Beginn steht ein Artikel von Verena Wagner über „Das jüdische Leben in Linz“. Dieser Beitrag wurde anlässlich des 70jährigen Gedenktags zum Novemberpogrom in Auftrag gegeben. Er kann auch als Kommentar zum Einbruch der Barbarei verstanden werden, die auch hier in Linz jede Kultur abschaffen wollte, mit einer Ideologie, die Un­ord­nung und das Leben an sich beseitigen wollte.

Die spotsZ Redaktion
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* spotsZ gibt’s seit Oktober 2006 als monatlich erscheinendes Printmedium für „Kunst, Kultur, Szene und Linz“. Alle bisherigen Ausgaben sind nachzulesen unter www.servus.at/spotsZ

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11/08

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