„klaus kinski ißt helmut berger“
Scheitern hat nun mal viele Gesichter, manchmal eben auch die von Helmut Berger und Klaus Kinski. Patrick Huber steht auf der Bühne und scheint nicht ganz bei Trost. Er nimmt sich Dinge heraus (Bäuerchen machen, Kollegen beschimpfen, musikalische Begleitung), führt auf (sich und Helmut Berger), sich immer entschuldigend und baldige Besserung wie das Blaue vom Himmel versprechend, nur um in den nächsten Minuten neuerlich aus der Rolle (Helmut Berger?) oder eben genau in sie hinein zu fallen. Dann wieder hat er Lust aufs Publikum, bittet ein Ausnahmetalent auf die Bühne, aber keines bietet sich an. Huber/Berger ersucht, macht auf höflich, schließlich mit Dackelblick, es hilft nichts. Also wird er bestimmend (aber nur wie einer, dem nichts anderes übrig bleibt), er zitiert einen glatzköpfigen Herrn zu sich auf die Bühne, in sein Klappbett. Der glatzköpfige Herr macht mit, legt sich flach, hört aufmerksam zu. Komische Aufmerksamkeit oder die Angstlust, im nächsten Moment vorgeführt zu werden, macht sich breit. Doch so weit kommt es nicht. Stattdessen beginnt Huber/Berger zu singen, Huber/Berger singt allerdings nicht vor, vielmehr singt er vor sich hin, er versingt sich, zieht eine Geschichte an den Haaren herbei und weiß dabei auch und oft nicht recht weiter. Das Nicht-Weiter-Wissen wird zur treibenden Kraft, so bleibt die Geschichte in Gang, nimmt letztlich ihren unweigerlichen Lauf, minutenlang, Unfug wird zu Fug (Ein Abfinden. Oder auch: das Arrangement des Zuschauers mit dem Aberwitz), bricht letztlich abrupt ab (wir nehmen an: unmittelbar vor der sozialkritischen Botschaft?). Dann wird gegessen. Ein 5 oder 7 Gänge Menü, weiß nicht mehr genau. Auch was gegessen wurde, ist mir entfallen, die Speisekarte war zu bunt. Suppen und Saucen machen die Runde. Ausgewählte Gäste werden neuerlich auf die Bühne zitiert, müssen essen, was auf den Tisch kommt. Auch Bier wird getrunken. Zwei hübsche Kellnerinnen arbeiten unermüdlich, räumen auf, servieren, räumen ab und passen zwischendurch gut auf Huber/Berger auf, sind streng. Huber/Berger erntet böse Kellnerinnenblicke, bei Unartigkeiten gibt’s prompt eins mit der Fliegenklatsche hinter die Löffel.
Warum macht Huber all das? Ja – warum denn nicht, bittgarschön! Schön – eben! – die ornamental bepinselten Porzellanpuppen, und erst die Bühnenwand. Gold, das Groteske, Rot, der Genuss. Das Überbordende, das Zuviel, die Schmerzgrenze. Patrick Huber zieht einen breiten Streifen, der Wirklichkeit ausblendet wie eine Bildstörung am Fernsehschirm. In diesem Flimmern bewegt sich Huber und tut genau das nicht, denn eigentlich rührt sich nichts in diesem Stück, zumindest nichts von der Stelle. Alle warten wir nur auf den angekündigten illustren Gast: Klaus Kinski.
Klaus Kinski kommt dann auch wirklich, er tritt auf wie eine herbe Enttäuschung, verschleiert, aber immerhin spricht er. Mit einem Kassettenrecorder im Bauch. Helmut Berger will sich unterhalten, Kinski mag aber nicht. Vögelt stattdessen lieber eine der ornamentalen Porzellanpuppen. Das Ausschweifende, das Bisexuelle, der Mutterkomplex, das Narzisstische, all das wird von Huber/Berger durch- und angespielt, allerdings gezügelt bis zur Verlegenheit. Das Exzessive ist halt doch eine merkwürdige Idee.
Kinski isst Berger – laut Eigendefinition „die absurdeste Primetime-Show seit Gott“.
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