Verwüstung und Wut oder doch Glück?

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Ein Gespräch mit Markus Straub aka ra]va[ge über Breakcore und alles was damit zu tun hat: die Relevanz des Internets zur Verbreitung von Musik, die Linzer Szene und politische Backgrounds.

Unter dem Pseudonym ra]va[ge spielte Markus Straub vor einigen Jahren noch „Unreal Tournament“. Als er später in die Speedcore-Szene schlitterte, behielt er seinen Nickname praktischerweise gleich bei. Trotz des aggressiven Namens und der noisigen Musik verbindet er mit seinem Sound die höchsten Glücksgefühle. Und das ist gut so. Die Connection zu Attwenger entstand über die Produktion eines Remixes für das Album „Dog 2 – Re­mixes“. Sonst ist allerdings eher das www die Verbreitungsmethode von Markus’ Musik. Und was hat das jetzt alles mit Burschenschaften zu tun?
Um ra]va[ge mit einem seiner Livesets zu sehen und zu hören: check the dates on http://ravage.at

Damit wir wissen, wovon wir hier überhaupt sprechen: Kannst du uns in ein paar Worten deine Musik skizzieren?
Es sind meistens sehr schnelle, harte Amen-Beats, basslastige Synths. Das Gan­ze ist relativ noisig, würde ich sagen. Es variiert natürlich auch von Set zu Set. Manchmal baue ich noch klicksige Elektronik am Beginn ein.

Du bist mittlerweile schon seit ein paar Jahren mit deiner Electro-Noise-Break­core-Geschichte umtriebig in Linz. Wie hat das alles begonnen?
Das Ganze hat vor 5, 6 Jahren angefangen. Es ist damals allerdings noch nicht in Richtung Breakcore oder Elektronik gegangen, es war noch eine reine Speedcore-Geschichte. Ich habe auf www.u-s-n.de (United Speedcore Na­tion) zum ersten Mal Speedcore gehört. Das hat mich total weggehauen und ich habe es mir in Dauerschleife angehört. Ich habe diesen Sound vorher nicht gekannt und bin ein totaler Fan von der Musik und dem Label ge­worden. Ein halbes Jahr später habe ich begonnen, selbst Musik zu machen. Ich wollte einfach geilen Sound kreieren. Es hat anfangs überhaupt nicht funktioniert. Da es eine kleine Community war, war es ziemlich einfach, hin­einzukommen und mit den Leuten zu reden. Es war im Endeffekt ein In­ter­netforum mit 30, 40 Leuten, die haben sich super verstanden, Musik ausgetauscht und sich gegenseitig beim Produzieren geholfen. Ich würde sa­gen, das war ein sehr fruchtbarer Boden zum Musik-machen-beginnen.

Nachdem alles ganz gut begonnen hat, mit deinem USN-Speedcore-Ding, wie ging es dann weiter?
Nachdem das Label tot war, habe ich mich von der Szene zurückgezogen. Ich habe das Musik-Programm gewechselt und für mich selber Musik ge­macht. Das hat zu einem ganz anderen Sound geführt. Nach 2 Jahren bin ich dann mehr oder weniger zum Breakcore gekommen. Ich habe Markus von Attwenger kennengelernt und einen Breakcore-Remix für das Album „Dog 2 – Remixes“ produziert.

Wenn du vom Label USN, diversen Foren und Online-Samplern sprichst … wie wichtig ist das Internet für die Verbreitung deiner Musik? Welche Rele­vanz hat das Internet für die Breakcore-Noise-Szene?
Da ich bisher sehr viele Kontakte über das Internet bzw. über meine Home­page und die Seite auf Myspace geknüpft habe, ist dieses Medium sehr wich­tig für mich. Es hilft dabei, ein weit größeres, interessiertes Publikum zu erreichen, als es z.B. nur mit dem Verteilen von Demos auf Parties möglich wäre. Generell wird in dieser Szene sehr viel über das Netz geregelt, das fängt bei kleinen Co-Produktionen an, geht über Labels bis hin zur Or­ganisation von Veranstaltungen wie der Fuckparade, wobei sich die Kom­mu­nikation dann natürlich nicht rein auf das Internet beschränkt, aber eine gute, zentrale Anlaufstelle darstellt.

Versuchst du, mit deiner Musik eine Message zu verbreiten?
Eigentlich ist keine explizite Message hinter meiner Musik. Ich möchte we­der politische noch religiöse Elemente einbauen. Es soll einfach nur Musik sein und für sich stehen.

Das Ganze ist ja doch sehr aggressiv.
Ja. Das liegt einfach daran, dass mich der Sound absolut begeistert und dass es das ist, worin ich selbst die absolute Erfüllung finde. Wenn ich den Sound daheim mache, dann erlebe ich die höchsten Glücksgefühle. Auch wenn es sich für Außenstehende noch so brutal anhören mag, ich fühle mich superwohl dabei. Auch wenn ich auf der Bühne stehe und das prä­sen­tiere. An­dere denken vielleicht, dass ich alle niederdreschen will …  aber nein.

Auftrittmäßig läuft es derzeit recht gut bei dir. Man konnte dich in letzter Zeit oft live sehen und du hast auch einige Gigs vor dir ...
Ja, im Moment schaut’s recht gut aus. Ich hab auch einige Male in Linz ge­spielt, vor allem im letzten Monat. Der letzte Gig zu Halloween ist super ge­laufen. Es war vor allem schön, weil es eine „gemischte“ Party war. Am An­fang hat eine Hip Hop Band gespielt, dann ist es langsam Richtung Drum’n’Bass abgegangen und zum Schluß hab ich dann noch gespielt. Solche Kon­zept-Parties taugen mir eigentlich sehr, wo nicht nur ein Stil läuft, sondern verschiedene Leute angezogen werden und man Neues kennenlernen kann.

Und da wären wir jetzt beim Thema: verschiedene Leute anziehen. Diese Lo­ca­tion, das „Gasthaus zur wilden Sau“, wo du zu Halloween gespielt hast, ist ja nicht ganz unumstritten. Dort ist auch eine Burschenschaft ansässig. Wie ist deine Einstellung dazu?
Ja, dort ist auch eine schlagende Burschenschaft ansässig, nicht gerade die angenehmsten Typen. Es ist halt die Frage, inwieweit die Veranstalter, die Mu­siker und die Gäste damit was zu tun haben. Die Gäste haben ganz si­cher nichts damit zu tun, die Burschenschaft ist im Forum auf www.zive.at sehr abgelehnt worden. Die Veranstalter selbst haben damit auch nichts zu tun. Es bleibt also im Endeffekt der Hausbesitzer, und ich schätze mal, dass dem das einfach egal ist, ob da Rechte, Linke oder politisch ungefärbte Ver­an­staltungen drinnen sind. Ich bin der Meinung: Warum sollen wir nicht ein­fach Präsenz zeigen, warum sollten wir uns zurückschrecken lassen, weil andere Leute da sind. Es ist eine super Location und es funktioniert dort einfach. In Linz gibt es nicht soviel Plätze, wo man was machen kann. Und so­­lange man für die Party selbst eine Message setzt, finde ich, ist das okay. Ich habe mit der rechten Szene überhaupt nichts am Hut, sondern distanziere mich ausdrücklich davon.

Die Voll-Version dieses Gesprächs ist auf cba.fro.at als Audiofile downloadbar. (Suchbegriff: ravage)

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