LesementorInnen gesucht
Nicht erst seit Bernhard Schlinks Buch „Der Vorleser“ ist bekannt, welchen Einfluss Lesen und Vorlesen ausübt. Man kann es wohl nicht abstreiten – (Vor)Lesen bildet. So schrieb einst Aldous Huxley: „Wer zu lesen versteht, besitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten.“
Die aktive als auch passive Beherrschung von Sprache ist die Schlüsselfunktion, die die Integration jedes Einzelnen in die Gesellschaft ermöglicht und das Zusammenleben bewerkstelligt. Das adäquate Rezipieren von Gesagtem, Texten und Büchern ermöglicht es, sich in dem immer dichter werdenden Medien- und Informationsdschungel zurechtzufinden. Menschen, die die Sprache beherrschen, sind in der Lage mit ihren Ausdrucksebenen zu spielen, auf sich aufmerksam zu machen, sich Gehör zu verschaffen, Konfliktfälle in selbstbewusster Art und Weise zu lösen. Die Kenntnis einer Sprache zeigt sich darin, ob und wie Menschen Texte lesen (falls sie sich der Anziehungskraft eines Buches doch nicht widersetzen können) und verstehen. Die Beherrschung von Sprache bedeutet Zugang zu Bildung und zu Integration.
Aus diesem Grund hat der Verein ibuk das Projekt „Lesetandem“ ins Leben gerufen, das die Vermittlung von Sprache auf spielerischem Wege anstrebt. Das Projekt will Kindern einen Zugang zu Büchern (auf Lebenszeit) eröffnen, Lesevergnügen und Wissendurst erwecken, die Phantasie anregen, letztendlich aber auch ihre Sprachkompetenzen verbessern. Das Projekt richtet sich in erster Linie, jedoch nicht nur, an Kinder mit migrantischem Hintergrund, die unter Leseproblemen leiden, und die in entspannter Atmosphäre individuell gefördert werden.
Das Projekt ist als MentorInnen-Projekt ausgelegt, wobei ehrenamtliche Personen einmal pro Woche während der Schulzeit in Volksschulen (2.–4. Klasse) gehen und den ihnen jeweils zugeteilten Kindern etwa 50 Minuten lang vorlesen, mit ihnen reden, sich vorlesen lassen, basteln usw.
Die Förderung erfolgt in einem 1:1 Schlüssel – jeweils eine erwachsene Person liest einem einzelnen Kind vor – gerade auf diesem Weg ist es möglich, auf die Individualität der Kinder einzugehen, und ihnen die volle Aufmerksamkeit zuteilwerden zu lassen.
Das Projekt startete im März dieses Jahres an drei Volksschulen in Linz (VS Goetheschule, VS Mozartschule, VS Dorfhalle-Schule). Momentan sind fünfzig ehrenamtliche „VorleserInnen“ unterwegs, die jeweils vier Kindern einer Klasse zur Verfügung stehen. Die Auswahl der Kinder erfolgt durch die LehrerInnen, natürlich in Absprache mit den Eltern. Das Kind selbst bestimmt das Buch, aus welchem es gerne vorgelesen haben möchte, unter Berücksichtigung der Altersadäquatheit. Die Lesestunde gestaltet sich folgendermaßen: zu Beginn liest der Mentor vor, während das Kind zeichnet oder bastelt, der Mentor erklärt unter Umständen unbekannte Vokabel, bespricht das Vorgelesene; dann liest das Kind selbst laut vor.
Kein Kind wird natürlich gezwungen an diesem Projekt teilzunehmen, die Partizipation basiert auf Freiwilligkeit – sollte bei einem Kind jedoch die Lust am Lesen oder Vorlesen verloren gehen, können die Lesestunden jederzeit abgebrochen werden. Hier nimmt das Projekt eindeutig einen Gegenstandpunkt zu den unseligen verpflichtenden Deutschkursen ein.
Das Projekt wurde bisher von allen Seiten gut aufgenommen, so gaben alle Eltern die Zustimmung für den individuellen Unterricht ihrer Kinder. Auch die Kinder selbst begeistern sich für das Projekt, sodass das Projekt, vor allem auch wegen Bedarfs, im Wintersemester des folgenden Schuljahres auf weitere Schulen ausgeweitet werden soll. Dann ist auch geplant, Ausflüge außerhalb des Schulgebäudes zu unternehmen, um MentorInnen und Eltern stärker zu vernetzen, und Integration und Annäherung von beiden Seiten weiter zu verstärken. Zunächst ist aber im Herbst noch eine Lesung der Kinder im Wissensturm geplant, wo diese ihre Lesefertigkeiten den Eltern vorführen können.
Die MentorInnen werden selbstverständlich vom Verein laufend unterstützt, nehmen an einer Grundschulung teil, einmal monatlich findet eine Reflexionsstunde statt, in der Erfahrungen ausgetauscht und besprochen werden können.
MentorIn kann jeder werden, der Spaß am Lesen und Vorlesen hat, und seinen Beitrag zur interkulturellen Verständigung leisten möchte. Für das kommende Wintersemester werden weitere ehrenamtliche MentorInnen gesucht, die an dem Projekt teilhaben möchten.
Der Verein ibuk entstand aus dem früheren Verein ne sola, der als interkulturelles Begegnungszentrum zwischen MigrantInnen und Einheimischen konzipiert war und aus dem Linz09-Stadtteilprojekt KulturlotsInnen. Ibuk versteht sich weiterhin als Begegnungszentrum, hat aber die konzeptionelle Bezogenheit auf einen Ort weitgehend aufgegeben. Gemäß dem Leitbild erfolgen interkulturelle Begegnungen und Kulturvermittlung an unterschiedlichen Orten, innerhalb der ganzen Stadt, in Eltern-Kind-Zentren, Schulen, Bildungshäusern und öffentlichen Einrichtungen.
Weitere Informationen können unter www.ibuk.at eingesehen werden, bzw. Bewerbungen werden unter info@ibuk.at entgegengenommen.
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