Pretty Leerstand

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„Pretty Vacant“ ist der dritte Teil einer Serie, die die Bespielung von Leerständen zum Thema hat: Nach zwei Mal Linz war das Team vom „Projekt Leerstand“ im August in Brüssel zu Gast, im Hotel Noailles. Für die Ausstellung „Pretty Vacant“ haben sich dort in Vakanz vereint: Ulrich Fohler, Thomas Kluckner, Kristina Kornmüller, Ingo Leindecker, Petra Moser, Doris Prlic, Ulrike Seelmann und Wes Westenburger mit der Brüsseler Gastkünstlerin Jimena Kato Murakami.

Ökonomischer Leerlauf, ungenutzte Nischen in der Stadt. Ästhetischer Bruch: Ein Leerstand kann z.B. künstlerische Aufforderung zur Bearbeitung von leeren Räumen sein sowie eine städteplanerische Aufforderung zur Revitalisierung ganzer Stadt­tei­le. Was ist euer Selbstverständnis?
In erster Linie geht es uns um die Öffnung und temporäre Belebung leerstehender, gewissermaßen „versteckter“ oder ausgeblendeter Räume. Die Suche nach dem passenden Ort orientiert sich da­bei nach einer gewissen geographischen Rand- und demographischen Schieflage in der Stadt, so­dass das Hauptaugenmerk auf Gebäuden liegt, die sich im „Niemandsland“ zwischen Zentrum und Pe­ripherie befinden oder die die Umgestaltung ih­rer Stadtteile überlebt haben. Die beiden Ausstel­lun­gen in Linz haben gezeigt, dass das Interesse an leerstehenden Flächen wirklich groß ist und dass eine solche Wiederbelebung bei vielen auch tatsächlich das Interesse wecken kann, jene Gebäu­de auch abseits der Kunst zu nutzen.

In welcher Beziehung steht eure Kunst zum The­ma Leerstand? Ich nehme an, es geht um mehr, als nur Ausstellungsräume zu haben, in die man et­was hineinstellt? Sind Leerstände die besseren Aus­stel­lungsräume für euch und wenn ja, warum?
Die Unabhängigkeit von einem institutionellen Rah­men ist uns wichtig und ermöglicht uns flexi­bles Arbeiten ohne Vorgaben mit den jeweiligen Umständen vor Ort. In der Auseinandersetzung sind für uns vor allem die Geschichte des Rau­mes, seine baulichen Gegebenheiten, seine ur­sprüng­li­che Funktion und seine Verortung in der Stadt in­teressant. Die Ausstellungen sind immer Ergebnis einer längerfristigen Auseinandersetzung mit und in den Räumlichkeiten und auch gleichzeitig eine Art Dokumentation dieser Erfahrung. Das heißt, wir stellen keine fertigen Arbeiten rein, sondern es entsteht alles vor Ort und in konkretem Bezug zum Kontext. Die Kommunikation mit den An­rai­nerInnen gehört dabei genauso dazu und beeinflusst unsere Vorgehensweise entscheidend. Des­halb wählt jedeR von Ausstellung zu Ausstellung jenes Medium, das für ihn oder sie am passendsten erscheint. Das Ziel ist aber sehr wohl, den Ort für das Publikum begeh- und unter veränderten Bedingungen erlebbar zu machen – die Ausstel­lung nicht als Aneinanderreihung zusammenhangloser Werke zu konstruieren, sondern als stim­mi­ges Gesamtbild erfahrbar zu machen.

Neun KünstlerInnen mit sehr unterschiedlichen Hin­tergründen bringen sehr unterschiedliche Stand­­punkte ein. Gibt es einen künstlerischen As­pekt, auf den ihr euch geeinigt habt?
Wir einigen uns nicht auf bestimmte Aspekte, son­dern versuchen gerade durch unsere unterschiedlichen Hintergründe und Herangehens­wei­sen viele verschiedene Blickwinkel in die Aus­stel­lung zu integrieren. Das Spektrum reicht von fo­to­grafischen Arbeiten über Sound, Videos oder Per­formances bis zu installativen „Eingriffen“. Um uns besser zu vernetzen und auch um die Per­spek­tive einer Person vor Ort in die Ausstellung zu integrieren, wollten wir eineN Brüsseler Künst­lerIn miteinbeziehen. Mit Jimena Kato Murakami lernten wir gleich zu Beginn eine solche kennen, deren Arbeiten wir spannend fanden.

Wie seid ihr überhaupt nach Brüssel gekommen, wo fand die Ausstellung statt und welche Beo­bach­tungen lassen sich in dieser Stadt zum The­ma Leer­stand anstellen?
Dass unsere Wahl auf Brüssel fiel, war eigentlich Zufall und kam durch persönliche Kontakte zu­stan­de. Die Stadt erschien uns aber nicht zuletzt auch durch die sprachliche „Zweiteilung“ französisch/flämisch spannend. Die Ausstellung fand im Hotel „Le Noailles“, einem ehemaligen Stunden­ho­tel, statt. Petra und Kristina kamen schon zwei Wochen vor den anderen an und fanden sehr schnell das Hotel als möglichen Ort. Das Rendez-Vous-Hotel, das bis 2003 in erster Linie von Lie­bes­paaren frequentiert wurde, befindet sich im Stadtteil Ixelles am Rande des Zentrums, ein Vier­tel, in dem auch viele afrikanische Migrant­In­nen leben. Überraschend war für uns vor allen Din­gen, dass die Bereitschaft von PassantInnen und Leuten, die nicht aus dem Kunstumfeld kommen, größer als in Linz war, sich die Ausstellung anzusehen. Einige Male kamen wir sogar in die Situ­a­tion, ehemaligen Gästen des Hotels erklären zu müs­sen, dass sie bei uns „nur“ eine Ausstellung se­hen können.

Was sagt ihr zu Leerständen in Linz. Gibt es da in­teressante Beobachtungen?
Die Suche nach passenden Räumlichkeiten ge­stal­tete sich schwieriger als erwartet, erst nach fünf Absagen bei anderen Orten konnten wir im Ge­bäu­de in der Schillerstraße die Ausstellung im April entwickeln.
Für uns überraschend ist, dass es zwar viele Leer­stände gibt und das Interesse an deren Nutzung gegeben ist, aber trotzdem relativ wenig konkrete Aktionen in diesen Räumlichkeiten stattfinden.
Schade ist, dass die Offenheit der Eigentü­merIn­nen gegenüber solchen Projekten nicht immer groß ist und Räume lieber leer gelassen werden, bevor etwas darin passiert.

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10/08
FotoautorInnen: 
Projekt Leerstand

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