Pretty Leerstand
Ökonomischer Leerlauf, ungenutzte Nischen in der Stadt. Ästhetischer Bruch: Ein Leerstand kann z.B. künstlerische Aufforderung zur Bearbeitung von leeren Räumen sein sowie eine städteplanerische Aufforderung zur Revitalisierung ganzer Stadtteile. Was ist euer Selbstverständnis?
In erster Linie geht es uns um die Öffnung und temporäre Belebung leerstehender, gewissermaßen „versteckter“ oder ausgeblendeter Räume. Die Suche nach dem passenden Ort orientiert sich dabei nach einer gewissen geographischen Rand- und demographischen Schieflage in der Stadt, sodass das Hauptaugenmerk auf Gebäuden liegt, die sich im „Niemandsland“ zwischen Zentrum und Peripherie befinden oder die die Umgestaltung ihrer Stadtteile überlebt haben. Die beiden Ausstellungen in Linz haben gezeigt, dass das Interesse an leerstehenden Flächen wirklich groß ist und dass eine solche Wiederbelebung bei vielen auch tatsächlich das Interesse wecken kann, jene Gebäude auch abseits der Kunst zu nutzen.
In welcher Beziehung steht eure Kunst zum Thema Leerstand? Ich nehme an, es geht um mehr, als nur Ausstellungsräume zu haben, in die man etwas hineinstellt? Sind Leerstände die besseren Ausstellungsräume für euch und wenn ja, warum?
Die Unabhängigkeit von einem institutionellen Rahmen ist uns wichtig und ermöglicht uns flexibles Arbeiten ohne Vorgaben mit den jeweiligen Umständen vor Ort. In der Auseinandersetzung sind für uns vor allem die Geschichte des Raumes, seine baulichen Gegebenheiten, seine ursprüngliche Funktion und seine Verortung in der Stadt interessant. Die Ausstellungen sind immer Ergebnis einer längerfristigen Auseinandersetzung mit und in den Räumlichkeiten und auch gleichzeitig eine Art Dokumentation dieser Erfahrung. Das heißt, wir stellen keine fertigen Arbeiten rein, sondern es entsteht alles vor Ort und in konkretem Bezug zum Kontext. Die Kommunikation mit den AnrainerInnen gehört dabei genauso dazu und beeinflusst unsere Vorgehensweise entscheidend. Deshalb wählt jedeR von Ausstellung zu Ausstellung jenes Medium, das für ihn oder sie am passendsten erscheint. Das Ziel ist aber sehr wohl, den Ort für das Publikum begeh- und unter veränderten Bedingungen erlebbar zu machen – die Ausstellung nicht als Aneinanderreihung zusammenhangloser Werke zu konstruieren, sondern als stimmiges Gesamtbild erfahrbar zu machen.
Neun KünstlerInnen mit sehr unterschiedlichen Hintergründen bringen sehr unterschiedliche Standpunkte ein. Gibt es einen künstlerischen Aspekt, auf den ihr euch geeinigt habt?
Wir einigen uns nicht auf bestimmte Aspekte, sondern versuchen gerade durch unsere unterschiedlichen Hintergründe und Herangehensweisen viele verschiedene Blickwinkel in die Ausstellung zu integrieren. Das Spektrum reicht von fotografischen Arbeiten über Sound, Videos oder Performances bis zu installativen „Eingriffen“. Um uns besser zu vernetzen und auch um die Perspektive einer Person vor Ort in die Ausstellung zu integrieren, wollten wir eineN Brüsseler KünstlerIn miteinbeziehen. Mit Jimena Kato Murakami lernten wir gleich zu Beginn eine solche kennen, deren Arbeiten wir spannend fanden.
Wie seid ihr überhaupt nach Brüssel gekommen, wo fand die Ausstellung statt und welche Beobachtungen lassen sich in dieser Stadt zum Thema Leerstand anstellen?
Dass unsere Wahl auf Brüssel fiel, war eigentlich Zufall und kam durch persönliche Kontakte zustande. Die Stadt erschien uns aber nicht zuletzt auch durch die sprachliche „Zweiteilung“ französisch/flämisch spannend. Die Ausstellung fand im Hotel „Le Noailles“, einem ehemaligen Stundenhotel, statt. Petra und Kristina kamen schon zwei Wochen vor den anderen an und fanden sehr schnell das Hotel als möglichen Ort. Das Rendez-Vous-Hotel, das bis 2003 in erster Linie von Liebespaaren frequentiert wurde, befindet sich im Stadtteil Ixelles am Rande des Zentrums, ein Viertel, in dem auch viele afrikanische MigrantInnen leben. Überraschend war für uns vor allen Dingen, dass die Bereitschaft von PassantInnen und Leuten, die nicht aus dem Kunstumfeld kommen, größer als in Linz war, sich die Ausstellung anzusehen. Einige Male kamen wir sogar in die Situation, ehemaligen Gästen des Hotels erklären zu müssen, dass sie bei uns „nur“ eine Ausstellung sehen können.
Was sagt ihr zu Leerständen in Linz. Gibt es da interessante Beobachtungen?
Die Suche nach passenden Räumlichkeiten gestaltete sich schwieriger als erwartet, erst nach fünf Absagen bei anderen Orten konnten wir im Gebäude in der Schillerstraße die Ausstellung im April entwickeln.
Für uns überraschend ist, dass es zwar viele Leerstände gibt und das Interesse an deren Nutzung gegeben ist, aber trotzdem relativ wenig konkrete Aktionen in diesen Räumlichkeiten stattfinden.
Schade ist, dass die Offenheit der EigentümerInnen gegenüber solchen Projekten nicht immer groß ist und Räume lieber leer gelassen werden, bevor etwas darin passiert.
& Drupal
spotsZ - Kunst.Kultur.Szene.Linz 2006-2014