Kultur für alle
Die wohlgemeinte Aktion, welche einkommensschwachen Personen mithilfe eines Kulturpasses Gratiseintritt zu Kulturveranstaltungen ermöglicht, wurde 2003 vom Wiener Schauspielhaus in Kooperation mit der Armutskonferenz ins Leben gerufen. Über ein Spendensystems werden einerseits die Gratiskarten vom jeweiligen Kulturveranstalter (selber) finanziert, andererseits soll mit der Aktion auch ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass Kultur für alle leistbar, die Teilhabe daran ein Grundrecht für alle sein sollte.
Nach Salzburg und Graz, welche die Aktion nach den Wiener Vorgaben bereits übernommen haben, will auch OÖ demnächst durchstarten. Nachdem das Land OÖ die Aktion schon seit über einem Jahr für sich beansprucht, hat sich nun endlich ein geeigneter Termin für die Pressekonferenz des Landeshauptmanns gefunden, was zugegebenerweise sehr lange dauern kann. Problematiken ergeben sich derzeit noch in einigen Einzelheiten bei der Übernahme des in Wien entwickelten Schemas, das möglicherweise für OÖ – oder einfach jetzt nach einigen Jahren nicht mehr sinnvoll ist. Rund 30 Kultureinrichtungen in Linz und OÖ sowie oberösterreichweit flächendeckend rund 40 Sozialeinrichtungen als Ausgabestellen der Kulturpässe werden sich an „Hunger auf Kunst und Kultur“ beteiligen, offizieller Start ist Anfang Mai.
Anders als in Wien und in Graz steht die Aktion in OÖ von vornherein unter „politischen Fittichen“. Was sich angesichts der Erfahrungen der anderen Bundesländer auch zum Vorteil entwickeln könnte. In Wien wurden seit Start der Aktion jährlich mehr, insgesamt über 10.000 Kulturpässe ausgestellt. In Salzburg waren es ca. 1700, und Isabella Holzmann vom Verein culture unlimited, welcher die Aktion in Graz koordiniert, berichtet von mittlerweile 2.200 KulturpassbesitzerInnen, davon über 400 in der ersten Woche während der Diagonale im März 2006, dem offiziellen Start der Aktion in der Steiermark. Der Bedarf an „Kunsthunger“ ist allerorts gegeben. Die Spendenbereitschaft lässt jedoch etwas zu wünschen übrig. Sowohl in Salzburg als auch in Graz haben die VeranstalterInnen Schwierigkeiten, genügend Spenden aufzutreiben, weshalb die Bühnen Graz bereits an einen Ausstieg gedacht haben. Brigitte Buchacher von der sozialpsychiatrischen Gesellschaft „Laube“, die die Initiative in Salzburg koordiniert, begründet den schwachen Zulauf damit, „dass die Aktion noch zu wenig bekannt sei“. Derzeit werden genaue Zahlen über die Nutzung erhoben, die Stadt Salzburg wird das Projekt mit 5000 Euro unterstützen. Etwas besser ist die Situation in Wien, wo die Aktion einerseits ans Schauspielhaus gebunden, andererseits von der Basis heraus geboren wurde. Aber auch hier gab es – nicht zuletzt aus finanziellen Gründen – Schwierigkeiten. Nach 5 Jahren Erfahrungen löst sich die Aktion vom Schauspielhaus, ein eigenständiger Verein wurde gegründet. Martin Schenk von der Armutskonferenz, einer der InitiatorInnen aus Wien, ist auch aus anderen Gründen nicht nur glücklich.
Der Armutsbericht spricht für sich. Mehr als 460.000 Menschen in Österreich sind von Armut betroffen, ein Viertel davon sind Kinder. Mit der Aktion kann man ein Steinchen aushöhlen und es ist ein sehr persönlicher Ansatz, Reichere dazu zu bringen, ihr Gewissen auch beim nächsten Theaterbesuch beruhigen zu können. Weder die Bedingungen für KulturveranstalterInnen, welche nicht hochsubventioniert auch grandiose Verluste bauen können, noch die Lebensbedingungen für KonsumentInnen, die sich einen Kinobesuch überlegen müssen und an einen Theaterabend erst gar nicht denken, verändern sich dadurch.
& Drupal
spotsZ - Kunst.Kultur.Szene.Linz 2006-2014