Daumenkino – Kinderkram?

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Daumenkinos kennen wir wohl alle aus unserer Jugend. Damals mussten die Ecken der Schulbücher für unsere Kurzfilme herhalten. Daumenkinos produzieren kann also jedeR! Oder? Ein Gespräch mit den Veranstaltern von Flipt!, dem Daumenkinofestival in Linz, Reinhold Bidner und Christian Korherr über eine simple, analoge Form eine Geschichte zu erzählen.

Seid ihr selbst Daumenkino-Macher?
Christian: Ich habe noch nie ein Daumenkino ge­­macht.
Reinhold: Ich habe schon einige Daumenkinos gemacht. Eher spaßhalber, aus dem Grund, weil ich ziemlich viel digital arbeite, und in regelmäßi­gen Abständen kommt dann der Hass aufs Digi­tale. Dieser drückt sich dann in Form von analogen Arbeiten aus (Fotos, Daumenkinos etc.). Für meine Diplomarbeit habe ich auch ein Daumen­ki­no gemacht, so als Gimmik dazu.

Wie kommt ihr zum Daumenkino? Was ist euer per­sönlicher Background?
R: Mein Background ist Film, Video und Anima­tion. Daumenkino hat sich eigentlich durch Zufall ergeben, eben durch die Diplomarbeit. Kurz da­vor war ich im Filmmuseum in Berlin (Potsdamer Platz), und dort bin ich auf ein historisches Dau­men­kino gestossen. Da ist die Idee für ein Dau­men­kino als kleiner Zusatz für die Diplomarbeit entstanden. Ich hab auch ein Daumenkino spaßhalber mal bei der Diagonale eingereicht, um zu sehen was passiert. Es war eine Absage.
Ch: Ich fand die Idee an sich super. Überhaupt so ein Festival dann wirklich auf die Beine zu stellen.
R: Mir gefällt das Simple, Haptische, und der analoge Ansatz daran.
Ch: Man braucht nicht einmal den Computer einzuschalten, um ein Daumenkino zu produzieren. Eine solche Arbeitsweise ist selten geworden.
R: Wir denken, dass die Idee auch ganz gut in die Stadt hier passt. Linz präsentiert sich ja gern als Hauptstadt neuer Technologien … Wir bilden uns jedoch ein, dass unser „altmodisches“ Festival sehr wohl interaktiv ist … Wenn ich an die letzte Eröffnung zurückdenke ...
Ch: Man animiert ganz unterschiedliche Leute da­zu, etwas zu machen. Es ist mehr als eine Ver­an­staltung, bei der die Leute nur schauen. Sie sind aufgefordert, etwas zu produzieren.
R: Ich hab auch heuer schon wieder von Leuten gehört, die eigentlich sonst nichts mit Kunst oder Medien oder Ähnlichem zu tun haben, die überlegen, mitzumachen. Das ist eben das Nette da­ran.

Zum Daumenkinofestival Flipt!: 2005 hat das Fes­ti­val das erste mal stattgefunden. Wie ist das entstanden?
Ch: Die Idee ist 2003 entstanden. Reini hat bei einem Kuriositäten-Weihnachtsmarkt vor dem AEC unter anderem seine Daumenkinos verkauft. Oder versucht zu verkaufen.
R: Zwei habe ich verkauft.
Ch: Eines davon an mich – um 10,- EUR. Ich habe nicht gewusst, dass es vom Reini ist. Das hat er mir erst nach dem Kauf gesagt.
R: Wir haben uns zu dem Zeitpunkt noch nicht gekannt. Einige Wochen später haben wir uns im „Frohsinn“ getroffen und die Idee geboren: Es wä­re doch nett, wenn die Daumenkinos von der De­cke hängen, und wenn man irgendwie ein Fes­ti­val daraus macht. Ein Jahr später haben wir wirklich zu überlegen begonnen. Und Juni 2005 war das erste Festival.

Wie ist das Festival gelaufen?
Ch: Ich trau mich zu sagen, dass das erste Fes­ti­val sehr gut angekommen ist. Wenn um die 30 Leu­te gekommen wären, wie das manchmal bei sol­chen Veranstaltungen üblich ist, wäre das für uns auch okay gewesen. Insgesamt waren es aber über 200 BesucherInnen, und wir haben 84 Ein­reichungen bekommen, die wir alle ausgestellt ha­ben. Es war ein sehr komotter Abend.
R: Ja, wir waren über den großen Zuspruch sehr überrascht.

Von Flipt! 2005 zu Flipt! 2007: Wie ist das heurige Festival geplant?
Ch: Das Festival selbst findet am 19. April im Ro­then Krebs, im 1. Stock, statt. Wir werden das Gan­­ze wieder ähnlich wie im Salzamt präsentieren. Mit den eingereichten Daumenkinos, Visuals von 1n0ut und Prämierung der Ge­win­ner­Innen. Der Musik-Live-Act ist diesmal „Fattsa“ aus Wien.
R: Es gibt auch eine Ausstellung bei Mr. B (im Graben gegenüber Citykino/Stern). Wir wollten die Nähe zum Crossing Europe Filmpublikum ha­ben. Weil genau in dieser Woche viele Leute vom City Kino zum Moviemento und zurück spazieren. Und wir haben das Glück, dass Christine Doll­hofer vom Crossing Europe Festival unser Fes­tival vor zwei Jahren recht nett gefunden hat. So ist die Idee entstanden, unsere Ausstellung zu einem ähnlichen Zeitpunkt zu veranstalten.

Ihr filmt die Arbeiten ab. Wie wichtig ist der As­pekt des Materials und das haptische Erleben für euch?
R: Das reale, haptische Daumenkino ist uns sehr wichtig. Wir filmen zwar die Daumenkinos auch ab, weil wir wollen, dass bei der Eröffnung, bei der die PreisträgerInnen prämiert werden, alle Leu­te auch wirklich die Möglichkeit haben, alle Daumenkinos zu sehen. Das ist halt über Pro­jek­tion einfacher. Durch die haben wir die Mög­lich­keit, alle Daumenkinos dem Publikum kompakt und geordnet nach Kategorie zu präsentieren. Das Publikum soll ja im Endeffekt auch entscheiden, wer gewinnt.

Wie passiert dieses Publikumsvoting?
Ch: Das passiert über Wahlzettel. Die teilen wir während des Festivals aus. Auf diesen Zetteln sind alle TeilnehmerInnen mit einer Nummer drauf. Man wählt seine 3 FavoritInnen aus und die werden dann um Mitternacht prämiert.

Habt ihr irgendwelche Tipps für Ein­reicherInnen?
Ch: Am besten: fertige Daumenkinos schicken. Wir basteln keine einzelnen Seiten zusammen.
R: Es gibt eigentlich keine Tipps und wir wollen keine Grenzen setzen. Das wäre ja total fad, wenn wir eine Anleitung auf die Website stellen würden.
Ch: Experimente sind sehr willkommen.

Das zweite Daumenkinofestival Flipt! findet am 19. April, 20.00 h, im Rothen Krebs statt. Bis 13. April sollten die fertigen Daumen­kinos bei den Veranstaltern eingelangt sein. In weiterer Folge werden die Arbeiten von 23.-28. April bei Mr. B im Graben ausgestellt.
Weitere Infos unter: www.daumenkino.at

Dieses Gespräch ist in voller Länge als Audiofile auf cba.fro.at (Such­begriff: Daumenkino) downloadbar.

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04/07
FotoautorInnen: 
Marek Gut

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