Die Kardinälin
Peter Wagner, Musiker, Hörspiel- und Bühnenautor war am 15. 3. in der Kapu zu Gast.
Der Autor scheint auf den ersten Blick etwas eigenwillig. Ebenso eigenwillig, wie Erich Klinger, der ihn innerhalb einer zweiteiligen Lesereihe in der Kapu und auf Radio FRO eingeladen hat und in der Einführung des Abends mindestens genau so viel, wie er den Autor vorstellt, über sich selbst erzählt. Dieser freut sich über die unverhoffte Reise in die Vergangenheit, wo die Welt tatsächlich noch politischer war. Man ist leicht irritiert und gespannt.
Peter Wagner selbst wirkt ernsthaft, ein wenig chaotisch, wenn er erst jüngst Geschriebenes mit Erzählungen, wie es zum Text kam, unterbricht und kommentiert mit „ich muss mich erst zurechtfinden im Text“. Er zeigt – von wegen „zurechtfinden müssen“ – eine erstaunlich lebendige Art, in ein Stück oder einen Text mehr spielend, denn lesend, einzutauchen.
„Die Kardinälin“ ist ein Stück, das sich – gut recherchiert – mit der Psyche eines Hans Hermann Groer auseinandersetzt. Als Hintergrund diente nebst Originalzitaten auch Groers Buch: „Das Geheimnis Jesu im Mythos Mariens“ und der von Groer gegründete Marienorden, welcher in der Verehrung Mariens ideologisch vor allem ihre Zweitrangigkeit neben Gott begründete. Die Beschaffenheit des Textes lässt erahnen, dass sich Wagner wohl gut mit Elfriede Jelinek verstanden hätte, wäre er einem entsprechenden Ruf eines deutschen Schauspielhauses gefolgt. Er ist es nicht, hat (das kleine) Burgenland und noch mehr, die Möglichkeit, frei arbeiten zu können, einer möglichen Theaterkarriere vorgezogen. Dennoch: Die Kardinälin wird 2008 am Wiener Volkstheater aufgeführt. Und trotz mancher noch unausgereifter Passagen wünscht man sich fast, er würde es selber spielen.
Die Liebe zur Heimat, zum ostösterreichischen Dschungel war Motor des zweiten (ganz „frischen“) – höchst unterhaltsamen – Textes, nämlich „Die Burgenbürger, die ultimative Geschichtsschreibung eines weitgehend unbekannten Menschenschlages“. Wenn Hansi und Onkel Doktor Fred (Hans Nissl, LH Burgenland, Fred Sinowatz) eine Zeitreise im heiligen Buch der Burgenbürger unternehmen, kann es passieren, dass sie vom Himmel fallend auf einem Misthaufen des 20. Jahrhunderts ankommen, am dazugehörigen Hof mit allerlei (burgenbürgischen) (Miss-)
(t)Bräuchen konfrontiert werden, das eigenwillige Leben der Hiezendorfer Burgenbürger kennen lernen und nicht nur die soeben geborenen Zwillinge, sondern nebst allen Gegenständen selbst die Worte im Satz sich verdoppeln.
Resümee des Abends: Etwas mehr Gäste und die Frage, warum die literatur(hör-)freudigen Menschen immer nur ins Stifterhaus latschen. „Ihr wart ein ruhiges Publikum“, so Wagners Resümee, „ich hätte doch, so wie gestern etwas Politischeres lesen sollen.“
Wer den Abend versäumt hat: Die tags zuvor aufgenommene „etwas politischere“ Live-Lesung auf Radio FRO ist noch nachzuhören auf cba.fro.at – Summerau,96, Stichwort Peter Wagner. Fortsetzung der Reihe: Katharina Tiwald, 12. April, ab 20.00 h in der Kapu. !!!
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