Das Ende der Jugend
Über das Ende der Jugend zu mutmaßen, ist eine heikle Angelegenheit, zumal dann, wenn das der eigenen schon eine geraume Weile zurück liegt.
Die Rede vom Ende der Jugend kann zum einen bedeuten, dass es keine Jugend mehr gebe, dass sie, gleichermaßen aufgerieben zwischen Kindheit und Erwachsenenalter, verschwunden wäre. Vom Ende der Jugend zu reden, kann aber auch bedeuten, dass man der Ansicht wäre, dass über das Ende des Jugendalters zu diskutieren wäre, dass also Jugend als Lebensspanne zum Beispiel heute bis dahin, was man früher noch als mittleres Alter bezeichnete, reichen mag.
Wenden wir uns vorerst dem ersten Gedanken zu. Hier meint Ende der Jugend das Verschwinden derselben. Es ließe sich argumentieren, dass Jugend als besondere Lebenspanne nicht mehr existiert, dass das, was sie einst bezeichnete, nicht mehr zu finden wäre. Jugend als Übergangsphase von der Kindheit ins Erwachsenenalter, Jugend als Zeit der Selbstfindung des Subjekts, als Phase des Erprobens der eigenen Möglichkeiten und des Erfahrens subjektiver Grenzen, all das wären die Bilder, die hier zu evozieren sind.
Nun ließe sich durchaus begründet festhalten, dass beispielsweise gegenwärtige Kinder direkt von der Kindheit in einen Quasi-Erwachsenstatus taumeln, sich erwachsen gerieren und so als Mini-Erwachsene wahrgenommen werden. Früher nannte man das altklug, wie das heute heißt, weiß ich nicht.
Es hat was Paradoxes: Während die Alten nicht mehr in Würde zu altern wagen, ich komme weiter unten gleich darauf zu sprechen, scheinen die Jungen nicht früh genug alt werden zu können.
Nun klingt eine solche Argumentation rechtschaffen kulturpessimistisch, sie unterschlägt zu allererst die Bedingungen, unter denen Jugend und Alter gegenwärtig sich konstituieren müssen. Wenn denn Jugend im Verschwinden begriffen ist, dann wirft sich die Frage auf, warum dies so ist. Wir wollen nicht vergessen, dass Jugend (und Kindheit) historisch recht junge Phänomene sind, die wir mit den verschiedenen Phasen der Formierung unserer westlich-atlantischen Moderne in Verbindung bringen sollten. Jugend wird vorerst sichtbar als politisch, verbandlich und vereinsmäßig organisierte Formation, aber natürlich auch als Verkörperung (potentieller) Devianz. Den braven, sauberen, fleißigen und wackeren Parteijugendlichen stünden dann ungebührlich sich betragende „Eckensteher“ und Radaubrüder entgegen.
Halten wir gleich fest: Jugend ist hier ziemlich eindeutig männlich kodiert, weibliche Jugendliche kommen in diesen Diskursen (und Praxen) eher nur als Appendix vor.
Bis hierher haben wir es mit einer von außen definierten Jugend zu tun, egal ob sie angepasst oder abweichend gesehen wird, ihre „Jugendlichkeit“ ist wesentlich Produkt der Fremdperspektive.
Dies ändert sich, so lässt sich die Debatte kurz zusammenfassen, mit dem Paradigma der „Jugendkultur“, das nun durch die Eigendefinition der Jugendlichen wirksam wird. Jugendkultur als potentiell symbolisch widerständige Formation, die entlang von bestimmten, relativ dauerhaften Stilen sichtbar wird, beginnt in den 1950er Jahren. Sie endet, so würde ich meinen, spätesten mit den 1990ern. Vom „supermarket of styles“ ist die Rede, bestenfalls von Jugendkulturen (im Plural) können wir nun sprechen, eigentlich eher noch von einer beliebigen Pluralität der Stile, die ihrerseits die Bindung an bestimmte jugendkulturelle Formationen verloren zu haben scheinen.
Der Hintergrund für unseren Befund des Endes der Jugend hätte demnach sowohl mit dem Verlust der traditionellen Orientierungs- und Steuerungsmuster, als auch mit dem Verblassen verbindlicher, sinnstiftender jugendkultureller Praxen zu tun.
Noch einige kurze Anmerkungen zur zweiten Sichtweise vom Ende der Jugend; irgendwie widerspricht sie der ersten, wie sie sie ergänzt. Hier wäre Jugend als weit gestreckte Lebensphase zu verstehen, die sich über ihre Ausdehnung verschwinden macht.
Wenn Jugendlichkeit auch vom Alter eingefordert wird und jenes quasi verdrängt (es also nur mehr jüngere oder nicht mehr ganz so jugendliche junge Menschen gibt), dann verschwindet mit dem Alter auch das Besondere von Jugend, oder aber beide existieren nur mehr als groteske Parodie.
Freitag, 20. November, 19.00 h, Medien Kultur Haus:
Im Rahmen der YOUKI 11 Internationales Jugend Medien Festival diskutiert Roman Horak Robert Buchschwenters These mit der Journalistin, Autorin und Musikerin Christiane Rösinger (Lassie Singers, Britta, schreibt u.a. für taz, Tagesspiegel, Berliner Zeitung und Frankfurter Allgemeinen Zeitung)
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