Jugendkultur im Schlussverkauf

These zur „Jugend“ als Auslaufmodell für frühreife Kinder und ewig jugendliche Erwachsene.

Als Oscar Wilde bedauert hat, dass die Jugend an Leute verschwendet wird, die nichts damit anzufangen wüssten, war sie immerhin noch sehr jung, die Jugend – sprich: Eine Kategorie, die zur Beschreibung eines be­stimmten Lebensabschnitts und der damit verbundenen Lebensstile gerade erst seit ein paar Jahrzehnten begrifflich erfasst war.

Nachdem der Begriff sich etabliert und in der zweiten Hälfte des 20. Jahr-hunderts eine beispiellose Konjunktur mit allerlei mythischen Aufla­dun­gen erlebt hatte, muss man sich heute fragen, ob er nicht seit einiger Zeit ge­genstandslos geworden ist. Mit anderen Worten: Gibt es sie noch, die Jugend?
 
Verschwunden ist natürlich nicht eine ganze Altersgruppe. Aber nahezu im Verschwinden begriffen sind viele der Merkmale, welche die Gruppe der zwi­schen 14- und 20jährigen (oder waren es die 13- bis 25jährigen?) die längste Zeit unterscheidbar gemacht hat. Definiert man die Jugend als eine Pha­se der Identitätsfindung, lassen sich unter den heute 40jährigen ebensovie­le „Jugendliche“ ausmachen wie unter den 19jährigen. Betrachtet man sie als Zielgruppe eines bestimmten Unterhaltungsangebots der Kul­tur- oder Frei­zeit­industrie, rücken unweigerlich Kinder und Erwachsene mit ins Blick­feld, die große Segmente des gleichen Angebots für sich beanspruchen. Und so wie der „Teenager“ eine Erfindung der Unterhal­tungs­in­dus­trie der 50er-Jah­re war, ist die ganze Idee der „Jugendkultur“ mehr und mehr zu einem flächendeckend vermarkteten Mythos geworden.  

Was also bleibt unter diesen Umständen von der Jugend, wie wir sie bis-lang betrachtet haben? Was bleibt von ihrem Selbstverständnis, dem selbst die letzten Unterscheidungskriterien abhanden zu kommen scheinen? Und wie soll eine Jugendkultur aussehen, der möglicherweise ihre Prota­gonist­In­nen abhanden kommen?

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11/09

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