Kultur Neu?

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Ihre (unsere?) Meinung ist gefragt, meinte das Land OÖ und lud ein zur Präsentation eines Diskussionspapiers für ein neu­es Kulturleitbild für Oberösterreich, das – wenn einmal fertiggestellt – bis 2015 die oö. Kulturpolitik bestimmen soll. Ge­schätz­te 400-500 Menschen folgten der Ein­ladung.

Dass die Präsentation selbst kurz und schmerzlos, die wich­­tigsten Punkte streifend und zusammenfassend vor sich ging, war nach einer knapp eineinhalbstunden langen Wartezeit ge­füllt mit einleitenden Reden und frühzeitigen Rauchpausen eher angenehm. Für eine Diskussion im An­schluss blieb we­nig Zeit, nach einigen (leider auch kaum hörbaren) Wortmel­dungen wurde diese abgebrochen und man war – schwups – eingeladen, das fulminante Buffet zu genießen. Denn die ei­gent­lichen und interessanteren Dis­kussionen finden ja ohnehin nachher statt.

Soll man nun böse sein? Das wirklich attraktive Buffet hat kurz­fristig versöhnt, dass man sich zwischen so vielen Kul­tur­menschen ein wenig unsicher und eingeklemmt fühlt, weil man nicht weiß, wie man den Smalltalk am bes­ten han­deln oder vermeiden kann, dafür kann das Land OÖ nix, und halbwegs bald wieder gehen, das steht einem ohne­hin offen, wenn die Sache schon vorbei ist.

Etwas bedenklicher stimmt da schon, dass einem nur we­ni­ge Dinge hängengeblieben sind, wie: Das Land OÖ nimmt neben den zwei großen Zielen, Klimaschutz und Kampf gegen den Ter­rorismus??? auch Kultur sehr ernst, ist dabei beson­ders stolz darauf, Werte=Stifter zu bewahren (wir haben es 2005 durchaus bemerkt) und unter (junger???) lebendiger Kul­­tur fal­len unserem Landeshauptmann sofort Volkstanz­grup­pen ein, hmm.

Endlich erfrischend am Beginn der Diskussion im Anschluss fällt die (wenn auch laut Gerüchtebörse gebriefte) Rüge eines anwesenden Politikers über die mangelnde Frauenquote bei den RednerInnen, da hilft auch das Bekenntnis zu Gender Main­streaming nichts mehr (0 bleibt einfach 0) und die Forde­rung von Uli Böker, Bürgermeisterin aus Ottensheim, den Ge­mein­den, die oft nicht dazu bereit sind, Kultur auch in Geld zu bemessen, eine zwingende Vorgabe dafür zu geben, wieviel Geld dafür ausgegeben wird.

Immer wieder fällt auch die Bemerkung, dass Kunst und Kul­tur ganz strikt zu trennen sind, nicht unberechtigt kommt die Frage, wie viel Geld denn fürs eine und wie viel fürs andere vor­gesehen ist.

Auch noch in Erinnerung geblieben ist die Forderung, auf Eli­te­förderung nicht zu vergessen. Da dieser Punkt nicht präsen­tiert wurde, jedoch im Leitbild vorhanden war, beginnen wir nun bei Punkt 3.2 nachzulesen, wo sich unter dem Titel „Stel­len­wert von K u K in OÖ folgendes findet: OÖ Landesmusik­schulwerk und Brucknerorchester, erfolgreiche Künstler­In­nen, Kulturvereine und -initiativen in den Regionen, ehrenamtliches Engagement und Forum Volkskultur. Hmm.
Man beginnt zu verstehen, weshalb dieser Punkt bei der Prä­sentation ausgelassen wurde. Wenn zeitgenössische Kunst – so sie nicht erfolgreich (Th. Bernhard, Marlen Haus­hofer ...) war/ist, ganz einfach unter Kulturvereine und -initiativen in den Regionen (= Festival der Regionen bzw. KUPF-Verein), wel­che vorwiegend als Vermittler agieren, subsumiert wird, dann beginnt so manchen Frei­schaf­fenden – nicht so Erfolg­reichen jetzt schon der Schuh zu drücken.

Tja, und worum geht es eigentlich bei diesem Kulturleitbild, das – man ahnt es kaum – kurz vor 2009 abgeschlossen sein soll, und das in einem partizipativen Diskussions­pro­zess entstehen soll? Geht es tatsächlich um ein neues Leit­bild als Basis für nicht zuletzt zukünftige Förderpolitik, um eine Ziel­for­mulierung, welche auch entsprechende Rah­men­bedin­gun­gen – nicht nur für den Erhalt traditioneller, sondern auch für heute gelebte – Kultur entstehen lässt? Oder darum, mög­­lichst lang und breit zu diskutieren, an­stelle gleich(-)be­rech­tigte Forderungen zu stellen?

Soll man und wie kann man überhaupt mitdiskutieren?

Eingeladen dazu ist man über eine Internetplattform, in der bereits seit einigen Wochen ge­postet werden darf und soll, mittels einer Frage­bogen­aktion (welche nach bestimmten Zielgruppen ausgewertet werden soll) sowie über zahlreiche Veranstaltungen im folgenden Jahr, bei denen möglicherweise und hoffentlich mehr diskutiert wird, als an jenem Abend.

Näheres unter: www.kulturleitbild.at

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03/07

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