Leben in der Kuh

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Ich bin in einer Kuh aufgewachsen, wie sich das halt so gehört. Kühe sind schöne Tiere, innen drin­nen ganz warm. Wenn ich mich im Spiegel ansehe, erschrecke ich oft, weil ich so einen starken Husten habe. Besäße ich keinen Husten, wä­re ich ganz schön arm, bin also froh um meinen Husten – obwohl er mich quält, wenn ich Tango tanze. Jeden Donnerstag eröffne ich den Tango­abend in meiner Kuh. Es ist nur schade, allein in der Kuh Tango tanzen zu müssen. Ich bin ein gu­ter Tänzer, besonders wenn ich tanze. Da kann ich mich kaum im Zaum halten. Ich trinke Tee und rülpse, bin auch schon öfter auf meinem Tee ausgerutscht, da ich ihn vor lauter Getanze verschüttet hatte. Von außerhalb der Kuh konnte man das gut bemerken. Die Kuh verschlang dann nämlich meist eine Katze, die ich dann im Inne­ren der Kuh zu versorgen hatte. Das passierte jeden Donnerstag, wenn ich meinen Tangoabend hatte. Deswegen lebten mit mir schon sehr viele Katzen. Katzen leben länger mit Calgon. Tango ist ein tolles, hässliches Wort, wie Ursula. Eigentlich ist es in der Kuh ganz toll, selbst wenn man sich etwas einsam fühlt und wenn es auch sehr dunkel ist, tiefrot eben. Im kalten Winter gehen wir auf die Alm, rauf und runter. Dann ist es doch meist sehr kalt in der Kuh. Fasching ist dafür ganz lustig gewesen. Zurzeit sitze ich am Steuer meiner Kuh und lenke sie so hin und her, dass sie ganz schwanger wird. Das freut mich dann, denn ich bin dann nicht mehr so alleine. Manchmal ist es in meiner Kuh ganz schön eng, müssen Sie wis­sen. Denn ich bin selbst auch eine Kuh und doppelt so groß wie die Kuh, in der ich lebe. Ich trage meist 18 Paar Stöckelschuhe und einen dicken Fell­mantel. Durch die schlechte Witterung in meiner Kuh hängt Schimmel in meinem Haar, was sich natürlich auf meine Attraktivität nicht positiv, sondern quer durch meine Landschaft auf der Haut oberflächlich rückwärts auswirkt. Wenn Sie möchten, können wir uns nächsten Sonntag treffen und ich will Ihnen dann ein Kilo Faschiertes mit Uhu verkaufen. Ich finde, Uhu ist das beste Gleitmittel, es gibt nichts Besseres. Uhu hält alles together – was in einer Kuh extrem wichtig ist. Manchmal denke ich mir, es wäre wahrscheinlich besser gewesen, woanders aufzuwachsen, aber eine Umwidmung hätte meinen finanziellen Rah­men dermaßen gesprengt, dass ein Weiter­leben kaum möglich gewesen wäre. Doch bin ich auch so ganz zufrieden mit meiner Behausung – bin ich doch selbst auch eine Kuh und kenne mich so mit dem Gebrauch ganz gut aus. Ich hoffe, ich konn­te Ihnen einen interessanten Einblick in mein Leben geben. Wenn Sie das nächste Mal eine Kuh sehen, die eine Katze frisst, wissen Sie, dass ich gerade in meiner Kuh das Tanz­bein schwinge und müssen nicht erschrecken. Somit alles Gute für Ihren weiteren Lebensweg.

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03/07
FotoautorInnen: 
Fredl Hofer

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