Antigone, Sushi & Balkan Obstler

Die Theatergruppe bühne04 setzt auf Tradition und widmet sich wieder einmal mehr einem Klassiker der Theaterliteratur. Jean Anouilhs Stück Antigone findet in der Regie von Matthias Schloßgangl eine Linzer Inszenierung und in der Schauspielkünstlerin Rike Joeinig Verkörperung, die an Stelle von Bungee Jumping und Damenfederball vielmehr eine Vorliebe fürs Schnorcheln und Balkanschnaps teilt. Eine Annäherung von Martin K. Menzinger.

Es ist halt immer wieder so a bleede Gschicht ... Denn das Ende einer Tragödie beschwört in diesem Verhängnis Fluch immerzu aufs Neue das Trau­erspiel Tragik. König Ödipus sticht sich in der Verzweiflung seiner Erkenntnis als Sohn Mör­der seines Vaters und Gatte seiner Mutter und Bru­der seiner Kinder zu sein die Augen aus und zieht in der Begleitung seiner Tochter und Schwes­ter Antigone nach Kolonos in die Ver­ban­nung. Ödipus Söhne Polyneikes und Eteokles wie­derum zerstreiten sich um die Regentschaft in The­ben und dieser Bruderzwist endet im gegenseitigen Mord vor dem siebenten Tor der Stadt. König Kreon kommt an die Macht und Kreons Gebot teilt in der Willkür seiner Tyrannei die Welt Thebens in Gut und Böse. Denn während dem „Helden“ Eteokles im Ritual einer Bestat­tung alle Ehre zu Teil kommt, soll der „Verräter“ Polyneikes ohne Erde auf dem Leib und somit ohne Seelenfried in der Glut der Sonne schmoren. An dieser Stelle beginnt das Drama Antigone von Sophokles, das von Jean Anouilh im Jahre 1942 eine neue Stückfassung und 1944 in Paris seine Uraufführung fand. Jean Anouilhs Inter­pre­tation der Antigone wird in dieser Zeit zum In­be­griff des Widerstands gegen die deutsche Besat­zungsmacht und gestaltet sich auf Grund der Zeit­losigkeit des Stoffes zu einem Chamäleon der Literatur mit den verschiedensten Bearbeitungen von Berthold Brecht, Carl Orff bis zur Metalcore­band Heaven Shall Burn.

Antigones Part ist dieser einer Todgeweihten. Denn so widersetzt sich dieses Bündel Wider­spens­tigkeit in diesem Trieb Wahrhaftigkeit Kö­nig Kreons Verbot der Bestattung ihres Bruders Polyneikes und nimmt in der weiteren Folge des Geschehens alle Konsequenzen ihres Wider­stands auf sich. Antigones Handlung führt die Macht des Herrschers in der Bloßstellung aller Lä­cherlichkeit in die Ohnmacht und das eigene Leben in den Tod. Antigones Schicksal als Kind der Blutschande ist aber auch dasjenige eines Inzests ... Und die Schändung dieses Geschöpfs Anti­gone hält bis in die Gegenwart. Denn eine jegliche Stilisierung der Antigone zur Heldin An­ti­gone ist Verrat an dieser Figur und schließlich und schlußendlich ein Bekenntnis zur eigenen Feig­heit. Nun denn ... Der Fluch der Götter schleicht sich Schlangen gleich in diesem Rätsel Mensch von Generation zu Generation bis in die Furchen unserer Zeit und so sind wir also in diesem Frühjahr Zeuge einer Antigone Inszenierung der bühne04. In der Regie von Regisseur Mat­thias Schloßgangl spielen Rike Joeinig, Michael Kuttnig, Rudi Müllehner und Andrea Schnitt. spotsZ sprach einige Tage vor der Premiere im Rahmen eines Exklusivinterviews mit der Linzer Antigone Darstellerin Rike Joeinig.

Was ist Ihr Zugang als Schauspielerin zur Figur der Antigone von Anouilh?
Ein ganz spontaner, scheinbar banaler ... Groß­artig, dass eine junge Frau in einer von Männern dominierten Welt allen die Stirn bietet. Völlig losgelöst vom Druck, gefällig sein zu müssen und zu wollen und alle von ihr erwarteten Rollen­kli­schees zu verweigern.

Was ist das „verfluchte“ an bzw. in dieser Rolle der Antigone?
Das unsägliche und unausweichliche Ende. In wie fern bestimmt sie ihr Schicksal wirklich selbst und wo entsteht eine Dynamik, die ein auto­no­mes und selbstbestimmtes Handeln nur vorgaukelt. Ist doch alles „verflucht“ und somit schon lange vorher festgelegt und vorgezeichnet.

Die Antigone ist als Kind der Blutschande auf eine schicksalsträchtige Art und Weise Gefangene ih­rer eigenen Geschichte und somit alles andere als „frei“. Wie geht es Ihnen als Schauspielerin in diesem „Kerker Antigone“?
Schlecht. Obligatorisches Glaserl Wein und die Zi­garette sollen den Ausstieg ermöglichen. Per­ma­nen­tes Spannungsfeld zwischen bedingungsloser Empathie und zwingender Distanz muß immer wie­der neu in Balance gebracht werden.

Die Figur der Antigone ist ja ohne Zweifel ein Klas­siker der Theaterliteratur und in diesem Sinne eine den Schauspielkünstler bis auf den Grund seiner Schauspielkunst fordernde, ja um nicht zu sa­gen erschütternde Rolle ... Wie sehen Sie für sich persönlich diese Herausforderung?
Zu jeder Vorstellung und jeden Abend aufs neue mich mit meinen Kollegen ihrem Schicksal zu stel­len. So gut wie wir das können. Mit offenem Vi­sier.

Und nun drücken wir noch a bissale die Posse Saloppe.
Wenn ich morgens in den Spiegel guck, da denk ich mir Menschenskind ...
Glück gehabt.

Mit meinem Frisör sprech ich über Kochrezepte und ...
die neue Gala.

In der Sauna säße ich gern mit Oliver Kahn oder ...
dem Dalai Lama.

Bungee Jumping oder Damenfederball?
... Schnorcheln.

Burger King oder Bio Tofu?
... Sushi.

Whiskey oder Sprudel?
... Schnäppschen. Am liebsten Obstler vom Bal­kan.

Na dann Mal Prosit Freunde. Das Theaterstück Antigone sehen Sie im Kulturzentrum HOF, Ludlgasse 16 in Linz am 02./09./10./11./
16./17./18./23./24./25./30./31. März und am 01. April.
Reservierungen unter 0699/11399844.

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03/07
FotoautorInnen: 
Reinhard Winkler

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