Von Badewannen und Seifenopern
Wels hat nicht immer Kaiserwetter, dafür aber immer schon ein Kaiserpanorama. Und das befindet sich nicht im Freien, sondern im Medien Kultur Haus, kurz MKH, in der Pollheimerstraße 17. Gemeint ist mit dem Kaiserpanorama keineswegs ein schöner Rundblick über die Landschaft, vielmehr handelt es sich dabei um einen seltenen, antiken Dia-Apparat, ein so genanntes stereoskopisches Rundpanorama. Das Gerät vermittelt dem Betrachter einen dreidimensionalen Bildeindruck.
Das Kaiserpanorama ist annähernd gleich alt wie das Gebäude selbst, letzteres wurde zwischen 1901 und 1904 von zwei Wiener Architekten errichtet. Damit ist der Dia-Projektor wohl das längst dienende Medienabspielgerät im Haus, das immer noch in Verwendung ist. In den vergangen Jahren hat das Kaiserpanorama im MKH so einige Konkurrenz bekommen. Hinter der späthistoristischen Fassade haben sich allerlei Kameras, Kabel und Computer eingenistet. Denn was wäre ein Medienkulturhaus ohne Medien?
Das Welser MKH in seiner heutigen Zusammensetzung existiert seit September 2003. Insgesamt sind es drei Organisationen, die sich über den Trägerverein Medien Kultur Haus organisieren und vernetzen: Die Galerie der Stadt Wels, der Verein Media Space und das Informationszentrum Buch.Zeit.
Bereits 1971 zog die Galerie der Stadt Wels in das Gebäude ein. Zuerst noch im Dachgeschoss beheimatet, bezog sie wenige Jahre später das Erdgeschoss, wo auch heute noch der größte Ausstellungsraum zu finden ist. Das Büro befindet sich im hinteren Teil des Gebäudes im ersten Stock.
Die Galerie der Stadt Wels ist keine Galerie im klassischen Sinn, sondern vielmehr ein (öffentlicher) Kunstverein, wie es ihn auch in vielen anderen Städten wie Graz, Salzburg oder Frankfurt am Main gibt ist. Regelmäßig, meist in Personalien, werden Werke bedeutender zeitgenössischer Künstler und Künstlerinnen ausgestellt.
Den vielen hundert Jugendlichen, die alljährlich in der vorletzten Novemberwoche das MKH regelrecht stürmen, wird aber das reichlich einerlei sein. Sie kommen wegen der YOUKI, dem größten Jugendfilmfestival in Österreich. Die YOUKI bietet die bedeutendste Werkschau österreichischer JungfilmerInnen und ist zugleich Treffpunkt für Medieninteressierte aus ganz Europa. Rund 4.500 BesucherInnen verzeichnete die YOUKI im vergangenen Jahr. Die YOUKI ist nicht allein ein Filmfestival, auch wenn die Präsentation diverser Filme von Jugendlichen einen Schwerpunkt darstellt. Die YOUKI versteht sich vielmehr als umfassendes Medienfest: Workshops zur Praxis des Filmens in den Bereichen Regie, Videoschnitt und Kamera werden ebenso angeboten wie spezielle Abendvorführungen. Partys mit Musik und Visuals, eine Festivalzeitung und ein Festivalradio gibt es noch dazu.
Jede Institution hat ihre eigenen Schwerpunkte und Aktivitäten, doch auch gemeinsam realisieren die Galerie der Stadt Wels, die YOUKI und Buch.Zeit verschiedene Projekte. Bestes Beispiel ist der „MKH Nachtdienst“, eine zweiwöchentliche Veranstaltungsreihe, die mittlerweile ihre 35. Auflage zählt. 35 stimmt nicht ganz, eigentlich handelt es sich schon um Nummer 36 – denn den 32. MKH Nachtdienst hat man aus Versehen zweimal begangen. In der Regel werden zum MKH Nachtdienst KünstlerInnen, SchriftstellerInnen, FilmemacherInnen und andere Kunst- und Kulturschaffende zu einer geselligen Zusammenkunft mit angeschlossenem Barbetrieb eingeladen.
Für alle gemeinsamen Projekte stehen dem MKH an operativem Budget rund 28.000 Euro zur Verfügung. Damit finanzieren die Vereine unter anderem das Sommerprojekt, eine Unternehmung, bei der sich Jugendliche im Juli und im August intensiv und auf kreative Weise mit Medien auseinandersetzen. Im Sommerprojekt 2003 produzierten das MKH unter der Regie von Robert Buchschwenter zwei Pilot-Folgen einer Soap Opera (zu deutsch Seifenoper).
Regelmäßig hält auch eine der drei Institutionen im MKH Workshops ab. Ob Trickfilmworkshop, Erstellung eines Printmagazins, oder das Drehen einer Kurz-Doku – die Auswahl an Workshops war in den vergangenen Monaten vielfältig und geeignet für Kinder und Jugendliche von sechs bis Mitte zwanzig.
Eine Herausforderung für das MKH ist zuweilen, dass ausreichend Publikum bei den Veranstaltungen erscheint. Das ist kein Novum in der Kulturarbeit, und gerade in ruralen Gebieten hat es Medienkultur schwer. Als Vorbild bei der Lösung dieses Problems könnte das poolbar-Festival in Feldkirch in Vorarlberg dienen. Um genug BesucherInnen zu verzeichnen, führt die poolbar ihre Veranstaltungen im Sommer und in den Weihnachtsferien durch – Zeiten, zu denen auch Studierende in der Region sind. Zwar ist die programmatische Ausrichtung der poolbar nicht vollkommen ident mit jener in Wels, doch die kultur- und soziopolitischen Rahmenbedingungen sind ähnlich. Die poolbar versteht sich vorrangig als Festivalveranstalter und sekundär als Vermittler von Medienkultur, während das MKH in erster Linie eine Art medialen Open-Space zur Verfügung stellt.
Ein Großteil der KonsumentInnen von Medienkunst und Medienkultur kommt selbst aus dem Medienbereich. Die RezipientInnen sind oft also auch selbst ProduzentInnen bzw. in Ausbildung – und umgekehrt. Dieser Kreislauf funktioniert in Orten zwischen Provinz und Ballungsraum wie Wels oder Feldkirch zuweilen nur unzureichend. Daran ändert wohl auch das Welser Kaiserwetter nicht viel, noch kann das Kaiserpanorama viel dabei ausrichten.
& Drupal
spotsZ - Kunst.Kultur.Szene.Linz 2006-2014