take over, die Dritte
Nach „take over 1“ und „take over 2“ (siehe auch das Online-Archiv auf waschaecht.at) kommt nun Numero 3! Zwar sind die ersten beiden Konzerte „2 Foot Yard“ und „Fatima Spar & The Freedom Fries“, die im März stattgefunden haben, schon vorbei. Aber Anja Plaschg alias „Soap & Skin“ singt noch für uns am 11. April und die kalifornische Sängerin und Songwriterin Eleni Mandell mit Band beehren uns am 16. Mai. Und sie geht selbstverständlich noch nachher weiter, die Reihe der Frauen, die ohne viel nackte Haut exzellente Musik machen.
„Zieh keine Stöckelschuhe an, gehe mit schweren Schritten und trainiere deine Unterarme!“. So werden die Mädels in den Konservatorien auf das Probespiel für ein Orchester vorbereitet. Denn das findet meist in der ersten Runde hinter einem Vorhang statt, um allen TeilnehmernInnen die gleichen Chancen einzuräumen. Der jedoch schon mal um 10 cm gekürzt wird ...! Der größte Vorhang bleibt für die Musikerinnen jedoch (fast immer) geschlossen. Denn wie schon der Vorstand des berühmtesten österreichischen Orchesters sagt: „... die Wiener Philharmoniker sollen ein Männerverein bleiben, auch in der Kirche gelte das Wort, dass die Frau schweigen solle“*.
Anderer Schauplatz: Das Popbusiness. Musikerinnen wie beispielsweise Madonna verkaufen tonnenweise Tonträger. Christina Aguilera und andere gewinnen Grammys und MTV-Awards. Warum? Weil sie Bilder und Stereotype zeigen, die dem Publikum vertraut sind. Nackte Haut zum Beispiel. Oder wenn sie wie Tatu als lesbisches Pärchen erscheinen und damit auch einen typisch männlich kodierten Voyeurismus bedienen. Im Popbusiness scheinen also Frauen zu dominieren. Ein realistisches Frauenbild vermitteln sie aber nicht.
Im Bereich der elektronischen Musik ist der öffentlich präsente Frauenanteil jedoch noch immer gering. Obwohl das internationale Netzwerk femalepressure.net über 1000 weibliche DJs auflistet. Auch die Experimental- und Indiemusikszenen zeichnen sich nicht unbedingt durch einen zahlenmäßig höheren Musikerinnenanteil auf den (inter)nationalen Bühnen aus. Obwohl es nicht am Angebot scheitert.
Wenn es also genügend weibliche Musikschaffende gibt – warum um alles in der Welt sieht man dann so wenig Frauen auf der Bühne?
Solange Musikmagazine und Radiostationen, Veranstalter ... etc. von Männern und vom männlichen Blick dominiert werden wird sich die Situation nicht ändern. Es gab (und gibt) jedoch immer wieder Versuche, dem männerdominierten Status Quo gegenzusteuern, indem Frauen ihr eigenes Ding machen. Zum Beispiel existieren Frauenfestivals und feministische Musikfestivals seit den 1970er Jahren und erhielten mit dem „Third Wave Feminismus“ eine Neuauflage. Im Bereich der Jazzmusik gab es lange Jahre das Canaille Festival, bei dem ausschließlich Musikerinnen miteinander improvisierten und spielten! Die Riot Grrrls der 90er Jahre gaben feministischen Zusammenschlüssen und Festen einen anderen, einen revolutionäreren Charakter. Der Gedanke des ersten Ladyfestes 2000 in Olympia, der Heimstätte der Riot Grrrl Bewegung, war unter anderem: „Wenn euch dieses Festival gefällt, nehmt es mit nach Hause und macht selbst eines – nach eurem Gutdünken, mit euren lokalen Strukturen!“
Mit der Veranstaltungsreihe „take over“ hoffen wir die Aufmerksamkeit auf das Geschlecht der Performerinnen zu lenken, ohne dieses zu einem Kuriosum zu machen. Eigentlich wollen wir das Thema „Gender“ unterstreichen, aber auch wieder nicht. So eine Veranstaltungsreihe wird die Situation zwar kaum beseitigen. Wir hoffen aber, dass sie Diskussionen anregt.
* Vorstand der Wiener Philharmoniker am 23.03. 1992 in der ZIB 2
Infos zu Konzerten und Veranstaltungen
unter www.waschaecht.at, w8@servus.at
oder 07242/51521
Eleni Mandell bei „take over 3“
Anja Plaschg alias „Soap & Skin“
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