„Fürchtet euch nicht“

Ein Heimkehrerabend im Lentos

Wer eine Reise tut, hätte was zu erzählen, sagt man. Und damit von der bei der Heimkehr noch frischen Erinnerung nichts verblasst, muss man sie auch gleich weitergeben an die Zuhausegebliebenen. In Ermangelung eines Dia-Vortrags gereicht da visuell unterstützend auch mal ein Filmtrailer zur Ehre. Und so startet die Zwischenbilanz der Hubert-von-Goi­sern-Linz-Europa-Tour-2007-09 im Lentos vor über 300 Schaulustigen mit einer Roh­aus­wahl jenes Materials, das dann als 5-Episoden-Doku nächstes Jahr im ORF zu sehen sein wird. Im Bild: Das Schiff, die Musiker, das Leben an Bord, der Kampf gegen Wind und Wet­ter, Konzerte, das Eiserne Tor, von Pferden gezogene Traktoranhänger osteuropäischer Holz­bauweise und das Erreichen des Donaudeltas. Gut, dass man das noch mal zeigt. Es hilft den Besuchern sich einzufühlen. Beeindruckt bedenken sie alsdann auch den wasserfesten Linz09-Botschafter mit warmem Applaus.

HvG selbst ist von all den Eindrücken immer noch wie in Trance, erfüllt, müde, aber vor allem sehr charmant. Einem spitzbübischen Erzähleropa gleich zieht er die dankbaren Be­sucher in seinen Bann und bringt so lange eine Anekdote nach der anderen, bis dass man den Saal emotional vermessen kann: In den vordersten Reihen die uneingeschränkt Faszi­nierten (wohl auch schon vorher und überhaupt), in den mittleren Reihen die sich hingezogen Fühlenden und ganz hinten die von wohlwollend bis skeptisch Distanzierten. Doch auch am Ende des Saals fehlt nicht die vereinnahmende Klammer, personifiziert im Auf­sichtsratsvorsitzenden jener Glaubenskongregation, die den Kulturhauptstadt-Messias gen Osten entsandt hat. Dorthin, wo sie alle Konzerte so schlecht beworben haben, so wenig kooperierten, aber die braven Künstler gegen alle Widerstände auftraten und sogar gegen Macho-Mini-Oligarchen heldenhaft Widerstand leisteten.

Legitimiert durch das Reisefazit „Fürchtet euch nicht“ – wir uns nicht vor dem Osten, der Osten sich nicht vor sich selbst und nicht vor uns (also der EU halt) – darf HvG uns von Soli­darität, Nächstenliebe und Toleranz erzählen. Und noch mehr als das: Er darf das als Sinn seines Projekts behaupten. Denn die da unten glauben jetzt alle, wir sind so wie HvG. Und das sei ja nichts Schlechtes, meint er. Weil wir jetzt nicht nur als die Organisierten, sondern auch als veritable Gefühlsmenschen dastehen. Da lacht das Linzerherz. Denn von einer Tugend war den ganzen Abend kaum die Rede: Von der Kunst.

Und noch eine Moral von der Geschicht’: Selbst die dünnste Suppe trägt noch ein Schiff. Nächstes Jahr dann stromaufwärts.

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10/07

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