Das wandlungsfähige OK

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Das Offene Kulturhaus hat Ende August wiedereröffnet. Zu Positionierung und Neupositionierung, zu Gründungsgedanken und Kulturbezirk, Linz 09 und ?Kunst in die Stadt? wurde Genoveva Rückert, seit vier Jahren Kuratorin am OK, befragt.

Mit der Neueröffnung des OK hat sich das Haus mit neuem, alten Wortlaut im Logo präsentiert: Was bedeutet die Rückbenennung von „O.K – Centrum für Gegenwartskunst“ auf die ursprüngliche Benennung „Offenes Kultur­haus“? Inwiefern spielt es heute noch eine Rolle, dass das OK zu Beginn fast ausschließlich als Produktionshaus etabliert wurde?
Hinter dem Kürzel OK hat immer das Offene Kulturhaus gesteckt und das Centrum als Zusatzbezeichnung war einerseits sperrig und andererseits ist es von der „Markenpolitik“ schlicht nicht mehr nötig, diese beschreibende In­formation bei so einem eingeführten Namen mitzutransportieren. Die Pro­duktion ist nach wie vor zentral, womit gemeint ist, dass viele Arbeiten spezifisch an KünstlerInnen vergeben werden, die diese dann vor Ort mit dem Team entwickeln. Das ist eine Praxis, die zur Gründung des Hauses sehr au­ßergewöhnlich war und den neuen Anforderungen der Kunstproduktion (z.B. raumgreifende installative Arbeiten, analoge Videoproduktion, etc.) ent­gegen kam. Auch wenn das für unsere BesucherInnen nicht vordergründig ersichtlich ist, ist es eine völlig andere Qualität, ob man mit den Künst­ler­Innen gemeinsam etwas entwickelt oder ausschließlich mit Leihgaben Aus­stellungen zusammenstellt.

Das OK hat mittlerweile eine fast 20-jährige Geschichte. Welche konzeptu­el­len Gründungsgedanken haben sich bewährt? In welche Richtungen gab es Veränderungen? Gibt es darüber hinaus langfristige konzeptuelle Perspek­ti­ven, was einen eigenständigen Kulturbezirk rund um den Platz anbetrifft?
Stimmt; das OK als Initiative des Landes Oberösterreich besteht bald seit
20 Jahren. Die damals formulierten Richtlinien haben sich als so tragfähig erwiesen, dass sie im Prinzip auch heute noch gültig sind. Ausgehend von einem nicht als Museum konzipierten (d.h. nicht sammelnden) „Kunsthaus“, das sich am veränderten Kunstbegriff (Abkehr von den klassischen bildnerischen Medien, Neue Medien, prozessorientierte und ortspezifische Arbei­ten, oder Crossover zu Akustik und Musik, etc.) orientierte, stehen wir nach wie vor hinter den Eckpfeilern: Produktion, internationale Ausrichtung an den neuesten Entwicklungen in der bildenden Kunst, Förderung der regionalen Szene, gleichwertiger Einbezug von Frauen. Nicht zuletzt macht das kla­re Profil und die programmatische Ausrichtung auf Medienkunst und Ins­tallation in einer Stadt wie Linz, mit seiner für die Größe der Stadt ungewöhnlich vielen guten Institutionen im Bereich der Gegenwartskunst viel Sinn. Seit der Gründung hat sich nicht nur in der Kunst sehr viel getan (die Malerei ist wieder da, verschwunden ist eher die Skulptur, die digitale Me­di­enkunst hat einen Sonderweg genommen ...), und das OK hat sich von einer kleinen Einrichtung zu einem großen, international renommierten Institution entwickelt. Das OK ist aber eine sehr wandlungsfähige Insti­tu­tion geblieben, und dass ist auch eine Qualität von Martin Sturm – er hat einerseits eine Vision wohin das OK sich entwickeln soll (wofür er auch Un­terstützerInnen gewinnt), und andererseits hält er sein Team in den laufenden Überarbeitungen in Schwung. Zum Kulturbezirk: Der existiert ja ohnehin, jetzt wird er so benannt.

In welchem Zusammenhang stehen Umbau und Neupositionierung des Hau­ses zum Kulturhauptstadtjahr? Die Trilogie „Kunst in die Stadt“ wurde 2007 außerhalb des Hauses mit Schaurausch begonnen und wird bis 2009 fortgesetzt. Welche Rolle spielt Linz 09 im Haus und welche Rolle spielt die Neu­kon­zeptionierung des Hauses und des Platzes innerhalb der Positionierung von Linz 09?
Der Umbau selbst ist nur ein weiterer Schritt, aber ein guter Anlass, um vieles wie das CI in Angriff zu nehmen. Seit einigen Jahren arbeitet das OK verstärkt daran über unsere „Fangemeinde“ hinaus andere Publikums­schich­ten anzusprechen und auch an unserer/m Position/Bekanntheitsgrad in Linz. Wichtig sind daher der 2003 gegründete Freundesverein und Koo­pe­rationen, die das OK stärken und gegenseitig etwas bringen. Die OK friends sind mehr als Beiwerk, das ein Ausstellungshaus heutzutage „hat“, sie sind wichtige ReflexionspartnerInnen, und abseits der üblichen Ver­mitt­lung unseres Programms wurde nicht nur die neue Bezeichnung und das Lo­go mit ihnen diskutiert, sondern ist es uns auch wichtig, Feedback zu programmatischen Entscheidungen zu bekommen. 2009 ist natürlich ein wichtiges Thema, und das OK hat sich einfach schon früh überlegt, dass es sich stark einbringen möchte. Mit der Ausstellungsreihe möchten wir nicht zu­letzt auch die Öffentlichkeit, die Linz 09 schafft, nutzen, um die zeitgenössische Kunst, für die das OK steht, einem breiten Publikum nahe zu bringen. Für uns ist es nicht nur eine spannende Herausforderung außerhalb der Ins­titution zu „spielen“ sondern auch die Kunst im öffentlichen Raum gut zu vermitteln. Natürlich ist das OK auch ein starker Partner, der sowohl die Infrastruktur, als auch das Know-how und Kontakte einbringt, um so große Projekte im städtischen Raum überhaupt stemmen zu können.

Das neu gebaute Gebäude wird als Multifunktionsgebäude betitelt. Abge­se­hen von einer Schlagwortbezeichnung in dem Sinn, dass mehrere Bereiche wie Museum, Kino, Lokal zusammengefasst werden: Spiegelt diese Archi­tek­tur des Multifunktionsgebäudes eine neue Organisationsstruktur des neuen OK wieder?
Die stärkere Verbindung mit Moviemento und dem Gelben Krokodil be­steht im Wesentlichen aus einer gemeinsamen Eingangszone im Gebäude des alten OK, in dem die beiden schon lange Mieter waren. Dazu kommt mit dem Solaris eine neue Bar/ein neues Cafe ins Haus. Das, was schon immer da war, aber räumlich getrennt, arbeitet jetzt gemeinsam. Zeitgenössische Kunst braucht ein vitales Umfeld, eine energetische Aufladung, die wir da­mit zu erreichen hoffen. Das neue Gebäude ist eigentlich ein Bürogebäude mit einem wunderbaren neuen Kinosaal. Für uns bietet der Neubau außerdem den Vorteil, durch die ausgesiedelten Büros im OK mehr Platz für Kunst & Kommunikation zu haben und in Verbindung mit den anderen Part­nern und der Gastronomie am Platz den Standort attraktiv zu machen (was vom Projektträger Land OÖ als Kulturbezirk bezeichnet wurde). Unsere lang­jährige Zusammenarbeit, sei es bei Crossing Europe – Filmfestival Linz (XE) oder informell ist so einfach sichtbarer, organisatorisch bleiben wir ge­trennt, auch wenn mehr ineinander greift.

Welche konkreten gemeinsamen Kooperationsprojekte sind von OK und Mo­vie­mento demnächst zu erwarten? Und als Abschlussfrage: Was waren deine persönlichen Ausstellungshighlights aus den vergangenen Jahren?
Sichtbar und programmatisch werden wir an der Verbindung zwischen Kunst & Film arbeiten – also an XE oder, wie gerade jetzt am Taiwan Cross­over (vom 28.09-07.10). Das OK nimmt sich damit auch einer Tendenz der zeitgenössischen Kunst an, die immer stärker in Richtung hochprofessioneller Umsetzung filmischer Arbeiten geht.
Wichtige Projekte waren/sind für mich der Bien­nale Cuvée, der zeigt, was das OK als das Beste aus zahlreichen internationalen Biennalen auswählt (und damit Trends aufzeigt und unsere Schwerpunkte spiegelt), Shake – Staatsaffäre als Ausstellung, die für die sozialen und gesellschaft­lichen Themen steht, mit denen sich das OK be­schäftigt; aber auch die vielen Neuproduktionen, die sich v.a. in Reihen zeigen, wie jenen der kleinen, feinen XE-Einzelausstellungen von Siegfried A. Fruhauf, Corinna Schnitt oder Sejla Kameric, erster internationaler Werkschauen wie der von Candice Breitz, Leo Schatzl und Esra Ersen, oder eine Soloausstellung von einem der „Großväter-Ge­neration“ Roman Signer, der für viele Künst­ler­Innen, mit denen wir gearbeitet haben, eine wichtige Referenz ist – als Auseinandersetzung mit der eigenen institutionellen Geschichte.

www.ok-centrum.at

Genoveva Rückert, geboren 1974 studierte Kunstgeschich­te, Kulturmanagement, Bildnerische Erziehung und Techni­sches Werken in Graz, Linz und Karlsruhe. Seit 2003 ist sie Kuratorin am OK Offenes Kulturhaus Oberösterreich, seit 2005 Lehrbe­auftragte an der Kunstuniversität Linz.

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10/07
FotoautorInnen: 
Pressefoto OK

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