Prix, Ars und Bier

Es gibt ein neues Bier zu entdecken. Ein vollmundiges. Ein kunstliebhabendes. Ein „kulinarisches“. Das Linzer Café zum Rothen Krebsen präsentiert in Coop mit der Stiftsbrauerei Schlägl und dem Institut für erweiterte Kunst stolz: Das Rothkrebschen Märzenbier. Gnadenloser Selbstversuch von Christian Wellmann.

Alkohol und Kunst sind schon seit Anbeginn auf einem Kuschelkurs, eine heilige Symbiose unter guten Freunden, wenn man so will, bei der der im­mer wieder gern herbei zitierte Teufel kräftig um­rührt. Also in etwa: Ohne Alkohol keine Kunst und umgekehrt. Wobei sich ein schmaler Grad von der Inspiration zur Destruktion auftut: Oft pro­biert, meistens gescheitert.
Der Linzer Kunst- und Kulturverein IFEK (Institut für erweiterte Kunst) hat die Idee entwickelt, Bier und Kunst zu kreuzen. Das IFEK besteht vorwiegend aus AbsolventInnen der Kunstuniversität Linz. Der Sitz ist in der Altstadt von Linz, direkt an den Ufern der Donau, und beherbergt in seinen Räumlichkeiten neben Atelier-, Präsen­ta­tions- und Büroräumlichkeiten auch das blendend frequentierte Café zum Rothen Krebs, einem Ver­net­zungspunkt für Ideen von Kunst- und Kultur­schaf­fenden.

Dieses Institut für erweiterte Kunst hat in Ko­o­pe­ration mit dem Grand Café zum Rothen Krebsen und der Stiftsbrauerei Schlägl ein neues Bier für Genießer „das Rothkrebschen Märzenbier“ auf die bierwütige Bevölkerung losgelassen. Nicht um­sonst hat Österreich inzwischen die Silberme­dail­le im Bierkonsum pro Kopf (weltweit) umgehängt bekommen. Platz eins nimmt immer noch Tsche­chi­en ein, ein schwer einzuholender Gegner ... Deutsch­land wurde brutal auf den dritten Platz zu­rückgestoßen und somit eine Niederlage zugefügt, die ärger schmerzen dürfte als die Cordoba-Schmach von 1978. Dieses Rothkrebschen-Bier ist nicht nur in Aussehen und Geschmack neu, es fließt auch ein Teil der Einnahmen in die Finan­zie­rung eines Kunstpreises „des Prix Ars Rothen­krebschen“. Die über ein Jahr gesammelte Sum­me wird im Zuge der Verleihung dieses Preises vergeben. Im Herbst 2009 wird ein Preis ausgeschrieben, der 2010 entschieden wird. Kunst wird zumeist von öffentlichen Geldern finanziert, die aber oft keine ausreichende Basis für eine Um­set­zung ist. Mit dem Krebschen-Bier kann nun jeder zum Mäzen werden, zumindest: Mit diesem alternativen Weg können Kunstinteressierte schon durch den Erwerb eines Bieres Kunst sozusagen ak­tiv fördern. Kunstmäzentum vom Einzelnen aus­gehend und Alkoholkonsum als Bindeglied zwischen guter Tat und ästhetischem Trinkver­gnü­gen. Über das Kulturhauptstadtjahr hinaus soll das Bier langfristig und nachhaltig KünstlerInnen und Kunst­projekte unterstützen. Dieses Bier ist als Fass­bier und in Form einer 0,33 l-Flasche erhältlich. Die 20 verschiedenen Etikettrückseiten wurden u.a. von Dietmar Brehm, Sylvia Eckermann, Geli­tin, Herbert Lachinger, Hauenschild/Ritter gestaltet. Eine Bierflasche als Kunstwerk und das schöner als bei Weinetiketten, wird das Bild doch erst über das Austrinken der Flasche ganz sichtbar. Heimbasis des Erwerbs ist zwar das Café Rothen Krebsen, jedoch gibt es das Flaschenbier auch als 9er-Box zu erstehen. Es ist im Linzer Raum zu­stell­bar oder vor Ort unter anderem im Lentos, Area 53 und Galerie Stock in Wien erhältlich. Zudem gibt es bereits einige Anfragen für weitere Ver­kaufs­stellen, wie vom Röda in Steyr.

Das Rothkrebschen Märzenbier ist ein sehr na­tür­liches Bier, das man auf den ersten Schluck raus schmeckt. So auch die Unisono-Meinung der Test­per­sonen, die sich wie der Verfasser des Textes er­­barmungslos der Probe und Analyse des mysteriösen Hopfengetränks hingaben. Werden doch in diesem Bier „nach einer Rezeptur von Patrick Bau­müller“ Kümmel, Gewürznelke, Galgant, Mal­ve, Kar­damom, Koriander, Tausendgüldenkraut und Hop­fen zu einem einzigartigen Bier vermengt. Al­len Inhaltsstoffen werden gesundheitsfördernde Ei­genschaften zugesagt, die auch nach dem Kon­sum mehrerer Getränke in den Vordergrund zu treten scheinen, und für den nächsten Tag keine ne­gativen Überraschungen einer Verkaterung oder Schlimmeres parat hält. Zu dieser Einsicht, die na­türlich subjektiv die Kurve kratzen will, bin ich je­doch unbestechlich und unvoreingenommen ge­kommen. Außer dem praktischen Drehverschluss fällt vor allem der Genießer-Aspekt positiv auf. So meinte auch eine sich als Weintrinkerin outende Verkosterin sehr positiv überrascht zu sein, und sich durch die dezente „Gewürzlastigkeit“ des Bie­res angezogen zu fühlen. „Die Natur des Bieres wahrnehmen“, meint eine der Testpersonen ge­schmäcklerisch. Vergleiche zu belgischen Bier­sor­ten, die aber zumeist stärker sind, drängen sich ebenso auf, wie gewisse vollmundige britische Ale-Sorten. Die Beschreibung zum Hopfengenuss des Rothkrebschens bietet einen unverzichtbaren Tipp für alle BiertrinkerInnen: „Die östrogenähnlichen Stoffe des Hopfens sorgen im Übermaß genossen jedoch für eine Zunahme des Bauchumfangs (Bier­bauch). Daher sollte man den Hopfen bei Neigung zum dicken Bauch eher sparsam einsetzen.“

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05/09
FotoautorInnen: 
Gipsy

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