Fröhliche AutorInnenverlage

Am 5. März präsentiert sich im Rahmen des Linzer Frühlings im Wissensturm der Wiener Autorenverlag Edition ch, der bei dieser Gelegenheit auch gleich sein zwanzigjähriges Bestehen feiert. Drei AutorInnen aus der Edition werden lesen – Maria Böning, Ilse Kilic sowie auch der Verlagsleiter Günter Vallaster.

Ilse Kilic betreibt mit ihrem Lebensgefährten Fritz Widhalm selbst einen Au­torInnenverlag: Das Fröhliche Wohnzimmer. Im Shop und Veranstal­tungs­zen­trum des Fröhlichen Wohnzimmers, dem originellen „Schweine­mu­seum“ in der Florianigasse 54 mitten im achten Wiener Gemeindebezirk, plau­der­ten Ilse Kilic, Fritz Widhalm und Günter Vallaster über Licht- und Schat­ten­seiten des Autorenverlegertums.

Die Edition ch feiert ihr zwanzigjähriges Bestehen. Wie kam es zu dieser Grün­dung, und was hat sich in diesen zwanzig Jahren alles getan? Und was lässt sich unter einem Autorenverlag überhaupt verstehen?
Günter Vallaster: AutorInnenverlage sind Verlage, bei denen die, die so einen Verlag betreiben, auch selber schreiben, und es AutorenkollegInnen er­möglichen, Bücher zu publizieren, die sonst in Verlagen nicht unterkommen. Nicht weil sie schlecht wären, sondern weil sie ästhetisch und poetisch aus der Reihe tanzen und gewissen schematisierten Erwartungs­hal­tun­gen wi­der­laufen. Die Edition ch wurde Ende der 80er Jahre von der Schrift­stel­ler­in Christine Huber gegründet. Huber selbst hatte als Autorin star­ke An­knüp­fungspunkte zu anderen Bereichen der Kunst, der bil­denden Kunst, der Mu­sik, der Lithographie, insgesamt dem Bereich der visuellen Poesie. Die­ses Kon­zept mit Schwerpunkt Visueller Poesie sollte im Rahmen dieses Autor­In­nen­verlages umgesetzt werden, und das ist auch ge­schehen, das ist das, wo­für die Edition ch bis heute steht. Wenngleich es in­ner­halb dieser Kon­ti­nu­ität allerdings auch Bruchstellen gab, denn die Edi­tion ch wurde in diesen zwanzig Jahren der Reihe nach von vier verschiede­nen Personen geleitet. So hat Huber die Edition ch in den frühen 90er Jahren an Franzo­bel weitergegeben; da war sie bereits gut einge­führt, hatte einen Namen in ei­nem Seg­ment, einer Nische. Man wusste, wo­für die Edition ch steht. Nach­dem sich Franzobel stärker auf das eigene Schrei­ben konzentriert hat, hat 1997 dann Lisa Spalt die Edition übernommen, die sie aus ebendiesen Grün­den dann 2004 an mich weitergegeben hat. Ich hatte gerade an der Uni Inns­bruck ein Forschungsprojekt beendet, und auch selbst Texte geschrieben, da hat mir das gleichsam gut in meinen eigenen Lebensplan und zu meinem ei­genen Zu­gang zur Literatur gepasst. Und es war für mich auch eine sehr gute Gele­gen­heit, mit dem fröhlichen Wohn­zimmer, in dem ich 2001 mein erstes Buch herausbringen konnte, in di­rekten Kontakt und Austausch vor Ort zu treten.

… mit dem fröhlichen Wohnzimmer, das ebenfalls ein Wiener AutorIn­nen­ver­lag ist, und beinahe 25 Jahre auf dem Buckel hat.
Ilse Kilic: Das Fröhliche Wohnzimmer ist eigentlich aus einer Band mit dem gleichen Namen hervorgegangen. Aus der persönlichen Freundschaft mit Chris­tine Huber haben sich zwischen uns viele Diskussionen ergeben über die Li­teratur, die wir selber machen und die wir gerne lesen. Wir ha­ben dann auch eine Literaturzeitschrift gegründet und gesehen, dass es vie­le Texte gibt, von denen man weiß, dass sie wichtig wären und die literarische Land­schaft wesentlich bereichern würden, ja, die innerhalb dieser Land­schaft eigentlich notwendig wären. Manche Texte, die vielleicht sehr experimentierfreudig oder ungewöhnlich sind, finden aber schwer ein Forum, und über­haupt ha­ben es speziell junge AutorInnen sehr schwer, bei einem Verlag unterzukommen.
Fritz Widhalm: Wir sahen auch, dass es andere AutorInnenverlage gab, das Freibord zum Beispiel, die Edition Neue Texte und die Herbstpresse, das hat uns gezeigt, es ist also möglich, als Teil der eigenen AutorInnentätigkeit auch anderen Texten an die Öffentlichkeit zu helfen. Wir haben begonnen, handgebundene und vom Cover her handbemalte Bücher herauszugeben, und sie über den Handverkauf zu vertreiben, um den Wirkungskreis zu er­wei­tern. Heute sind diese Bücher im Übrigen alle vergriffen. Da diese Ar­beits­­weise aber mit der Zeit zu aufwendig wurde, haben wir uns an die damalige Brü­cke-Druckerei gewandt, eine selbstverwaltete, linke Drucke­rei, und auf diesem Weg dann zum ersten Mal eine Anthologie mit gut 40 Autor­In­nen herausgegeben. Die AutorInnennamen, das war das besondere, standen nicht über oder unter dem jeweiligen Text, sondern in einem weiterfüh­renden Verzeichnis. Die Idee dabei war, dass das Pu­blikum nicht gleich auf die be­kannteren Autor­In­nen zugeht und die anderen außen vorlässt, son­­dern ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu ver­­wirk­li­chen. Da haben wir im Übrigen auch zu un­serem Logo­tier gefunden: Dem Schwein. Ein an­­geb­lich dreckiges Tier, aber auch ein sozial kompetentes, ein spürnasiges, das Lec­ker­bissen wie die Trüffel er­schnüffeln kann.

Was sind so die Freuden und Leiden des Auto­ren­verlagbetreibens? Man kann damit angeblich sehr viel Geld verdienen.
GV: Das, was ich da mache, ist natürlich eine Art unbezahltes Ehrenamt, und ich selbst muss unabhängig davon ganz normal arbeiten. Geld gibt’s da­­für keines, aber: Die Bücher gibt’s! Und das fin­de ich schön. An Geld habe ich ja auch gar kein In­­te­res­se. Ich kann publizieren und etwas schaffen, und habe da immer wieder meine Glücks­mo­men­te. Materiell kann man von so einer Sache nicht le­­ben, immateriell je­doch kann ich davon sehr gut leben!
IK: Die Idee vom Geldverdienen kann man im Zu­sammenhang mit Kleinverlagen sicher und schnell vergessen. Im Wesentlichen läuft’s darauf hinaus, dass wir pari sind, und das ist schon gar nicht ein­­mal so wenig. Am Anfang haben wir auch Schul­­den gemacht, und oft keine Unterstützung er­hal­ten. Worauf man bei Projekten dieser Art auf­­pas­sen muss ist, dass man vor lauter Be­geis­te­rung und Tatendrang nicht stark in die roten Zah­len rutscht und sich dauerhaft verschuldet. Be­reu­en tun wir unsere damalige Idee heute selbstverständlich nicht. Wir haben jetzt 88 Bücher von 51 Autor­In­nen herausgebracht, sehr viel ge­lernt, ge­lacht … Es ist eine Art Lebenshaltung ge­wor­den.

Wie blickt ihr allgemein in die Zukunft von Auto­renverlagen? Tatsache ist, dass wie in der Wirt­schaft allgemein kleinere Verlage von den größeren zusehends an die Wand gedrückt werden, wenn­­gleich man auch darüber diskutieren könnte, ob das jetzt grundsätzlich etwas Neues darstellt. Im Rahmen der Wirtschaftskrise dürften aber davon unabhängig Kürzungen der öffentli­chen Förde­run­gen ins Haus stehen. Können Auto­renverlage da län­gerfristig überleben?
IK: Werden die Mittel reduziert, bleibt nichts mehr übrig. Vor fünf Jahren hätten wir wohl gesagt: Es wird in der Zukunft schon irgendwie gehen. Heu­te bin ich da vielleicht pessimistischer. Und zwar im ganz allgemeinen Sinn: Wird es überhaupt noch Möglichkeiten geben für einen AutorInnen-Ver­lag, zu entstehen? Wird es für AutorInnen, die sich ab­seits vom Mainstream bewegen, Möglich­kei­­ten ge­ben, irgendwo unterzukommen? Oder wird al­les im­mer stromlinienförmiger und profit­orientier­ter, so­dass es – neben der alltäglichen Sorge ums eigene Überleben – kaum noch Mög­lich­­kei­ten gibt, sich „non-profit-mäßig“ für ein Mit­­ei­nan­der und für das Entstehen neuer (Lebens- und Schaf­fens)Formen einzusetzen? Es wird ja im­mer viel darüber ge­schimpft, aber: Ich bin ein Fan des Gießkan­nen­prin­zips der öffentlichen För­derun­gen. Denn wo nicht gegossen wird, da kann auch nichts wachsen.
FW: Die Subventionen sind sowieso schon minimal. Aber wir arbeiten ja daran, das zu ändern: Wir schaffen das Bundesheer ab und stellen die Gel­der dann für die Kultur zur Verfügung (lacht). Und zwar für die ganze Kultur.
GV: Die Mittel, die uns von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden, sind so und so schon mal relativ bescheiden, wenn’s noch weniger wird, würde gar nichts mehr gehen. In der öf­fentlichen Kulturförderung klafft die Schere weit auseinander, und oftmals werden unter dem Deck­­mantel der staatlichen Förderung ganz einfach Gel­­der ver­schoben. Aber es wird natürlich wei­terhin eine Edition ch geben! Die Edition ch wandert ja auch schließlich. Allerdings kann die Edi­tion ch nur funk­tionieren, wenn auch die Au­tor­Innen mit­ma­chen und sich einbringen.
IK: Ja, das Gemeinsam-an-einem-Strang-ziehen, das ist auch unsere Wunschvorstellung. Wir wollen ein­fach, dass in gemeinsamer Arbeit ein schönes Buch entsteht, an dem Autor oder Autorin und wir unsere Freude ha­­ben. Und gerade, weil es für uns Klein­verlage ver­triebsmäßig nicht so viele Möglich­kei­ten gibt, hof­fen wir auch hierbei auf Zu­sam­men­ar­beit mit den AutorInnen. Und das hat sich bisher meistens bewährt.

Links, Veranstaltungen: Das fröhliche Wohnzimmer www.dfw.at
In Oberösterreich gehen Ilse Kilic und Fritz Widhalm demächst auch dem Thema „What you really need“ im Rahmen eines Pro­jekts des MKH Wels auf den Grund, Termine:
14.04. in Linz in der Buchhandlung Thalia, 17.00 h
16.04. im MKH Wels, 20.00 h

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03/09
FotoautorInnen: 
Das fröhliche Wohnzimmer

Im AutorInnenverlag „Das fröhliche Wohnzimmer“ von Ilse Kilic und Fritz Widhalm erschienen: Ein Schweinecomic.

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