Editorial
„Reisende Produktionen“, die einen selbstverständlich integrativen Anspruch von Kunst und Kultur in unterschiedliche Richtungen praktizieren sind ein lockeres Schwerpunktthema dieser Ausgabe. In diesem Sinn wieder die übliche Zielsetzung von spotsZ.
Das erste Beispiel für einen interessanten, integrativen Ansatz von Kunst betrifft die Ausstellung „Last Minute“, die noch bis Mitte des Monats in der Galerie Wels zu sehen ist. Künstlerisches Thema ist hier einerseits der Brückenschlag von Massentourismus zu zeitgenössischer Kunst – andererseits besticht die Galerie Wels mit einem erfrischenden, mittlerweile manchmal fast vergessenen experimentellen Ansatz von Kunst: Wenn Galeriechef Günter Mayer sagt „Wir waren selbst gespannt, was die Leute mit nach Hause bringen“, dann heißt dies nichts anderes, als in die ausgewählten KünstlerInnen genug Vertrauen zu setzen, um das Unerwartete der eigenen Idee in Kauf zu nehmen – und nicht ein Experiment lediglich für die Zuschauer vorzuexerzieren, dessen Ergebnis für die Macher durch vorauseilende Reputationen oder Einmischungen risikofrei und kalkulierbar bleibt.
Ebenfalls noch in halber Urlaubsstimmung kommt der Artikel von Ingo Leindecker daher: Im Juli machte sich eine Radio Fro Delegation auf den Weg nach Sambia, um dem dort lebenden Volk der Tonga die Selbstorganisation mit Hilfe eines Community Radios zu erleichtern. Der Reisebericht heißt treffenderweise „Wir, die von unten kamen“ und meint damit nichts anderes als praktizierte Ansätze zu Selbstermächtigung und Empowerment.
„Wir, die von oben kamen“ könnte man im Gegensatz dazu einen neuerlichen Schifffahrtsbericht über die Linz09 und Hubert von Goisern Tour nennen, neuerlich und nach vielen anderen prominenten KritikerInnen auch von unserem Autor Wolfgang Schmutz als eben nicht integrativ, nicht im Sinne einer Begegnung, sondern im Gegensatz als antagonistisch und arrogant kritisiert. Mit einem Schiff vor Anker zu gehen und bestimmte Erwartungen zu stellen, hat gedanklich vielleicht dann doch mehr was mit Eroberung denn mit Austausch zu tun. Um nicht in der „alles und jede Kritik absorbierenden“ Stimmung der Feel-Well-Heimkehrer Party aufgehen zu müssen, hat Wolfgang Schmutz für uns einen Artikel über die Mystik jenes Stromes verfasst, über den sich Linz09 und Sponsor Red Bull in die Länder des Ostens eingeschleust haben: Die Donau.
Experimentell und tatsächlich geografisch weit gereist ist auch der Theatermacher Peter Brook, der im Posthof im Oktober das Gastspiel „The Grand Inquistor“ gibt. Er, der das Theater als „stets sich selbst zerstörende und immer in den Wind geschriebene Kunst“ und demnach auch als immer zu erneuernde Form bezeichnet, widmet sich dem Thema 9/11. Julia Binter hat das seit einiger Zeit tourende Stück bereits im Landestheater Niederösterreich gesehen und berichtet. Auch interessant, was den Posthof selbst betrifft, ist das Herbstplakat des Hauses: Es übertitelt die Programmhighlights mit „Linz normal“ und „Herbst 07“, was in Bezug auf Linz 09 auch schon leicht angefressen klingt. Zu diesem Thema hat aber Wiltrud Hackl auf der letzten Seite Genaueres formuliert.
Was ist abschließend zu sagen? Ein kleiner Wels Schwerpunkt hat sich mit Beiträgen zu Mode und VJing ergeben, was gut so ist. Und was noch? Es gäbe ja immer noch viel mehr zu berichten.
Die spotsZ* Redaktion
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