Der glückliche Augenblick

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Der glückliche Augenblick ist eine Idee und ein Geschäftslokal von Heidemarie Penz. In der Herrenstrasse 3 geht’s in erster Linie einmal ums (Nicht-)Rauchen. Andererseits geht es aber auch um die Nutzung leer stehender Geschäftslokale, um Revitalisierung von Räumlichkeiten und darum, mit persönlichen Anliegen auf kommunikativ lustvolle Weise an die Öffentlichkeit zu gehen. Heidemarie Penz verfolgt sowohl in der Vermittlung ihrer Idee als auch in der Aufwendung ihrer materiellen Ressourcen ein querdenkerisches Prinzip.

Heidemarie, du bist für Leute da, die mit dem Rauchen aufhören wollen, was bietest du an?
Ich verfolge die Idee, dass nicht zu rauchen ansteckend sein könnte. Es geht bei mir um praktische Tipps, um Informationsaustausch, ich biete eine In­for­­mationsdrehscheibe ohne gewerbliche Zwecke. Ich spreche nicht an, wa­rum und wie jemand raucht oder gerade im Moment nicht aufhören kann, mache auch keine psychologische oder sonstige Beratung, verkaufe keine Kur­se oder Rauchentwöhnungsbehelfe. Grundsätzlich ist es so, dass jeder schon mit seiner Lösung bei mir hereinkommt. Ich habe den pragmatischen Ansatz, den- oder diejenige darin zu bestärken, bzw. eventuell noch über verschiedene Ansätze zu sprechen.

Wie bist du auf diese Form der Vermittlung gekommen – und woher kommt dieses große private Engagement gegen das Rauchen?
Eine Motivation dazu war ein Besuch in den Staaten, in New York. Dort gibt es die unterschiedlichsten Geschäfte, die alle gemeinsam haben, dass sie ver­suchen, es dir leicht zu machen. Das ist für Europäer geradezu ein un­glaub­licher Luxus. In einer Umlegung auf den Gesundheitssektor geht es ge­nau darum: es den Leuten leicht zu machen – sie brauchen nur hereinzu­kommen, quasi ebenerdig im Vorbeigehen. Der andere Grund war meine ei­gene Betroffenheit, als ich mit dem Rauchen aufhören wollte. Ich war mit mei­ner eigenen Empfindung konfrontiert: Wenn ich mit dem Rauchen aufhöre, ist es mit meinem Leben vorbei. Sucht ist einfach derartig intensiv und komplex an alle Lebensbereiche gekoppelt und das Zusammen­recher­chie­ren von unterstützenden Materialien war extrem. Ich war schockiert, dass jeder, den es betrifft, das für sich alleine machen sollte.

Du nutzt vorübergehend leer stehende Räumlichkeiten? Wie finanzierst du deine Arbeit, du hast immerhin 5 Tage die Woche von 11 bis 19 Uhr geöffnet?
Ja, ich bewege mich innerhalb von leer stehenden Geschäftslokalen. Es ist aber nicht so, dass diese nur für Betriebskosten zu haben sind, dafür gibt es in Linz dann doch noch zu wenig Leerstände. Ich bekomme die Räum­lich­keit für eine geringe Miete und renoviere sie. Das ist gut für mich, den Ver­mieter und die ganze Umgebung, da das in gewisser Weise einer Revita­li­sierung eines Gebäudes oder der Belebung einer Strasse zugutekommen kann. Ein renovierter Raum in einem frequentierten Viertel kann schnell wieder vermietet werden: In meinem vorigen Geschäftsgebäude konnte in­ner­halb kürzester Zeit ein Nachmieter gefunden werden, mein Vermieter hatte also was davon, mich so günstig zu beherbergen. Für mich heißt das dann weiterziehen. Ich agiere damit in diesem großen Problemfeld des Ver­falls der Innenstädte. Es gibt dazu ja einige Studien – es ist sehr problematisch, wenn Mieten lange Zeit künstlich hoch gehalten werden.

Insgesamt verfolge ich ein unternehmerisches Konzept mit unternehmerischem Risiko. Meine Fixkosten habe ich durch privates Geld vorfinanziert und ich werde nun versuchen, durch diverse Stiftungen Geld hereinzubekommen. Ich glaube daran, dass ich die Sache zum Laufen bringen kann und habe aus meinem beruflichen Vorleben auch dementsprechende Erfah­rungen. Die Frage des Erfolges wird sich in ideeller und auch finanzieller Wei­se stellen: Ich habe mir selbst eine Frist von zwei Jahren gesetzt, mein Stichtag ist der 23. Dezember 2007.

Gibt es eine Kultur des Rauchens und Nichtrauchens?
Das ist in erster Linie eine Frage des Kulturbegriffes. Ich denke, eine Kultur des Nichtrauchens aus einer besonderen Haltung gibt es nicht, weil man das ja dann einfach nicht macht. Antikampagnen selbst sind keine Kultur: Es ist eine unmögliche Diskriminierung, zum Beispiel intelligente Menschen als rauchende Idioten hinzustellen. Ich sehe im Rauchen aber mehr gesellschaftliche Übereinkunft als Kultur. Rauchen schafft Nähe unter den Rau­chern – umso mehr, je mehr die Raucher diskriminiert werden. Es besteht die Möglichkeit, das Rauchen als Epidemie zu sehen, wie Malcolm Gladwell es tut – wo ist dann der Startpunkt zu finden? Er führt als Etablierung einer ungesunden Idee das Beispiel eines jugendlichen Selbstmörders an: In Mi­kro­nesien im Südpazifik verübte vor relativ kurzer Zeit ein 17-jähriger Selbst­­mord, was zuvor dort nicht vorkam. Er etablierte damit den Selbst­mord als Möglichkeit – als Reaktion auf Liebeskummer. Seither gibt es meh­rere Fälle von jugendlichem Selbstmord auf der Insel, in der heimischen Musik wird der Selbstmord idealisiert. Es wäre nun interessant zu fragen, wo ist der Punkt, ab wann etwas eine gesellschaftliche Möglichkeit wird. Bezie­hungs­­weise umgekehrt: Wo ist der Punkt, dass etwas gesellschaftlich Uner­wünschtes nicht zu einer kulturellen Ausprägung wird. Das Rauchen ist zweifelsohne ein ganz starkes Suchtmittel, das Bilder imaginiert, bzw. Bilder mit persönlichen Erinnerungen, Filmszenen, intensivem Leben koppelt. Dann startet noch die Werbemaschinerie und verstärkt die Bilder und konstruiert einen kulturellen Zusammenhang. Die Ver­knüp­fun­gen der Bilder mit dem Rauchen, die dann entstehen, sind hochkomplex und sie aufzulösen scheint unmöglich.

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10/06
FotoautorInnen: 
tb

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