Der glückliche Augenblick
Heidemarie, du bist für Leute da, die mit dem Rauchen aufhören wollen, was bietest du an?
Ich verfolge die Idee, dass nicht zu rauchen ansteckend sein könnte. Es geht bei mir um praktische Tipps, um Informationsaustausch, ich biete eine Informationsdrehscheibe ohne gewerbliche Zwecke. Ich spreche nicht an, warum und wie jemand raucht oder gerade im Moment nicht aufhören kann, mache auch keine psychologische oder sonstige Beratung, verkaufe keine Kurse oder Rauchentwöhnungsbehelfe. Grundsätzlich ist es so, dass jeder schon mit seiner Lösung bei mir hereinkommt. Ich habe den pragmatischen Ansatz, den- oder diejenige darin zu bestärken, bzw. eventuell noch über verschiedene Ansätze zu sprechen.
Wie bist du auf diese Form der Vermittlung gekommen – und woher kommt dieses große private Engagement gegen das Rauchen?
Eine Motivation dazu war ein Besuch in den Staaten, in New York. Dort gibt es die unterschiedlichsten Geschäfte, die alle gemeinsam haben, dass sie versuchen, es dir leicht zu machen. Das ist für Europäer geradezu ein unglaublicher Luxus. In einer Umlegung auf den Gesundheitssektor geht es genau darum: es den Leuten leicht zu machen – sie brauchen nur hereinzukommen, quasi ebenerdig im Vorbeigehen. Der andere Grund war meine eigene Betroffenheit, als ich mit dem Rauchen aufhören wollte. Ich war mit meiner eigenen Empfindung konfrontiert: Wenn ich mit dem Rauchen aufhöre, ist es mit meinem Leben vorbei. Sucht ist einfach derartig intensiv und komplex an alle Lebensbereiche gekoppelt und das Zusammenrecherchieren von unterstützenden Materialien war extrem. Ich war schockiert, dass jeder, den es betrifft, das für sich alleine machen sollte.
Du nutzt vorübergehend leer stehende Räumlichkeiten? Wie finanzierst du deine Arbeit, du hast immerhin 5 Tage die Woche von 11 bis 19 Uhr geöffnet?
Ja, ich bewege mich innerhalb von leer stehenden Geschäftslokalen. Es ist aber nicht so, dass diese nur für Betriebskosten zu haben sind, dafür gibt es in Linz dann doch noch zu wenig Leerstände. Ich bekomme die Räumlichkeit für eine geringe Miete und renoviere sie. Das ist gut für mich, den Vermieter und die ganze Umgebung, da das in gewisser Weise einer Revitalisierung eines Gebäudes oder der Belebung einer Strasse zugutekommen kann. Ein renovierter Raum in einem frequentierten Viertel kann schnell wieder vermietet werden: In meinem vorigen Geschäftsgebäude konnte innerhalb kürzester Zeit ein Nachmieter gefunden werden, mein Vermieter hatte also was davon, mich so günstig zu beherbergen. Für mich heißt das dann weiterziehen. Ich agiere damit in diesem großen Problemfeld des Verfalls der Innenstädte. Es gibt dazu ja einige Studien – es ist sehr problematisch, wenn Mieten lange Zeit künstlich hoch gehalten werden.
Insgesamt verfolge ich ein unternehmerisches Konzept mit unternehmerischem Risiko. Meine Fixkosten habe ich durch privates Geld vorfinanziert und ich werde nun versuchen, durch diverse Stiftungen Geld hereinzubekommen. Ich glaube daran, dass ich die Sache zum Laufen bringen kann und habe aus meinem beruflichen Vorleben auch dementsprechende Erfahrungen. Die Frage des Erfolges wird sich in ideeller und auch finanzieller Weise stellen: Ich habe mir selbst eine Frist von zwei Jahren gesetzt, mein Stichtag ist der 23. Dezember 2007.
Gibt es eine Kultur des Rauchens und Nichtrauchens?
Das ist in erster Linie eine Frage des Kulturbegriffes. Ich denke, eine Kultur des Nichtrauchens aus einer besonderen Haltung gibt es nicht, weil man das ja dann einfach nicht macht. Antikampagnen selbst sind keine Kultur: Es ist eine unmögliche Diskriminierung, zum Beispiel intelligente Menschen als rauchende Idioten hinzustellen. Ich sehe im Rauchen aber mehr gesellschaftliche Übereinkunft als Kultur. Rauchen schafft Nähe unter den Rauchern – umso mehr, je mehr die Raucher diskriminiert werden. Es besteht die Möglichkeit, das Rauchen als Epidemie zu sehen, wie Malcolm Gladwell es tut – wo ist dann der Startpunkt zu finden? Er führt als Etablierung einer ungesunden Idee das Beispiel eines jugendlichen Selbstmörders an: In Mikronesien im Südpazifik verübte vor relativ kurzer Zeit ein 17-jähriger Selbstmord, was zuvor dort nicht vorkam. Er etablierte damit den Selbstmord als Möglichkeit – als Reaktion auf Liebeskummer. Seither gibt es mehrere Fälle von jugendlichem Selbstmord auf der Insel, in der heimischen Musik wird der Selbstmord idealisiert. Es wäre nun interessant zu fragen, wo ist der Punkt, ab wann etwas eine gesellschaftliche Möglichkeit wird. Beziehungsweise umgekehrt: Wo ist der Punkt, dass etwas gesellschaftlich Unerwünschtes nicht zu einer kulturellen Ausprägung wird. Das Rauchen ist zweifelsohne ein ganz starkes Suchtmittel, das Bilder imaginiert, bzw. Bilder mit persönlichen Erinnerungen, Filmszenen, intensivem Leben koppelt. Dann startet noch die Werbemaschinerie und verstärkt die Bilder und konstruiert einen kulturellen Zusammenhang. Die Verknüpfungen der Bilder mit dem Rauchen, die dann entstehen, sind hochkomplex und sie aufzulösen scheint unmöglich.
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