Buchtipps
Christian Steinbacher
Zwirbeln, was es hält
Haymonverlag, 2006
„Und, fällt die Tass’ bald um so, wie’s gefällt? Was trübt den Druck denn noch? Zusammenhänge? Von vorhin das, war’s nicht verbockt genug?“
Neben leichtfüßigen Flecken und Flocken zu Beginn finden sich versponnene Kunststücke ebenso wie freundlich gesinnte Persiflagen. „Schwamm darob“ greift ins Erotische, aber auch in den Witz. Und das beschließende Langgedicht besingt einen kleinen Spaziergang durch einen sehr durchschnittlichen Tag. „Poesie liegt nicht im Besonderen des Welt-Details, sondern im besonderen Blick darauf.“
Thomas Glavinic
DIE ARBEIT DER NACHT
400 Seiten: 22,10; Hanser
„Wo waren die Leute? Wo war er? Kein Mensch. Nirgends.“ Jonas ist erwacht. Es ist ein Morgen wie jeder andere. Kaffee zum Frühstück. Die Zeitung liegt nicht vor der Wohnungstür, wie letzten Monat schon einmal. Als aus Radio, Fernsehen und Internet auch nur Rauschen kommt, beginnt die erste Irritation. Das Telefon bei seiner Freundin klingelt ins Leere. Jonas tritt auf die Straße. Jetzt ist keine Täuschung mehr möglich. Er ist allein. Kann ein Mensch leben, wenn alle Menschen verschwunden sind? Ihre Welt und ihre Dinge sind geblieben: Straßen, Supermärkte, Bahnhöfe, alles ist leer. Er irrt durch Wien, durch die vertrauten Straßen, durch die Wohnungen, die ihm bekannt sind, doch nichts gibt ihm Antwort: ist er der einzige Überlebende einer Katastrophe? Haben die Einwohner die Stadt verlassen und sind woanders? Glavinic erzählt mit ständig wachsender Spannung von einem Menschen, der erfährt, was Menschsein heißt, wenn es keine Menschen mehr gibt. Wenn die Erinnerung an die eigene Vergangenheit das einzige Leben in einer toten Welt zu werden scheint.
Tony Judt
GESCHICHTE EUROPAS
VON 1945 BIS ZUR GEGENWART
1024 Seiten; 35,90; Hanser
Europa, der sogenannte alte Kontinent, hat sich in den letzten 6 Jahrzehnten so rasant verändert wie kaum eine andere Region der Erde. Dem Weltkrieg folgte der Kalte Krieg, was für die Hälfte der Europäer 40 Jahre diktatorische Herrschaft bedeutete. Die Revolutionen seit 1989 überwanden die Teilung, setzten fast überall die Demokratie durch und schufen die Voraussetzung dafür, dass sich immer mehr europäische Nationen der EU anschließen konnten. Was den Europäern bisher fehlte, war eine Geschichte, die ihre Gemeinsamkeiten genauso herausstellt, wie sie ihre Unterschiede erklärt. Judt hat diese Herausforderung angenommen und ein Meisterwerk geschrieben. Sein Buch arbeitet die großen Linien heraus: In der Politik, Gesellschaft, Kultur, im Alltag. Europa, viel zu oft nur als abstrakte Idee gehandelt, gewinnt Farbe und Gestalt auch in Regionen die der Westen in den Jahrzehnten des Kalten Krieges aus den Augen verloren hat.
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spotsZ - Kunst.Kultur.Szene.Linz 2006-2014