Letzte Sommernächte im Park­hotel

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Morgens wurde ich geweckt vom Pfeifen eines Hundebesitzers. Immer und immer wieder, als sei der Hund einfach nicht unter Kontrolle zu bekommen. Oder waren es mehrere Hunde und deren pfeifende Besitzer? Ein Essay im Rückblick auf den Sommer 2006 als Gast im neu implantierten Röhrenuniversum zu Ottensheim.

Ich frage mich, wie viel man – schreibt man für ein Linzer Stadtmagazin – eigentlich voraussetzen kann beim Schlagwort Parkhotel. Ist Linz nicht klein genug, dass sich so etwas Kurioses wie ein Hotel in drei Kanalrohren (oder sollte ich es innerstädtischen Campingplatz nennen?) herumgesprochen hat? Und dann erst im nahe gelegenen Ottensheim, wo ich als Fremder freundlich vom Pritschenwagen aus gegrüßt wurde? Und dennoch: Hat man erst mal das Nummerncode­schloß an der Tür ausgetrickst (für späte Gäste emp­fiehlt sich dringend die Mitnahme eines Feu­er­zeuges zur besseren und einzigen Sicht), wird man nicht allein gelassen und mit Fragen überhäuft. „Ah – und ich dachte, die wollen da irgendwas bauen, aber dass man darin schlafen kann …,“ stellte eine Ottensheimerin neben mir leicht kopfschüttelnd fest. Lokale SpaziergängerInnen wie in­ternationale RadfahrerInnen hal­ten inne und tei­len das eigene Staunen über das darin Ver­borgene. Ein Bett, eine Nachttischlampe, dunkelgraue Felddecken. Das ist der nette, aber auch an­strengende Nebeneffekt an einer Nacht im Park­hotel: Während man keinerlei Kontakt mit Rezep­tionisten oder leise huschendem Personal hat, son­­dern völlig anonym (max330@gmx.at) buchen und einchecken kann – quasi ein Hotelzimmer aus dem Supermarkt – übernimmt man die Rolle des Concierge. Schnell wird man zum Fremden­führer im ca. 2 Meter großen Röhrenuniversum und erklärt den verwunderten PassantInnen das System. Eingebucht wird via Internet, bezahlt, so viel man will. Das Geld hinterlässt man am Nacht­­kästchen wie eine Gabe an unsichtbare Hein­zel­männchen, die unbemerkt die Betten ma­chen. Das alles weiß man selbst wie­derum auch nur aus dem Internet. Zugegeben, es hat schon ein we­­nig etwas Automatenhaftes. Ich denke da an die Schokoriegel im Snack­auto­ma­ten am Bahn­­hof. Willst du einen haben, folge den Anwei­sun­gen am Display. Dass man sich beim Darin-Schla­fen auch wie einer dieser Riegel fühlen kann, liegt dann wohl auf der Hand. Ich bemesse die Qua­lität der von mir besuchten Hotelzimmer an der Dauer, die ich mich im Wachzustand darin auf­halten will. Ein Beispiel: Ein gedämpftes Zim­mer mit Textiltapeten und schweren Vorhängen hochwertig, Jugendherberge letztklassig. Das Park­­­ho­tel nimmt dabei eine eher problematische Position ein. Eigentlich dümpelt es irgendwo in der Kategorie Jugendherberge herum, denn au­ßer zu schlafen kann man darin wirklich nichts ma­chen. Allerdings würde man ihm Un­recht tun, es dort vergammeln zu lassen. Vielleicht darf man sich – wie so oft – nicht von Worten täuschen lassen und vielleicht sollte man das Park­hotel ganz einfach nicht als Hotel verstehen und auch nicht in diese Kate­gorie einordnen. Denn es bietet kein zeitweiliges Zuhause an, sondern einfach eine klei­ne Hilfestellung. Wie ein betonierter Schlaf­sack, den man über­all aufschlägt, wenn man nicht mehr weiter kann. Wie eine freundliche Parkbank, nur eben etwas wärmer, trockener, si­cherer und privater, aber auch nicht mehr. (Man fühlt sich morgens auch, als hätte man auf einer solchen genächtigt. Zumindest was die Grund­­zü­ge der Hygiene betrifft.)

Zuhause angekommen fragte mich ein Freund: „Wie hast du im Parkhotel geschlafen?“ Und ich konnte nur sagen: „Schlecht.“ Aber dafür kann es nichts, denn: Gelsen sieht man nicht im Park­ho­tel. Die betonierten Wände bieten eine völlig ge­schützte Umgebung für dieses Insekt und so perfekt ge­tarnt erweist es sich rasch als sinnlos, sich nächtens auf die Suche nach den lästigen Müc­ken zu machen, die einen einfach nicht schlafen lassen. Schließ­lich passiert einem im Parkhotel eine unmittelbare Berührung mit seiner Umge­bung, so eben auch mit der Natur.

Hinweis: Infos, Fotos, Buchen und Diverses unter
www.dasparkhotel.net

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10/06
FotoautorInnen: 
max.

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