Editorial

Im Dezember geht es mit spotsZ in die Fremde und in die Ferne. Zuerst in die Tiefen der Erinnerung und der nicht-anwesenden Präsenzen: Es wird der Beginn einer Installation gewidmet, die im Rahmen von bestOff im No­vem­ber ausgestellt war – als Thematisierung eines verschwundenen Ichs und der albtraumhaft unbewohnten Landschaft im Keller eines Gebäudes, das, hier nicht unzufällig, der Keller des ehemaligen Finanzamtgebäudes war. Depression kann überall sein, in einer schmerzhaften Abwesenheit von Identität, mitten in einem Maisfeld oder am Finanzmarkt … Michael Petri hat davon eine subjektive Fülle voller Paradoxien aufgetan. Mit Beate Rathmayr und Dagmar Höss von der Galerie Maerz geht es dann wirklich in die Fremde, in Richtung Norden, nach Finnland. Dort wurde im Namen der Horizonterweiterung und der neuen Perspektiven eine Ausstellung zu­sammengestellt, die zeitgenössische finnische KünstlerInnen vorstellt und die Neuverhandlungen von „Natur“ und „Landschaft“ zum Thema hat. Finn­land hat so einige überraschende Blickwinkel zu bieten, die ab Mitte De­zem­­ber nicht selten skurril oder surreal ins Blickfeld der Maerz rücken wer­­­den. Den Blick in die Fremde wagen auch drei bildende Künstler, die ak­tu­ell noch in der Galerie Wels ausgestellt sind, und deren verschiedene Per­s­pek­tiven auf Japan von Norbert Trawöger besprochen werden.

Nach dem Veranstaltungskalender folgt der literarisch und theatral ange­leg­te spotsZ-Teil. Zuerst soll gesagt sein, dass dieser Teil etwas freier gestaltet ist, zumal die ersten beiden GewinnerInnen der Kooperation mit dem Kul­turverein Musentempel und dem Theater Phönix feststehen und aus­zugs­weise in den Dezember-spotsZ veröffentlicht werden. Die Passagen von Marianne Strauhs und Bruno Pallandini eignen sich wahrscheinlich nicht als weihnachtliches Krippenspiel, sondern sollen exemplarisch für eine En­er­gie stehen, mit der es auch nach Sylvester in Linz weitergehen kann: Mit Mut zum Experiment, zu neuen Kooperationen und Lust zum Feiern! Noch zwei Mal Literatur: Christian Pichler bespricht zwei Neuerscheinungen von Linzer Autoren. Und als Theaterblick aus der Ferne – und ebenfalls mit asi­a­tischen und finnischen Einschlägen – zeichnet der weitgereiste Kultur­schaf­fende Andreas Berger seine Sicht eines Linzer Theaterausschnitts, den er im Herbst hier erlebt hat.

Und apropos „Aus der Ferne“ … it ain’t over till it’s over? Wenn Wiltrud Hackl in ihrer Kolumne übers Abschied nehmen schreibt, dann ist das individuelle Abschied nehmen genauso gemeint, wie ein Abschied vom alten Jahr oder eventuell sogar vom Kulturhauptstadtjahr. Und dazu kann von Re­daktionsseite nur hinzugefügt werden, dass die Erinnerung an das Kul­tur­hauptstadtjahr vielleicht anders ausfällt, als schon im November präsen­tierten, und bereits ab Herbst von Linz09 vorproduzierten „Erinnerungs­buch – Die Bilder“. Nämlich individueller, tatsächlich nachhaltiger oder schlicht und einfach mit mehr Abstand. Erinnerung ist immer real anders, als es in einer lediglich als „Erinnerungsbuch“ bezeichneten Ansammlung von vor­pro­duzierten Fakten, Daten und Bildern möglich sein kann. Denn das ist nur „Output“ – soviel zur Begriffsverwirrung.

Wir werden uns erinnern und freuen uns zuvor auf Wintertage, Feiertage und den Jahreswechsel.

Die spotsZ-Redaktion
spotsz@servus.at

* spotsZ gibt’s seit Oktober 2006 als monatlich erscheinendes Printmedium für „Kunst, Kultur, Szene und Linz“. Alle bisherigen Ausgaben sind nachzulesen unter www.servus.at/spotsz

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12/09

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