DONauTIK von Linz bis Amsterdam

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Ein Stück Wiese vor der Stadtwerkstatt (STWST) verloren, dafür 30 Meter Donau, einen 120 Meter langen Donau-Uferstreifen, die Gruppe DONauTIK und ein Schiff im Winterhafen, die Eleonore. Die STWST stellt schon seit längerer Zeit besondere Verbin­dun­gen zur Donau her. Franz Xaver von der STWST im Interview.

Was war die ursprüngliche Intention der STWST zu Beginn, mit einem Schiff auf die Donau zu ge­hen? War es mehr die Lust an einem neuen Be­tätigungsfeld oder der Frust, dass die Lände als verbindendes Element zwischen STWST und Do­nau beseitigt wurde? War es so intendiert, praktisch mit einem Schiff eine neue oder andere Ver­bindung zur Donau herzustellen?
Klar wurden wir von den Gebäuden rund um uns eingeengt. Aber nicht nur die Glas- und Licht­pa­läs­te haben uns aufs Wasser gebracht, sondern auch die inhaltliche Ausrichtung der sogenannten „neuen Kunst“ hatte für uns keinen „sex-ap­peal“ mehr. Wir wollten einfach was unternehmen und nicht nur jedes Jahr von einer heilbringenden Zukunft reden. Um diese Utopien dann auch noch sofort in einem Museum der Zukunft zu archivieren.
Wir haben zwar ein Stück Wiese verloren, dafür haben wir aber einen 10 Meter breiten und 120 Meter langen Donauuferstreifen und 30 Meter der Donau gepachtet. Dieses Neuland ist neben unserem Schiff, das wir im Winterhafen in einer offenen Personengruppe restauriert haben, eines un­serer Hauptaufgabengebiete.
Wir sehen die Donau als Fluss, und auch die Ano­malien des Wassers als Herausforderung und als neues Forschungsfeld. Derzeit haben wir auf un­serem „Deckdock 2135.0“ das von der DONauTIK-Gruppe betrieben wird, eine Boje mit Unter­was­ser­mikrofon im Wasser. Geplant sind auch noch eine Unterwasserkamera und diverse andere Sen­soren. 40 Meter dieses Donauufers haben wir leider an die Stadt Linz für das Projekt „Linzer Au­ge“ abtreten müssen. Wir wollten dort im Som­mer 2010 Liegestühle aufstellen – dies wird nun aber aus aktueller Gegebenheit erst nächstes Jahr umgesetzt werden. Die Glaspaläste und die Situ­a­tion rund um das Linzer Auge hat den Entschluss der STWST gefestigt und es wurde im Cafe Strom eine generelles Lokalverbot für Architekten ausgesprochen. T-Shirts mit dem „no architects“-Logo können über unseren Shop http://shop.stwst.at be­stellt werden.

Wir haben in einem anderen Artikel die Fest­stel­lung, dass die Donau für die LinzerInnen ein „weißer Fleck auf der Karte“ ist.
Der Schutzdamm, der nach dem Hochwasser 1954 gebaut wurde, hat leider die Donau von der Stadt getrennt. Zudem trägt der Blockwurf (die losen Granitsteine) des Ufers nicht gerade dazu bei, dass der Fluss zugänglich wird. Der Schutzdamm und der Blockwurf sind eigentlich eine doppelte Ab­sicherung gegen denn „bösen, hochwasserführenden, reißenden Fluss“. Unserer Meinung nach soll­te man mehr mit dem Fluss machen und das Ufer attraktiv gestalten. Es gibt wenige Flüsse auf der Welt, die im Durchschnitt 1.000.000 Liter Was­ser pro Sekunde transportieren. Als eines der nach­haltigsten Projekte der Kulturhauptstadt 09 se­hen wir da auch den Badestrand beim Strom­ki­lo­me­ter 2132,6. Über die Stromkilometer kann die Ent­fernung bis zur Mündung der Donau ins Schwar­ze Meer abgelesen werden. Die weißen Stei­­ne sind alle 100 Meter eingelassen und über die schwarzen Tafeln können die Kilometer abgelesen werden. Mehrere Strände im Stadtbereich würden sicher den Zugang zur Donau erleichtern und es würde zusätzlich die Rattenplage, die durch einen Blockwurf entsteht, vermindert werden.
 
Hat nun das „Messschiff Eleonore“, das im Win­ter­hafen liegt, auch damit was zu tun – mit Mes­sungen eines Verhältnisses einer Stadt zu ihrem Fluss? Oder einer Vermessung einer Randzone, einer Brache, wie sie im Winterhafen zu finden ist? Wovon wird das allgemeine, nun schon seit einiger Zeit bestehende Interesse an der Donau und an Donauschiffen deiner Meinung nach getragen?
Unser Schiff hat den Beinamen Messschiff. Mess­schiff steht für Beobachtungen in unserer Um­welt. Neben naturwissenschaftliche Messungen wird hier aber auch die Schaffung und Entwick­lung von Positionen im politischen und geistes­wis­senschaftlichen Bereich als Schnittstelle zur Umwelt gewertet. Unser Messschiff Eleonore soll über eine autarke Infrastruktur funktionieren. Auf einem Schiff entsteht eine spezielle Wohn- und Ar­beitssituation, Strom und Wasser kommen nicht von alleine aus den Leitungen. Für die Künst­lerIn wird im System Eleonore ein neuer Be­trach­tungs­winkel geschaffen. Dies soll mithelfen, sich im Zeit­alter der globalen Informationstechnik wei­ter ein individuelles Urteil über die Probleme un­se­rer Zeit bilden zu können. Da neben der Stadt­werkstatt derzeit auch andere KünstlerInnen mit der Thematik und den Möglichkeiten auf dem Was­­ser arbeiten (Robert Eisenhuber, Leo Schatzl, Clemens Knopf, Time’s Up, Gruppe DOnauTIK), se­hen wir die geplante Zuschüttung eines Linzer Hafenbeckens als weitere Fehlentwicklung der Lin­zer Stadtpolitik.

Es hat ja auf der Eleonore nun schon Residencies gegeben, zudem wurde ein Projekt der STWST durch LinzExport positiv juriert. Kannst du Pro­jek­te und Residencies beispielhaft skizzieren, die auf der Eleonore schon stattgefunden haben oder stattfinden werden?
Unsere KünstlerInnen werden im Bereich der neu­en Medien gesucht. Meistens sind es aber auch kritische KünstlerInnen, die in der Open-Source- und Free-Softwaretechnik arbeiten, und auch neue Betätigungsfelder suchen. Als erste Künst­lerin war Eleonora Oriegga (Mailand, London, Ams­­ter­dam – http://xname.cc) auf dem Schiff. Eleonora hat auf der Eleonore versucht, ohne Soft­ware kreativ zu arbeiten. Sie hat kleine analoge Schalt­krei­se zu­sammengelötet, die über verschiedenste (Son­nen-)­Lichtsituationen Geräusche machten. Über Stro­bos­kope und LED-Scheinwer­fer fand dann eine be­eindruckende Abschluss­per­formance im Cafe Strom statt. Als zweiter Künstler ist derzeit Ar­min Medosch (London Wien – http://thenextlayer.org) zu Gast. Er recherchiert im Bereich der Neuen Me­­dien und erarbeitet eine Position der freien Soft­ware, der freien Szene, der Kunst, der Ars Elec­tro­nica und des AEC’s.
Zum Projekt LinzExport: Eine Personengruppe rund um die Stadtwerkstatt-DOnauTIK ermöglicht Linzer KünstlerInnen einen Aufenthalt auf einem 9-Meter Boot in Monnickendam (10 km nörd­lich von Amsterdam). Es wird eine kleine idyllische Wohn­möglichkeit (10 m2) in einem Ha­fen geboten. Auch auf einem kleinen Boot kann an Projekten und Texten gearbeitet werden. Die Entfernung zu Linz, und die Bedingung, dass man dort alleine 14 Tage lebt, soll eine Arbeitssitua­tion und nicht ei­nen Urlaub erleichtern.
Bewer­bun­gen bitte an email@punkaustria.at

Ich habe gehört, es sollte von der STWST zum heurigen Ars-Quartier in den Tabakwerken einen „Zil­lendienst“ geben. Mit der Zille zu „repair“ – das wä­re ja schon ein sehr bezeichnendes Statement ge­­wesen, oder? Anders gefragt: Was wird’s denn heu­­er von der STWST zur Ars und zu „repair“ geben?
Die „ARS“ hat an Attraktivität verloren. Es passieren keine wesentlichen Veränderungen mehr. Es ist richtig, wir haben der „ARS“ ein Zillen-Shuttleservice (Donaukulturtaxi) vorgeschlagen, da es auf unserer Linie liegt. Wir haben uns da­bei schon sehr auf die Zusammenarbeit mit den Donauexpertinnen von FIFTITU% gefreut. Doch nach einem anfänglich positiven Feedback und einer Abmachung zum nächsten Gesprächs­ter­min ist dann irgendwie der Kontakt abgerissen. Keine Reaktion mehr. Es ist ein wenig rätselhaft. Wir sind nicht mehr ganz sicher ob die „ARS“ überhaupt noch real existiert. Anfangs wurde vom Projektteam für die Aktion ein Entschei­dungs­ter­min Mitte Juli kommuniziert. Bei uns hat sich niemand gemeldet, deswegen ist das Projekt für uns auch begraben.

Dann noch die Randdetailfrage zum Schluss: Gab es wirklich den Winterhafen-Deal der STWST mit Martin Heller „Internet gegen Toilette“ – am Ende noch ein lustiger Pragmatismus eines doch eher spannungsgeladenen Verhältnisses?
Es gab die Idee, beim Herrn Kulturintendanten 09 nachzufragen, ob die KünstlerInnen bei ihm ihr Geschäft verrichten dürfen. Er hat ja seine Woh­nung im Linzer Winterhafen weiter behalten (vielleicht gibt es ja noch ein weiteres Kultur­haupt­­stadtjahr). Da aber schon während des Kul­tur­haupt­stadtjahres ein analoger Deal bezüglich Strom­­anschluss gescheitert ist, wäre dies nur ein strategisch-politisches Manöver gewesen. Wir ha­ben lieber unser Ziel im Auge behalten: eine au­tarke, autonome Insel. Und deswegen haben wir uns entschlossen, unsere Richtung weiter zu verfolgen und alle benötigten Dinge für eine Lebens- und Arbeitssituation dort mittels Solarpanelen, Ge­neratoren, Fäkalientanks und Biotoiletten um­zusetzen.

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09/10
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