Schreiben und Neuein­schrei­bungen

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Kurzinterview mit Herbert Christian Stöger.

Bezüglich deiner schreiberischen Arbeit, die in Buchform pu­bliziert wurde: Abgesehen davon, dass die letzte Pub­li­kation „Im Schatten der Heringe“, gemeinsam mit Günther Lainer als gemeinsames Projekt per E-mail geschrieben wur­de, hast du bereits 2002 im Zuge deiner Arbeit zwischen bildender Kunst und Literatur ein Lesebuch der Stra­tegien zwischen Kunst und Literatur gestaltet. Welche Stra­tegien hast du in letzterem Buch angewandt, von welchen Formen erzählt dieses Buch?
Es ist ein Werkkatalog, wo mein bisheriges literarisches wie künstlerisches Schaffen dokumentiert und abgedruckt wurde. Ein Buch, das man zwar schnell durchblättern kann, aber um zu verstehen braucht es ob der großen Menge an Text doch viel Zeit. Also eine Fülle von dokumentarischem Bildmaterial, das meist gekoppelt mit Text funktioniert. Li­te­­ratur, die nicht nur vom Schriftbild sperrig wirkt. Und Tex­te von Kunsttheoretikern, die über meine Arbeit schreiben.

Im Text wird Berlin als unfertiger Ort, bzw. als Stadt mit vielen unfertigen Orten bezeichnet. Du bist mit Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen unter anderem bis nach Albanien gekommen, was ich mir bezogen auf zeitgenössische Kunst noch viel unfertiger vorstelle. Kannst du vielleicht bezogen auf die Unfertigkeit oder Fertigkeit dieser Orte ergänzend was sagen? Vielleicht auch im Vergleich zu hier in Linz?
Je reicher Städte sind, wir reden jetzt über Städte, desto mehr zerstören sie dann auch durch Um- und Neubau. Sonst wächst eine Stadt mehr von sich aus. Berlin hat sich ja auch stark verändert. Da hilft nur, dass eben einerseits die Stadt einfach sehr groß ist und Bewohner wie
Stadtregierung wenig Geld haben. In Tirana ist das noch extremer. Wobei hier ein ungemeiner Zuzug in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren stattgefunden hat. So hat der amtierende Bürgermeister, ursprünglich ein Maler (Künst­ler), einfach die Fassaden bunt streichen lassen. Das hat in der Stadt ein anderes Bild gemacht. Die Lebensqualität visuell positiv beeinflusst. Linz ist leider 2009 Kultur­haupt­stadt. Das bringt natürlich verheerende Veränderungen im Stadtbild mit sich. Es hat ja schon begonnen mit dem Ab­riss des alten Bahnhofes. Der Architekturwettbewerb ist da­mals noch vom Bestehenbleiben der Haupthalle ausgegangen. Dann hat das Denkmalamt, die ÖBB und wer politisch noch dabei involviert war, sich für einen Archi­tek­ten mit Namen entschieden, der den Wettbewerb zwar nicht gewonnen hatte, aber als Gewinner dann ein „schönes“ Kaufhaus hinstellen lassen durfte. Es ist eben diese schnell­lebige Neueinschreibung ohne Rücksicht auf das Vergangene, was eine Stadt letztlich zerstört.

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02/08

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