Buchtipp

IDIOME. heft für neue prosa
AutorIn: 

Das disparate Feld der neuen Prosa
„[…] Auf der einen Seite stapeln sich Romane, auf der anderen wird ein Reservat von Poesie als Hort des Guten Wahren Schönen gepflegt. Zwischen diesen Stühlen muss die Literatur gesucht werden, für die sich die IDIOME in­te­ressieren“, so ein Auszug aus dem Editorial der IDIOME, dessen erstes Heft nun von Lisa Spalt und Florian Neuner zwischen Wien und Berlin herausgegeben wurde.

Um die im ersten Satz des Eingangszitats erwähnte Ana­ly­se zu verdeutlichen: Die Herausgeber präzisieren ihre Un­zufriedenheit mit Literaturfeuilleton und großen Publi­kums­verlagen als verpassten Modernisierungsschub, der den klassischen Roman und die Erzählung allein und noch im­mer als ästhetisch relevant für die zeitgenössische Litera­turproduktion erachtet. Bedauernswert ist das nicht zu­letzt deshalb, weil in der Diskussion um Literatur „ein Groß­teil der Kritik von jeder Sprachkunst leichthin Ab­schied genommen hat“ und eine zeitgenössische Prosa durch die Gesetze des so genannten Marktes mehr und mehr unsichtbar gemacht wird.

Zeitgenössische Prosa verorten die Herausgeber dort, wo keine allzu leichte Zuordnung zu literarischen Gattungs­formen möglich ist: Dementsprechend passen die im Heft IDIOME versammelten AutorInnen kaum in die bekannten festgelegten Schemata von Prosa bis Lyrik oder zum wohligen Räkeln zwischen „Roman mit Anspruch“ und „Unter­haltungsroman“. Vielmehr geht es den 22 Prota­gonist­In­nen der neuen Prosa um ein Abklopfen von „zeitgenössischer Zeichensetzung“, um Reflexion und um verschiedentliches Austesten von ästhetischer und performativer Wirkung von Sprache, die noch dazu einer an sich ungekannten Größe der Leserschaft auf mehreren Ebenen Re­flexionsvermögen unterstellt. Und vergnüglich ist die im Heft vorgestellte Sprachlust allemal: Skepsis wird mitunter nicht nur dem unproblematischen Funktionieren der Sprache entgegengehalten, disparat im Sinne von unabgeschlossen kann auch erzähltes Leben sein. Grund ge­nug, den AutorInnen von Bodo Hell (zuletzt: Singende Ei­sen, Spangen und Gleise) bis Ann Cotten (zuletzt: Fremd­wörterbuchsonette) neben ihren literarischen Texten im Heft Platz einzuräumen, einen kritischen Metadiskurs über narrative Strukturen zu führen.

IDIOME. heft für neue Prosa wird am 11. Februar um 19.30 h bei der Veranstaltung der linzer notate 1/08 (www.maerz.at) präsentiert. Die von Christian Steinbacher ins Leben gerufene Reihe wurde erst­mals von einem anderen Mitglied der Ver­einigung kuratiert, nämlich eben von Lisa Spalt. Zu hören werden sein: Petra Co­ro­nato, Gert Neumann, Waltraud Seidlhofer.

IDIOME. heft für neue prosa erschienen bei kleine idiomatische Reihe
Verlegerin: Lisa Spalt, Große Sperlgasse 32-34/17, 1020 Wien
Informationen zu Verlag und Verlagsprogramm:
members.aon.at/idiomat

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