„Lebenstraum Österreich“

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Für das Landestheater ein neues Format: Migrationsprojekt im Eisenhand.

Linz im Jänner 08. Dunkle Tage, grauer Schneematsch. „Lebenstraum Österreich“ verkündet das überdimensionale Plakat in orange an der Bushaltestelle Ecke Mozart- und Ei­sen­handstraße. Es fehlt ein Fragezeichen, also ist es keine rhetorische oder satirische Frage einer Zeitungskampagne. Sondern die Premierenankündigung einer Theaterproduktion des Landestheaters in der Studiospielstätte Eisenhand.

Ein Blick ins Spielzeitheft verrät, dass es sich um „Ein Projekt zum Thema Migration“ handelt. Der Ankündigungstext endet mit der Frage, ob „die Familie Shakip im Hinterzimmer betet, wenn aus ihrem Ghettoblaster ungewohnte Klänge ertönen?“. Lebenstraum Österreich ist eine Stückentwicklung, die ganz konkret die Linzer Geschichte(n) der Migration thematisiert. Dass die Arbeit an der Uraufführung für die Premiere am 10. April schon in vollem Gange ist, zeigt ein Nachhaken bei der Regisseurin, obwohl die eigentlichen Proben erst Ende Februar beginnen. „Wir entwickeln das Stück aus den Geschichten der Men­schen vor Ort. Ich weiß heute, Mitte Januar, noch nicht, aus welchem Blickwinkel wir die Geschichte der Migration in Linz erzählen werden“, sagt Dorothea Schroeder, die nach meh­reren erfolgreichen Produktionen am u\hof: nun im Eisenhand inszeniert. Momentan befindet sich Schroeder mit der Dramaturgin Elke Richly in der Vorbereitungsphase auf das Projekt. Das bedeutet Treffen mit Verantwortlichen und Organisationen, die sich im weitesten Sinne mit Migration beschäftigen, denn zuerst braucht das Team einen Überblick über die österreichische Ist-Situation. Ob die Sicht einer (deutschen) Ausländerin auf das Thema sie behindert oder eher nützt, beantwortet die Regisseurin mit einem Jein. „Das The­ma Migration ist in Mitteleuropa überall gleich brisant. Überall wurden Dinge versäumt und die „Normalbürger“ wissen zu wenig darüber. Bei spezifisch österreichischen Miss­ständen muss man aufpassen, nicht etwas an den Pranger zu stellen und sich dann selber aus der Verantwortung zu nehmen, weil man nun mal keine Österreicherin ist.“ Der Um­gang mit dem Thema zieht sich durch bis in die Besetzung. Ein Handvoll Profischauspieler wird neben „Experten der Wirklichkeit“, wie das Regiekollektiv Rimini Protokoll seine Lai­enspieler nennt, an den Proben teilnehmen. Das erfordert natürlich gegenseitigen Res­pekt. „Wenn das nicht gegeben ist, dann kann es halt so nicht gemacht werden“, sagt die Regisseurin gelöst. Doch für Schroeder können alle Seiten nur profitieren. Die Darsteller des Landestheaters sensibilisieren sich für ein Thema und lernen möglicherweise eine neue Arbeitsmethode kennen. Und MigrantInnen bestimmen aktiv das kulturelle Leben mit, können Dinge zurechtrücken, erleben den Entstehungsprozess eines Theaterstückes. Bei der Auswahl der Geschichten will sich die Regisseurin nicht festlegen. „Es gibt sehr, sehr viele unterschiedliche Geschichten. Und sollte eine dabei sein, die Mitleid erweckt, weil noch kein Nicht-Migrant so etwas von einem Menschen erzählt bekam, dann ist das durchaus erstrebenswert.“

Mitte Januar 08 dominieren in den Wahlkämpfen in Kärnten und beim deutschen Nachbarn in Hessen die ausländerfeindlichen Parolen. Will und kann das Theater etwas dagegen setzen? Schroeder atmet tief und holt weit aus: „Das Interessante daran ist doch, dass Mi­gration oft nur als negativ empfunden wird, weil problematisch. Sprachlich, kulturell, überall. Ich will aufzeigen, wo Migration schon lange stattfindet und man sie gar nicht mehr wahrnimmt. Man muss das Ganze in die richtige Relation rücken, damit ein „Ich hab ja nichts gegen Ausländer, aber …“ nicht mehr vorkommt in unserem Alltag.“ Alles in allem ein neues Terrain für das Landestheater, das es mit diesem Format betritt.

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02/08

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