Andere Fragmente von Fouché

Was uns zu Beginn von Linz09 bei Franz Hummels Schauspiel­oper „Fouché“ im Posthof erwartet, war bereits ein anderes Mal Thema einer Opernbearbeitung: Norbert Trawöger schreibt über den österreichischen Komponisten Otto M Zykan.

„Fouché beschäftigt mich seit 1989, als ich im Auftrag des Senders Freies Berlin eine zweistündige dramatische Er­zäh­lung verfasste. Seit damals auch die Idee, den Stoff zu einer Oper zu bearbeiten. Ich kann also verbindlich garantieren (und bitte mir das zu glauben), dass ich im Herbst 07 die Klavierauszüge der wichtigsten Rollen fertiggestellt haben wür­de und Ende 08 die gesamte Partitur. Personen, ihre Stimm­lagen und Charaktere sind jetzt schon fix.“, schreibt Otto M. Zykan an den Staatsoperndirektor Ioan Holender. Die Oper bleibt unvollendet, da Zykan „plötzlich, aber nicht unerwartet“ im Mai 2006 stirbt. Fouché ist sein letztes Stück geworden. „Es ist eine Satire gegen die menschliche Begeisterung, wie es Hei­ne dem Cervantes auf den Kopf zu­sagte. Fouché ist unfertig, wenn eine Oper aus ihm hätte wer­den sollen. Fouché ist fertig, weil du mit der Oper fertig warst“, schreibt Zykans Le­bens­part­nerin Irene Suchy. Zykan hinterließ seinen „Fouché“ als Libretto mit Musik­an­ga­ben und komponierten Vorgaben sowie Probeaufnahmen seiner Stimme. Diese Fragmente aus einer geplanten Oper wurden mittlerweile von Götz Fritsch zu einem Hörspiel zu­sam­men­gestellt und von Irene Suchy auch als CD vorgestellt. Dieses Hörspiel war 2007 beim Bruck­nerfest zu hören. Was bei Zy­kan Fragment blieb, wurde Idee zu Franz Hummels Schau­spieloper „Fouché“, die uns nun am Beginn des Kultur­haupt­stadtjahres im Posthof er­wartet.

Wer war aber sein Urschöpfer, wer war Otto M. Zykan? Ein 1935 in Wien geborenes Kla­vier­wunderkind, das 1970 – in dem Jahr gab er auch seinen letzten Klavierabend – das ge­samte Klavierwerk von Arnold Schönberg einspielte. Zwei Jah­re zuvor war er in Paris, Ber­lin, Hamburg, Köln, Salzburg und Wien auf einer ersten Konzerttournee mit eigenen Wer­ken unterwegs. Mitte der 60er Jahre gründete er mit HK Gru­ber und Kurt Schwertsik die „Sa­lon­konzerte“ und im selben Jahr mit Gruber das Ensemble „MOB art & tone ART“. „Es mag eine Konsequenz meiner grenzüberschreitenden ‚Aus­bruchstendenz als Grundhaltung‘ sein oder die simple (po­litische) Reaktion auf die Zeit der Wiener Schule um Schön­berg, in der man für meine Begriffe zu genau wußte, was ‚relevant‘ sei, daß mir heute eine Haltung zeitgemäßer erscheint, die auch die Exekutionsformen von Musik (Kon­zert­betrieb) in Frage stellt.“, schreibt Otto M. Zykan 1991. Er war ein vielseitiger Schöpfer vieler musikalischer Wer­ke so­wie dadaistisch geprägter Sprach- und Verskunst (Humanic-Werbung, 1971). Das Avantgardistische in seinem Werk of­fenbart sich nicht nur in der meist atonalen Musik, sondern ebenfalls in den Libretti und dem Umgang mit der geistigen Schöpfung selbst. So avancierte das Stück „Staats­ope­ret­te“ (1977) zu einem handfesten Skandal, das zu Kir­chen­bann und Debatten im Parlament führte. „Er komponierte aus dem Körper, aus der Stimme, er schuf gehend gestisch, sein Sprechen war nicht nur das Vortragen des fertigen Stücks, sondern begleitete das Ausdenken, das Entstehen der Musik. Er erdachte laut, aus der Musik, mit der Musik, er vertonte nicht, sondern versprachlichte – Musik und Sprache soll­ten in einer Balance sein.“, schreibt Irene Suchy. Ein ge­ni­aler Lautmaler, Lautsprecher, Klangredner und Wort­sän­ger.

TIPP:
Zykan – Fouché/Stimme:
ORF Doppel CD 3040
Zykan – Musik Reden: Ein Kompendium uneigennütziger Ideen und Beobachtungen – Droschl Verlag
Die Staatsoperette – Eine mittlerweile legendäre TV-Pro­duk­tion: Franz Novotnys Inszenierung einer musikalischen Satire von Otto M. Zykan, inklusive Engelbert Dollfuß als Aufblaspuppe ... Edition Der Stan­dard 50

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01/09
FotoautorInnen: 
Reinhard Winkler

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