Spannung = Tolle und langweilige Momente

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Ein Interview mit Andreas Kurz aka Washer über sein neues Live-Set, das in-Arbeit-befindliche Album und den Stand der Dinge bei Keplar Records.

Der gebürtige Passauer lebt seit 4 Jahren in Linz und sein musikalischer Weg ist wohl den meisten nicht entgangen. Immer wieder beglückt er das Publikum mit seinen krachenden, scheppernden, aber durchaus tanzbaren Sets. Washer hat sein Live-Set überarbeitet: von klaren Abläufen zur Im­­pro­vi­sation. Als Mitbegründer des Labels Kep­lar Records weiß er über die Schwierigkeiten Be­scheid, organisatorische Labelarbeit und kreatives Mu­sik­schaffen zu vereinen. Er hat seine Ar­beit bei Keplar aus diesem Grund niedergelegt. Der vielseitige Musiker war/ist in zahlreiche Pro­jekte involviert: Radio Magenta, Washer, Zimmer and the guitar people, Riot Katzn. Ob Washer wirk­­lich mit „noisigen und gebrochenen absurden Glitch-Pop-Techno-Krachern“ (Skug, #64, 09/11 2005) um sich wirft?

Nach einjähriger „Schaffenspause“ gibt’s jetzt dein neues Live-Set. Wie würdest du die Unter­schiede be­schreiben, bzw. was hat sich weiter entwickelt?
Ich habe jetzt ein Jahr an meinem Live-Set gearbeitet, weil ich relativ unzufrieden mit meinen Live-Auftritten war. Also gar nicht vom End­pro­dukt, das dann durch die Boxen zum Publikum durchgedrungen ist. Ich glaube, das Publi­kum war gar nicht so unzufrieden. Es hat mich einfach eher ge­langweilt, immer nur vorgefertigte Sachen zu spielen und nur geringe Vari­ations­mög­lich­kei­ten zu haben, was die Struktur der Tracks oder die Länge betrifft. Oder eben Spuren in „Appleton live“ zu mixen und Übergänge zu ma­­chen. Und deshalb hab ich mir jetzt ein Jahr Zeit genommen, um in „Re­ak­tor“ von „Native Ins­tru­ments“ was zu programmieren, das mir alle Frei­hei­ten gibt. Das Ganze ist jetzt eher ein improvisiertes Live-Set. Es ist jetzt nicht mehr nur Computer: Ich hab auch Hardware dazugekauft – ein Synthesizer, ein Samp­ler, Effekt­ge­rä­te, MIDI-Controller – das Gan­ze ist jetzt mein Live-Ins­trument.

Neben der technischen Entwicklung, gibt’s auch eine Weiterentwicklung auf der Soundebene? Wie hat sich dein Sound fürs Publikum verändert?
Ich glaube, es ist sehr deutlich zu merken. Ich hab ja im letzten Jahr einige Konzerte gegeben, als das alles in der Entwicklungsphase war. Da ist mir aufgefallen, dass es die „tollen Momente“, wo sich das Publikum freut und ich mich auch freue, gibt. Und es gibt aber auch die Momente, wo sich das Publikum eher langweilt, weil alles improvisiert ist. Früher war das Publi­kum wahrscheinlich immer zufrieden, weil alles konstruiert war, was das Publikum im Endeffekt zu hö­ren bekommen hat. Jetzt ist das Risiko um einiges größer: wenn ich schlecht drauf bin, dann ist das Live-Set schlecht und wenn ich gut drauf bin, dann spiele ich ein gutes Live-Set. Also das Pu­bli­kumsrisiko steigt. Aber ich glaube auch, dass die Spannung steigt, und es kann fürs Publikum sehr viel interessanter sein.

Du bist in Keplar Records, ein kleines Indie-Label in Passau, involviert. Wie läufts bei Keplar?
Das kleine Label ist momentan eher runtergefahren. Ich bin offiziell nicht mehr Mitglied bei Kep­lar Records. Es ist nicht so, dass wir die Auf­lö­sung groß angekündigt hätten. Wir ver­­öffent­li­chen derzeit einfach nichts. Es hat sich in letzter Zeit als nicht sehr befriedigend dargestellt. Es war so, dass das Musikschaffen unter der Label­arbeit gelitten hat, und wir haben entschieden, dass uns unsere musikalischen Projek­te wichtiger als die Labelarbeit sind. Das Ganze war eine eher aussichtslose Sache … im herkömmlichen ro­mantischen Sinn wie wir das be­trieben haben: Ton­träger­ver­öf­fentlichungen. Der Selbst­zweck hat sich auch erledigt. Wir haben das La­bel ur­sprünglich gegründet, um für unsere eigenen Pro­jekte und für befreundete Musiker eine Platt­form zu bieten. Mittler­weile haben eigent­lich alle die Mög­lichkeit, bei anderen La­bels zu veröffent­li­chen, die vielleicht professio­nel­­ler arbeiten als wir. So­mit haben wir be­schlos­sen, falls wir Lust auf Ver­öffentlichungen haben, dann werden wir das ma­chen, aber wir suchen nicht mehr gezielt nach Pro­jekten, die wir ver­öffentlichen können.

Du lebst seit 4 Jahren in Linz und kennst die elek­tronische Musikszene sehr gut. Wie schätzt du die Entwicklung ein?
In Linz sehe ich definitiv eine Entwicklung. Es gibt viele Musiker, die ich sehr schätze und die sind alle sehr fleißig.

Du hast schon bei vielen Projekten mitgearbeitet: das Album mit „Zimmer and the guitar people“, mit den Riot Katzn, Radio Magenta … Gibt’s Pläne, mit neuen Projekten zusammenzuarbeiten?
Washer, Zimmer and the guitar people ist in Pla­nung, ist aber leider durch die räumliche Distanz momentan sehr schwierig. Wir planen ein neues Al­bum im nächsten Jahr. Die Riot Katzn Sache ist eher ein Theater-Perfor­mance-Projekt. In die Rich­tung werde ich auf jeden Fall weitermachen. Wo­bei mir noch nicht ganz klar ist, ob ich mich nur als Musiker an Theater-Sa­chen beteiligen möchte, oder ob ich mich mehr konzeptionell einbringen möch­te. Das muss ich für mich selbst erst abklären. Vorerst bin ich froh um Jobs aus der Rich­tung. Und ich arbeite an meinem zweiten Album.

Wenn du von einem neuen Album sprichst … und du vorher meintest, dass ihr, die Keplar Leute, auf anderen Labels veröffentlichen werdet, wo wirst du releasen?
Das hängt vom Album ab. Das Album gibt’s noch nicht. Es gibt natürlich die „Traum Labels“ und mehrere kleine Labels von meinen Bekannten. In meinem konkreten Fall gibt’s noch keine An­ge­bote und keine Nachfragen von irgendwelchen Labels. Ich werde erstmal produzieren und dann wird sich bestimmt was finden.

Was wäre so ein „Traum-Label“?
Meine Lieblingslabels sind Sonig, oder Skam. Es gibt mehrere kleine französische Labels, die ich sehr gern mag. Was es dann im Endeffekt wird, keine Ahnung.

www.washermusicstuff.net
Washer live: 11.11. „Radio FRO feiert Acht“ im Posthof.
Die ungekürzte Version des Interviews und ein älteres Interview sind unter cba.fro.at als Audiofile downloadbar.

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