Kino für die Ohren

Ein persönlicher Kommentar zu Judith Pougets Lesung am 05. 10. im Gasthaus Urbanides.

Boulder, eine Uni in den USA: LiteratInnen, Schrift­stel­ler­Innen, Student­In­nen und ProfessorInnen und die Erzählerin mittendrin. Erinnerungen an einen Forschungsaufenthalt in den Staaten, ein durchwegs von improvisier­tem Leben geprägter Alltag auf dem Campus. Die Nai­vität der Student­In­nen, der Wechsel von Seminaren, Lesungen, offiziellen und privaten Emp­fän­­gen. Unterbrochen von einzelnen Geschichten, wie die von einer indischen „Prinzessin“, die wie eine Hohepriesterin auf die Bühne stolziert und eine völlig verworrene Geschichte einer weiblichen Initiation vorträgt. Na­türlich mit nachfolgender Aufklärung einer Einheimischen, sprich einer alten Indianerin, die diese Geschichte richtig stellt.

Die detaillierte Beschreibung von Gesprächen mit den Menschen lässt in mir ein viel genaueres Bild vom Leben in den Staaten entstehen, als ich es bisher durch Filme vorgekaut bekommen habe. Und dann geht es auch schon hinaus in den heute gar nicht mehr „wilden Westen“, also „on the road“ durch größere und kleinere Städte, ins Gebirge mit seinen prachtvollen Canyons, und in die Ebene und mitten durch die Wüste. Da bemerke ich, dass ich in einem richtigen „Roadmovie“ gelandet bin. Und ich lasse mich von diesem Text mit seinen grossen und kleinen Bildern durch den heutigen Westen führen, in den Süden und über die Grenze bis nach Mexiko.

Danach natürlich die Fragen aus dem Publikum, während ich noch wie betäubt, wie nach einem Kinofilm, im Kopf noch immer auf Reisen, zurückzufinden versuche. Natür­lich die Frage, mehrfach, wann denn das Buch er­scheint, die die Autorin nur mit einem Achselzucken beantworten konnte: Erstmal einen Verlag finden!

Ich bin froh, Menschen zu hören, die ihren Erfahrungen, ihrem Gefühl folgen. Sich mehr auf ihr Können und ihre Fähigkeiten verlassen, als auf die mehr oder weniger gutgemeinten Ratschläge derer hören, die die Litera­tur doch bloß nur verschachern und auf einer überheblichen Einstellung der Sprache um der Sprache willen herumreiten.

Judith Pouget veröffentlichte 2004 in der edition Linz den Band „Sprechen um zu Berühren“.
Sie liest am 8. Jänner 2007, 19.30 h in der Buchhandlung Seitenreich, Bürger­strasse 34.

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