Die Philosophinnen der KTU
Es kommt in den Philosophievorlesungen keine einzige Frau vor – warum?
Genannt wird immer noch, dass es um die „starke Leistung“ geht, um „Qualität“, es gehe um die Sache und nicht um das Geschlecht. Tatsächlich sind die Werke der Männer im Kanon sehr stark eingeführt; tradiert bis dahin, dass Männer in der Sekundärliteratur fast ausschließlich vertreten sind. Darüber hinaus gibt es bei den Lehrenden der KTU ausschließlich Männer, bis auf eine einzige extern unterrichtende Frau. Wir wollen, dass sich auch die Lehrenden mit diesen grundsätzlichen Mankos beschäftigen. Dabei speziell ärgerlich ist das Wort „Wirkmächtigkeit“, mit dem wir konfrontiert sind. Es wird behauptet, dass die vorgestellten Werke der Männer die „wirkmächtigeren“ sind. Aber wer definiert, was in der Philosophie wirkmächtig war oder ist. Wer bestimmt die Positionen und die Rezeption. Eine Frau muss sich zuerst immer mit ihrer Rolle als Frau beschäftigen. Aber auch Männer sollten sich Gedanken über ihre Rolle machen. Wir wollen darauf Gusto machen.
Zur Fragen der Kanonisierung: Sind Katholiken, bzw. ist die katholisch-theologische Universität da schlechter oder langsamer als der Rest der Gesellschaft?
Den umfassenden Vergleich haben wir nicht. Aber in der Soziologie, wo wir schon Erfahrungswerte haben, lassen sich in der Lehre unter den Klassikern auch keine Soziologinnen finden. Allgemein gibt es wenige Wissenschaftlerinnen vor 1900, das weiß man ja. Speziell zur KTU: Großflächig üblich ist eine Gendervorlesung, die es hier auf der Philosophie nicht gibt. Innerhalb der Kunstwissenschaften gibt es aber Schwerpunktsetzungen.
Es werden Philosophinnen von Antike bis Postmoderne vorgestellt, welche?
Grundsätzlich gibt’s an diesem Abend eine Einführung, vier Vorträge und danach Raum für Diskussionen. Es geht nicht um eine Leistungsschau des Bedeutungsvollen, sondern um eine inhaltliche Vorstellung und um ein Herantasten. Zur Antike haben wir Aspasia von Milet; oder Diotima, die eine Lehrmeisterin der Rhetorik für Sokrates war und dann bei Platon vorkommt, außerdem Hannah Arendt. Und die Zeitgenossinnen Martha Nussbaum mit dem Werk „Gerechtigkeit oder das gute Leben“ und Judith Butler mit „Das Unbehagen der Geschlechter“. Es wird auch auf andere Philosophinnen und deren Texte hingewiesen, es gibt einen Infotisch von Fiftitu% und diverse Infowände. Hypatia etwa wird hier vorgestellt, der Film „Agora“ läuft aktuell in den Kinos: Da geht es um die Wissenschaftlerin und Physikerin Hypatia, die dem Christentum insofern zum Opfer fällt, als dass bereits die frühen Christen die Wissenschaft verteufelt haben.
Zur Form des Protests: Ihr ruft zu Selbstinitiative auf mit „Was sie uns nicht geben, nehmen wir uns“. Der Folgesatz ist „Die Veranstaltungsreihe wird von der KTU unterstützt“. Etwas widersprüchlich vielleicht?
Ja, stimmt. Das Ganze ist aber als unsere Initiative zu sehen, die auf Unterstützung gestoßen ist; teilwiese auch auf ein Wohlwollen, wo man nicht auf eine aggressive, sondern eher snobistische Front stößt: Schau ma mal, was sie machen. Für alle ist es ein aber ein neues Feld, ein Anfang.
Der Vortrag ist erwünschterweise öffentlich zugänglich.
Beim Interview anwesend waren Dagmar Grünwald, Stephan Blumenschein, Herta Gurtner, Mario Rudlstorfer, Katrin Baumgartner, Theresa Luise Gindlstrasser, Jakob Puttinger, Doris Gstöttner.
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