Die Philosophinnen der KTU

AutorIn: 
Eine etwa 20-köpfige Gruppe von StudentInnen der katholisch-theologischen Universität veranstaltet am 14. April einen Abend zum Thema „Philosophinnen“. Den StudentInnen ist aufgefallen, dass in der philosophischen Lehre ihrer Uni kaum Frauen vorkommen. Ein Teil der Gruppe im Interview.

Es kommt in den Philosophievorlesungen keine ein­zige Frau vor – warum?
Genannt wird immer noch, dass es um die „starke Leistung“ geht, um „Qualität“, es gehe um die Sa­che und nicht um das Geschlecht. Tatsächlich sind die Werke der Männer im Kanon sehr stark eingeführt; tradiert bis dahin, dass Männer in der Sekun­där­li­teratur fast ausschließlich vertreten sind. Da­rü­ber hinaus gibt es bei den Lehrenden der KTU aus­schließlich Männer, bis auf eine einzige extern un­terrichtende Frau. Wir wollen, dass sich auch die Lehrenden mit diesen grundsätzli­chen Mankos be­schäftigen. Dabei speziell ärgerlich ist das Wort „Wirkmächtigkeit“, mit dem wir konfrontiert sind. Es wird behauptet, dass die vor­­gestellten Werke der Männer die „wirkmächtigeren“ sind. Aber wer definiert, was in der Philo­so­phie wirkmächtig war oder ist. Wer bestimmt die Po­sitionen und die Re­zeption. Eine Frau muss sich zuerst immer mit ih­rer Rolle als Frau beschäftigen. Aber auch Män­ner sollten sich Gedanken über ihre Rolle ma­chen. Wir wollen darauf Gusto machen.

Zur Fragen der Kanonisierung: Sind Katholi­ken, bzw. ist die katholisch-theologische Universi­tät da schlech­ter oder langsamer als der Rest der Gesell­schaft?
Den umfassenden Vergleich haben wir nicht. Aber in der Soziologie, wo wir schon Erfahrungswerte haben, lassen sich in der Lehre unter den Klas­si­kern auch keine Soziologinnen finden. Allgemein gibt es wenige Wissenschaftlerinnen vor 1900, das weiß man ja. Speziell zur KTU: Großflächig üblich ist eine Gendervorlesung, die es hier auf der Phi­lo­sophie nicht gibt. Innerhalb der Kunstwissen­schaf­ten gibt es aber Schwerpunktsetzungen.

Es werden Philosophinnen von Antike bis Postmo­derne vorgestellt, welche?
Grundsätzlich gibt’s an diesem Abend eine Ein­füh­­rung, vier Vorträge und danach Raum für Dis­kus­si­onen. Es geht nicht um eine Leistungsschau des Bedeutungsvollen, sondern um eine inhaltliche Vor­stellung und um ein Herantasten. Zur An­ti­ke ha­ben wir Aspasia von Milet; oder Diotima, die eine Lehrmeisterin der Rhetorik für Sokrates war und dann bei Platon vorkommt, außerdem Han­nah Arendt. Und die Zeitgenossinnen Mar­tha Nuss­baum mit dem Werk „Gerechtigkeit oder das gute Le­ben“ und Judith Butler mit „Das Un­be­hagen der Ge­schlechter“. Es wird auch auf andere Philo­so­ph­in­nen und deren Texte hingewiesen, es gibt einen In­fotisch von Fiftitu% und diverse In­fo­wände. Hy­­pa­tia etwa wird hier vorgestellt, der Film „Agora“ läuft aktuell in den Kinos: Da geht es um die Wis­senschaftlerin und Physikerin Hy­pa­tia, die dem Christentum insofern zum Opfer fällt, als dass be­reits die frühen Christen die Wis­sen­schaft verteufelt haben.

Zur Form des Protests: Ihr ruft zu Selbstinitiative auf mit „Was sie uns nicht geben, nehmen wir uns“. Der Folgesatz ist „Die Veranstaltungsreihe wird von der KTU unterstützt“. Etwas wider­sprüch­lich vielleicht?
Ja, stimmt. Das Ganze ist aber als unsere Ini­tia­ti­ve zu sehen, die auf Unterstützung gestoßen ist; teilwiese auch auf ein Wohlwollen, wo man nicht auf eine aggressive, sondern eher snobistische Front stößt: Schau ma mal, was sie machen. Für alle ist es ein aber ein neues Feld, ein Anfang.

Der Vortrag ist erwünschterweise öffentlich zugänglich.
Beim Interview anwesend waren Dagmar Grünwald, Stephan Blu­men­schein, Herta Gurtner, Mario Rudlstorfer, Katrin Baumgartner, Theresa Luise Gindlstrasser, Jakob Puttinger, Doris Gstöttner.
www.gleichgueltig.info, kontakt@gleichgueltig.info

22
Zurück zur Ausgabe: 
04/10

& Drupal

spotsZ - Kunst.Kultur.Szene.Linz 2006-2014