Deshalb Debùtnale!

Man erinnere sich an die Zeit der heute fast ausgestorbenen Videoformate, an diesen einzigartigen Moment: der rote Knopf wird zum ersten Mal betätigt und der unerfahrene Blick versucht vor­sichtig und unbeholfen das erste Bild im Sucher einzufangen. Unauslöschbare Momente, der Beginn einer langjährigen Freundschaft ... viel von dieser wunderbaren Naivität ist durch Jahre der Pro­fes­sionalität und Erfahrung verloren gegangen und lässt vergessen, dass jeder einmal klein begonnen hat.

Die Künstlergruppe a.s.a.p. veranstaltet nach den Erfolgen der Festivals von 2003 und 2004 auch heuer wieder die „DEBÙTNALE. Festival des ers­ten Videos“. Die DEBÙTNALE zeichnete sich in den vergangenen Jahren durch eine Fülle an er­fri­schenden Erstlingswerken und durch zahlreiche internationale Einreichungen aus. Eingeladen waren professionelle wie amateurhafte Video­schaf­fende aller Altersstufen. Das Festival findet heuer von 24. bis 25. November 2006 im Roten Krebs in Linz statt.

Der Einreichschluss war am 16. Oktober. Kann man aus dem eingesendeten Material schon ir­gend­welche Rückschlüsse ziehen? Wird die Kon­kur­renz zwischen den EinreicherInnen sehr hart werden?
Gunda & Sabine: Nein, Schlüsse lassen sich noch nicht ziehen. Wir sichten das Material ja auch erst. Auffällig ist heuer allerdings, dass wir sehr viele Zusendungen aus Wien erhalten ha­ben. Bezüglich der Konkurrenz sieht es so aus, dass wir jene ins Programm nehmen, von denen wir überzeugt sind, dass sie auch wirklich Erst­lingswerke sind und die einen gewissen trashigen, bzw. unprofessionellen Touch haben.

Wie werdet ihr mit den eingereichten Videos verfahren? Wer sichtet, wählt aus, juriert, kommentiert, etc.? Wie kann man sich das Festival im No­vember vorstellen? Gibt’s Veränderungen zu den Debùtnale-Festivals von 2003 und 2004?
G: Gesichtet werden die Videos von a.s.a.p.. Wir stellen dann auch das Programm zusammen, also schauen, welche Videos in welche Kategorie passen oder wir erfinden neue Kategorien. Aber für den Debùtnale-Award, den es seit 2004 gibt, entscheidet eine Fachjury aus KünstlerInnen und KuratorInnen. Veränderungen zu den letzten zwei De­­bùtnalen gibt’s kaum, außer, dass für uns al­les routinierter ist, die Organisation schon leich­ter von der Hand geht. Und der Austra­gungs­ort ist heu­er der Rote Krebs und nicht wie bisher Froh­sinn.

Wo ist die Gewichtung anzusiedeln zwischen Spaß­­aktion und Veranstaltung mit künstlerischer In­ten­tion? Welche Qualitäten wollen a.s.a.p. mit der Debutnale voranbringen?
Karin: Die Debùtnale ist eine Mischung aus beidem. Das Festival schafft einen so professionellen Rahmen, wie es unsere Mittel erlauben. Ziel ist es, die Idee, die ja wirklich aus einer Spaß­­aktion entstanden ist, so ernst wie möglich zu nehmen.
S: Dass die Videos meist humorvoll und zum Schmunzeln und Lachen sind, erklärt sich aufgrund der Ausschreibungsbedingung – erstes Vi­deo – das ja schon in früher Jugend produziert wer­den kann. Wir hatten aber in den vergangenen Jahren auch Einreichungen, die ernst und ex­perimentell waren. Es ist durchaus erstaunlich und interessant, was trotz fehlender Erfahrung und naivem Zugang zum Medium Video zustande gebracht wird. Man kann natürlich nicht verallgemeinern, aber wenn man frühe Videos von KünstlerInnen sieht, sind gewisse Parallelen zu ihren derzeitigen Arbeiten zu erkennen. Auf je­den Fall ist es interessant, die Entwicklung zu be­o­bachten und zu sehen, mit welchem Spaß und quasi aus dem Bauch heraus beim ersten Video vor und hinter der Kamera agiert wurde.

Das Ursprüngliche des ersten Mals – zweifelsohne weckt es Neugier; und im Nachhinein für die Be­teiligten Schaulust, Amüsement, manchmal sicher auch kleinere Beklemmungen. Geht es um Nos­­tal­gie (bereits der 20 bis 30jährigen?), um Spaß (öf­fentlicher Videoabend), Vergangenheits­be­­wäl­ti­gung (welcher Vergangenheit?) oder um ein künstlerisches Statement, das bewusst künstlerische Rah­­mensetzung, Qualitätsfragen und Zu­gang nie­der­schwellig und billig hält? Oder darum, Dinge wieder zu be­leben, die bereits tot sind?
S: Um eine kollektive Vergangenheitsbe­wäl­ti­gung ala „Wickie, Slime und Piper“ geht es sicher nicht. Die Debùtnale selbst ist während einer Besprechung entstanden, wo man eigentlich über etwas anderes hätte sich den Kopf zerbrechen müssen. Es wurde gescherzt und über die Er­zäh­lungen der ersten Versuche mit dem Me­­dium Vi­deo gelacht. Wir fanden es schade, dass man solche, oft köstlich-peinlichen Videos nie zu sehen be­kommt. Wir wollen den ersten Ver­suchen, bzw. den ersten Werken, für die man sich vielleicht nach einer gewissen Zeit sogar ge­niert, eine Öf­fentlichkeit geben. Diese Videos, die sonst nie ge­zeigt werden, weil sie qualitativ (technisch, aber manchmal auch inhaltlich) nicht mehr ganz den Vorstellungen und Ansprüchen an seine eigenen Arbeiten entsprechen, würde man am liebsten vergraben und vergessen. Dennoch hat Mangel­haf­tes seine Berechtigung. Nicht selten wirken die Erstlingswerke viel intimer als durchdachte und durchstylte spätere Arbeiten. Trotz mangelnder Qualität (technisch gemeint) kann der Inhalt oft besser und direkter vermittelt werden, als mit einem seitenlangen Konzept und Drehplan dahinter. Diese Arbeiten berühren oft viel mehr und bleiben einem länger in Erinne­rung.
K: Natürlich ist es mit einer gewissen Schau­lust und mit Humor verbunden, z.B. das erste Werk von Sigi Fruhauf oder Leo Schatzl zu sehen und sich zu freuen, wie deren damaliger Zugang zu Vi­deo war. Dabei spielt nicht nur der technische Dilletantismus eine Rolle, sondern auch die The­men, die gewählt werden, die ja meist sehr in­tui­tiv sind. Ich denke, dass ein unverkopfter und as­soziativer Zugang generell etwas ist, das tendenziell der heutigen Kunst abhanden gekommen ist. Video ist ein sehr spontanes und unkompliziertes Medium, das es ermöglicht, Ideen sehr schnell um­zusetzen.

Video wird’s ja schon demnächst nicht mehr ge­ben, bzw. gibt’s ja auch jetzt schon de facto nicht mehr. Zumindest heißt es so. Das Verschwinden der Schallplatte kann man ja bedauern – aber Vi­deocassetten, die haben so eine skurrile Klobig­keit ... Wie geht’s euch damit?
K: Die Schallplatte war ja auch totgesagt und hat ein ungeahntes Revival erlebt. Wir sind da schon auf eine unreaktionäre Weise ein wenig nostalgisch. VHS, VHS-C, Umatic, Video 8 und wie sie alle heißen haben ja auch eine bestimmte Ästhetik, Auflösung und Farbgebung, die durch HDTV und neuere Formate verloren gehen wird. Viel­leicht wird man solche Formate erst mit etwas zeit­lichen Abstand schön finden. Beispiels­weise so, wie wir heute das Medium Super 8 wahr­neh­men und mit dieser Ästhetik eine be­stimmte Zeit verbinden.
G: Ich finde auch, dass eigentlich die unterschiedliche Qualität und so die Bildsprache be­sticht. Das ist fast, als hätte sich das eine Medium aufgesplittet in ganz viele einzelne – also von U­matik und erste Effekte am Videomischpult bis hin zu 3D-Animationen. Das ist alles Video und folgt trotzdem ganz unterschiedlichen Sprachen.

Die Debùtnale ist ja nicht die erste und einzige Veranstaltung des a.s.a.p. in dieser Art – ich sag mal, angesiedelt zwischen spontaner Aktion, Inno­vation und Dilletantismus. Welcher Art von Kunst fühlt sich a.s.a.p. verwandt, welche Bezüge sind relevant? Oder ist das nachrangig?
K: Als wir vor 5 Jahren als Gruppe von ca. 10 Leuten als a.s.a.p. mit Vjing begonnen haben, hatten wir meist einen riesigen Gerätepark an VHS-Recordern mit Vorschaumonitoren, Videoka­me­ras, Ozilloskopen usw. als Zuspieler dabei. Die Quel­len wurden analog mit einem Videomisch­pult gemixt. So arbeiten wir live auch heute noch, da das besser funktioniert als VJ Computersoft­ware, wo man sehr eingeschränkt ist. Diese Me­dien waren und sind für uns heute einfach funktionell. Später haben wir Installationen für Aus­stellungen (Steirischer Herbst, Forum Stadtpark oder MAK) entwickelt, die sich speziell mit dem Verhältnis Video, Museumsraum und der Inter­ak­tion mit den Besuchern auseinandergesetzt ha­ben. Die Gruppe ist inzwischen geschrumpft, aber alle arbeiten heute professionell vor allem mit Video (ehemalige Mitglieder sind z.B. Klaus Taschler, Verena Resch oder Karo Szmit). Mit der Gründung des Videofestivals Debùtnale wollten wir uns mit unseren eigenen naiven Anfängen und Fehlern auseinandersetzen und uns gemeinsam mit anderen daran erfreuen.

DEBÙTNALE 2006 – FESTIVAL DER ERSTEN VIDEOS 24. und 25. November im Roten Krebs. Programmstart: Webpage und Aussen­dungen beachten www.debutnale.at
(a.s.a.p.): Karin Fisslthaler, Sabine Stuller, Gunda Wiesner

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11/06

Ein Videostill einer Einreichung zur Debùtnale: „Wachet auf“ von der linzer schnuppe

DEBÙTNALE 2006 – FESTIVAL DER ERSTEN VIDEOS 24. und 25. November im Roten Krebs. Programmstart: Webpage und Aussendungen beachten www.debutnale.at (a.s.a.p.): Karin Fisslthaler, Sabine Stuller, Gunda Wiesner

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