Gratis WC am Bahnhof – weg mit dem Fahrradkäfig
So lauteten die zentralen Forderungen der Kundgebung Mitte Februar am Linzer Hauptbahnhof, die von der Initiative Fahrrad OÖ (vormals EAMDC) auf die Beine und Räder gestellt, von Critical Mass und der Zeitung Kupfermuckn unterstützt und von etwa 20 AktivistInnen getragen wurde. Die Aktion fand auf zwei Ebenen statt, vorerst im Eingangsbereich Erdgeschoss und daraufhin im – wesentlich belebteren – Untergeschoss.
Gut eine Stunde wiesen die Akteure mittels Gesprächen, Handzetteln, Transparenten, Fahrrädern und improvisierten Klomuscheln auf die missliche Situation hin, dass am stark frequentierten Linzer Hauptbahnhof keine kostenlos benützbaren, frei zugänglichen Toiletteanlagen zur Verfügung stehen und die in der angrenzenden Tiefgarage zur Verfügung stehenden Radabstellplätze zum Schutz der Anlage vor Verschmutzung mit einem Käfig umbaut wurden, der die Bewegungsfreiheit der RadlerInnen erheblich einschränkt.
Ob nun der/die RadfahrerIn das Fahrrad mit dem Zug mitnehmen oder den Drahtesel witterungsgeschützt und in kürzest möglicher Entfernung zu den Bahnsteigen abstellen möchte und ungeachtet dessen, ob bislang der große Radlift am Ausgang des Busterminal oder die Zufahrt über die Tiefgarage in Anspruch genommen wurde: Es ist nervig, umständlich(er) und zeitaufwändiger geworden, das Bahnhofsinnere zu erreichen.
Die Reaktionen jener Menschen, die bereit waren, sich auf einen kurzen Wortwechsel oder ein Gespräch einzulassen, waren vorwiegend positiv. Zudem ergaben sich dabei interessante Miniaturen zwischenmenschlicher Kontakte, so das trockene Bonmot eines 17-18 jährigen, der die Gruppe im Vorbeigehen mit „Rettet die Wale“ assoziierte und das wenigstens Sympathie für die Aktion signalisierende Lächeln einer Eisenbahnerin.
Der Fahrrad-Käfig wurde übrigens im Auftrag der Stadt Linz, in deren Besitz die Radabstellanlagen sind, und mit Zustimmung der Realtreuhand, einer Raiffeisen-Tochter als Verwalterin der Tiefgarage am Bahnhof, errichtet.
Besagte Einzäunung erfüllt auch die wesentliche Funktion, vorwitzigen RadfahrerInnen, deren es nicht wenige gab, den (verbotenen) kürzesten Weg zu und von den Abstellanlagen über Zu- bzw. Ausfahrt der Tiefgarage zu versperren. Dies signalisiert auch ein Metallpfosten, der kürzlich neben dem Schranken der Einfahrt platziert wurde und nur mehr wenig Spielraum frei lässt, um durchzukommen.
Dass bisweilen, wie ein Treuhand-Mitarbeiter in einem Telefonat anhand meines Vorschlages nach Öffnung der Garage für RadfahrerInnen zu bedenken gab, RadfahrerInnen bei nassem Fahrbahnbelag zu Sturz gekommen sind oder waghalsige/unerfahrene Drahtesel-PilotInnen versucht haben, hinter einem ausfahrenden Auto her- und noch unter dem sehr schnell schließenden Schranken durchzufahren, stellt für mich kein Argument gegen die Freigabe der Benützung von Ein- und Ausfahrt der Garage dar – schließlich hat die nun unterbundene Praxis der Benützung von Zu- und Ausfahrt durch RadfahrerInnen gezeigt, dass diese weitgehend mit den vorgefundenen Bedingungen umzugehen wissen.
Die deutliche Kennzeichnung, dass nicht unter dem Schranken, sondern neben dem Schranken vorbeizufahren ist, sollte ausreichen, um jene zu warnen, die noch nicht wissen, dass diese Schrankenanlagen nur für Autos benützbar sind.
Der Fahrbahnbelag ist in der Tat bei Nässe nur eingeschränkt radfahrtauglich, das ist er jedoch auch im Bereich der Abstellanlage, die praxisgerecht doch ohne weiteres befahrbar sein sollte, also müsste man den RadfahrerInnen auch das Befahren der Abstellanlage verbieten – der Logik der AutodenkerInnen folgend, deren Wunschtraum „Drive-In-Wohnungen“ sind, was sie nicht davon abhält, den wesentlich beweglicheren RadfahrerInnen Hürden und Hindernisse aufzubürden. Oder den Belag der Garage aufrauen und befahrbar machen – mit dem Geld für den Käfig wäre da schon etwas weitergegangen.
Diese Belagsadaption wäre der Forderung, dass RadfahrerInnen die Tiefgarage legal befahren dürfen, wie sie auch von der Initiative Fahrrad in einem Schreiben an zuständige Linzer Stadtpolitiker und die Presse vertreten wurde, hinzuzufügen.
Solange RadfahrerInnen, FußgängerInnen, RollstuhlfahrerInnen und … durch bauliche Maßnahmen, Ge- und Verbote dazu genötigt werden, dem motorisierten Individualverkehr oberste Priorität einzuräumen bzw. sich bei anderweitigem Verhalten straffällig zu machen – siehe z.B. Benützungspflicht für Radwege – scheint es mir zwingend, kontinuierlich spürbar lästig zu sein und eine Verkehrspolitik einzufordern, die den „vernünftigen und verträglichen Fortbewegungsarten“ – wozu das Auto mit Sicherheit nicht zählt! – unbedingten Vorrang einräumt, also als radikal zu bezeichnen ist.
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