27 Upper Literaten

Im Februar wurde das neue Buch von Silvana Steinbacher im Stifterhaus präsentiert. 27 mit Ober­österreich in Verbindung stehenden AutorInnen hat sie in ihrem im Drava-Verlag erschienenen Buch „Zaungast. Begegnungen mit oberösterreichischen Autorinnen und Autoren“ kompetent und pointiert portraitiert. Silvana Steinbacher im Interview.

Wie würden Sie als erfahrene langjährige Mo­de­ratorin ein Interview beginnen?
Silvana Steinbacher: Ich würde immer versuchen ein Interview so zu beginnen, wie es mein Gegenüber nicht erwartet.

Das heißt, die Überraschung ist die Empfin­dung für den anderen?
S.S: Es ist für mich eigentlich ein angenehmer Einstieg in ein Gespräch. Also, ich habe be­merkt, dass AutorInnen, die Fra­gen „Warum schrei­ben Sie? Welche Botschaft haben Sie? Was wollen sie mit Ihrem Schrei­ben vermitteln?“, kennen und die dann teilweise auch langweilig sind. Und aus diesem Grund habe ich stets versucht, bei den Gesprächen die ich geführt habe, diese Fragen nicht zu stellen und wie gesagt Fragen zu stellen, die man eigentlich sonst nicht erwartet, oder nicht so schnell erwartet.

Und warum kommt man überhaupt auf die Idee, ein Buch über oberösterreichische Literatur, oder Literaten, in Form von Interviews, und dem Ken­nen­lernen dieser über diese Form zu schreiben?
S.S: Es sind keine Interviews, Interviews sind die Basis, aber es sind Por­traits, und der ausschlaggebende Punkt war: Es gab so eine Initialzündung, das war, als ich im September 2005 Franzobel getroffen habe, an seinem Wohnzimmertisch, und ihn gefragt habe, wie er die 60 Charaktere seines Ro­mans „Das Fest der Steine“ über die sieben Jahre, die er daran geschrieben hat, unter Kontrolle gehalten hat, wie er die Figuren begleitet und verfolgt hat, und da hat er ein großes Packpapier über den Tisch gespannt und einzelne Kreise gezeichnet auf dieses Packpapier, jeder dieser Kreise war eine Figur, und sie dann zueinander in Verbindung gesetzt. Er hat mir dann erklärt, dass er auf diese Art und Weise die Figuren verfolgt hat, und das war für ihn so das Kontrollsystem für sein Arbeiten, und dabei habe ich mir gedacht: Das wäre eine interessante Frage dabei. Wie entsteht ein Text, wie gehen Erzählerinnen und Erzähler mit ihren Figuren um, wie finden sie sie, wie begleiten sie sie, oder auch die Frage: Wie entsteht ein Text, der ohne Personal auskommt, oder: Wie entsteht ein Gedicht, das hat mich schon sehr viel Jahre sehr fasziniert, und das war eigentlich der Beginn, wo ich mir ge­dacht habe, das wäre interessant, das einmal in einzelnen Portraits zu verfolgen und davon ausgehend hab ich dann versucht, den Alltag, die Welt­sicht der Autorinnen und Autoren kennen zu lernen.

Wie fand die Auswahl dann statt?
S.S: Die Auswahl war nicht einfach und ist mir absolut nicht leicht gefallen. Oberösterreich ist ein Bundesland, aus welchem Grund auch immer, das sehr, sehr viele AutorInnen hervorgebracht hat, und ich hätte eigentlich auch vier Bände schreiben können. Die Auswahl für mich ist keineswegs wertend zu verstehen, sondern es hat mir auch um einige Au­to­rInnenleid getan, die in diesem Buch nicht enthalten sein konnten. Aber es hat eben nur eine bestimmte Anzahl an Seiten, und es sind ohnehin 365 Seiten ge­worden; wichtig war für mich die Vielfalt, also die Vielfalt von den Genres her, die Vielfalt auch was das Alter betrifft. Das heißt, es ist der 28-jährige Sammer René Bauer genau so enthalten wie der 78-jährige Friedrich Ach­leitner, also über 50 Jahre dazwischen. Worauf es mir auch angekommen ist, es sollten renommierte Autoren enthalten sein und auch solche, die man eigentlich noch kaum kennt und die es noch zu entdecken gilt.

Wie war das mir René Bauer, wenn ich da kurz nachfragen darf?
S.S: Ich habe ihn das erste Mal gesehen, bzw. gehört im StifterHaus. Und mir ist vorerst sein Auftritt aufgefallen, der einem das Gefühl vermittelte, dass er sehr gerne auftritt. Man sah sofort, er hat auch Charisma, dann auch die Vielfalt in seinen Texten, diese können tiefgründig, aber auch witzig und originell sein, und ich habe ihn dann noch einmal gesehen während des Linzfests, und so bin ich dann in Kontakt gekommen mit ihm. Ich wollte eigentlich ganz gerne auch zu einem Vertreter des Poetry-Slams ein Por­trait geben, denn ich meine, das ist eine nicht unwesentliche neue Form, wie man Literatur zugänglich machen kann. Das ist nicht so diese hehre Form, wie ich zum Beispiel sie von früher kenne als Jugendliche, wo es eigentlich nur sehr, sehr ernsthaft zugegangen ist bei Lesungen.

René Bauer als ein Vertreter des Poetry Slams tritt jetzt auch im Posthof auf.
S.S.: Das ist eine Öffnung, eine gute Ergänzung des Literaturprogramms, dass eben auch die Jugend Eingang findet in solche Stätten.

Ist für Sie Anton Bruckner ebenso wie für Alois Brandstetter (in seinem Portrait) der bedeutendste Oberösterreicher?
S.S: Bruckner ist natürlich schon sehr bedeutend, und ich mag diese Musik auch, absolut.

Und wie sieht es mit Stifter aus?
S.S: Stifter auch, wobei ich sagen muss, dass bei Stifter mein Zugang ein schwierigerer war als bei Bruckner, der sich für mich leichter erschlossen hat. Stifter habe ich erst mit vierzig herum schätzen gelernt, in der Schule war der Zugang äußerst hart, das muss ich schon sagen.

In Ihrem Buch sind auch einige junge AutorInnen vertreten, Andrea Winkler zum Beispiel.
S.S: Die Andrea Winker ist mir aufgefallen bei einer Lesung in der Reihe „linzer notate“, ich habe dann ihr Buchdebüt „Arme Närrchen“ gelesen und war echt fasziniert von der Sprache dieser Autorin, und vor allem auch von ihrer Sprachskepsis. Ich habe sie dann in Wien getroffen und es ist dabei dann ja immer sehr interessant: Man hat so ein bestimmtes Bild von einem Autor oder einer Autorin, die meisten hab ich ja schon sehr lange gekannt, aber manchmal eben auch nicht so gut. Durch das Werk hat man ein be­stimmtes Bild und dann bekommt man Einlass oder es eröffnet sich eine Welt, die vielleicht unerwartet ist, die man nicht vermutet hätte – und das hab ich als sehr spannend empfunden, also diese anderthalb Jahre waren für mich enorm bereichernd. Ich habe Einlass bekommen in 27 ganz verschiedene Welten, die für mich dann viel Neues geboten haben. Schön war auch, dass ich bei jedem Autor und jeder Autorin ein willkommener Gast war, die Bereitschaft zu den Gesprächen eine sehr große war, wodurch die Gespräche dann eigentlich auch alle sehr angenehm verliefen.

Walter Pilar, meiner Meinung nach Eigenbrödler und toller Literat – wie war das Treffen mit ihm?
S.S: Ich war einen langen Nachmittag bei ihm zu Hause, und das war sehr abwechslungsreich. Ich habe gestaunt, wie lebendig, wie vital dieser fast 60-jährige Herr ist, was für eine Erinnerung, was für eine Wahrnehmung er hat. Er hat mich innerhalb dieses Gesprächs an Begebenheiten erin­nert, die vor 14, 15 Jahren stattgefunden haben, an klei­ne Details, an die ich mich überhaupt nicht mehr erinnern konnte, aber Walter Pilar war dann komplett fassungslos, wie ich das vergessen ha­ben konnte. Er hat mich dann durch seine Welt ge­führt, in den Wintergarten, seinen Vorbau, in dem er natürlich nur sommers arbeiten kann und der ein immenses Archiv für sein Lebenswerk „Le­benssee“ ist – erstaunlich, was da alles lagert –, und auch in seinen Dachboden geführt. Er hat mir von seinem Leben erzählt, und ich war überrascht, mit welcher Hartnäckigkeit und mit welcher Sprachgenauigkeit, mit welcher Konsequenz dieser Mann arbeitet, aber ich muss auch sagen, er kann, auch wenn er in seiner Welt sehr versponnen ist, dabei durchaus liebenswürdige Züge zeigen.

Silvana Steinbachers neues Buch namens „Zaungast“ ist erschienen im Klagenfurter Drava Verlag. Es enthält 27 Begegnungen mit Oberösterreichischen AutorInnen, die sich „auf dieser Welt“ verteilt haben.

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03/08
FotoautorInnen: 
Buchcover, Drava Verlag

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