Neue Tanzproberäume

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Es gleicht fast einem Wunder: Im März eröffnen am Linzer Hauptplatz die Proberäume von RedSapata – eine Initiative von zeitgenössischen TänzerInnen. Der Zugang zu zeitgenössisch darstellenden Kunstformen sollen so gefördert werden. Und vor allem wird Raum geschaffen, wo diese Formen auch tatsächlich einmal künstlerisch-hierarchiefrei praktiziert werden können.

Erfreulicherweise ist die Stadt Linz (für das Jahr 2010) auf ein Angebot aufgesprungen, das die­ses Mal wirklich den freien Tanz­schaf­fen­den zu­ge­ord­net werden kann und nicht einer Aus­bil­dungs­stät­te der Bruckneruniversität untergeordnet ist (Stich­wort CCL, das gibt’s mittlerwei­le nicht mehr), oder sich so eklatante Personal­über­schneidungen zwischen den Ausbildungs­ins­ti­tutionen vorfinden lassen, dass freie heimische Kunstschaffende nach den kanonisierten Ausbil­dungskriterien beurteilt werden – und man darf es so sagen, in der Regel systematisch draußen gehalten werden.

Aber: Es soll hier nicht um Vergangenheit oder die Tanzausbildung in der Bruckneruniversität ge­­hen, die als Ausbildungsstätte hervorragenden Ruf be­sitzt. Es geht vielmehr darum, dass sich trotz dieser Universität die Stadt Linz als tanzrelevantes Schaffenspflaster wenig künstlerisch-relevanten Ruf nach draußen erwerben konnte. Und das, ob­wohl es neben der Universität eine konstante An­zahl von Tanzschaffenden gibt, die sich hier be­stän­dig entwickeln. Eine Kostprobe dieses Schaf­fens bieten die internationalen Tanztage im März/ April im Posthof: Im April werden vier heimische Tanzabende von allesamt „ausgezeichneten“ Küns­tler­innen/Gruppen ge­stal­tet (Die Preisträger­In­nen der von Linz09 ausgeschriebenen Wettbewerbe). Und mehr als ein Appetithäppchen dazu hat es be­reits am 23. Februar beim Posthof-Heimspiel ge­geben, wo sich die RedSapata-Gründerinnen Ilona Roth und Manou Vinh mit dem Tanzprogramm „Snap“ präsentiert haben. Die beiden haben ein Stück gezeigt, das mit dem in der internationalen Tanzwelt überaus geschätzten Frey Faust erarbeitet wurde. Dieser hat sich untypischerweise aus seiner Rolle als mitwirkender Tänzer zurückgezogen und sich auf einen für ihn neuen Prozess ein­gelassen: Frey Faust hat die beiden (im Rahmen eines Workshops) im Lernprozess beobachtet und gerade aus dem Gefühl des lernenden Unbe­ha­gens die Idee der Zusammenarbeit entwickelt, die sich teils schmerz- und teils scherzhaft folgendem Thema gewidmet hat: Wie gehen die beiden da­mit um, wenn sie nicht mehr weiterwissen und wie äußern sich körperliche Gesten von Unbe­ha­gen? Ein Stück, das die beiden laut eigener Aus­sa­ge „sowohl als Künstlerinnen als auch Freund­in­nen“ gemacht haben.

Die beiden letzten Sätze kann man auch auf die Vorgehensweise der Initiative RedSapata auf der Suche nach Räumlichkeiten an­­wenden; und auch hier kann man behaupten, dass diese Frage­stel­lun­gen (wie im Stück) zu einer vorbildlichen künstlerisch-kreativen als auch professionellen Prä­sen­tation geführt haben. Dazu der Hin­tergrund: Be­reits im Mai 2008 wurde RedSa­pa­ta in der Ga­le­rie Artpark/Lenaupark eröffnet – mit der Ziel­set­zung, „den zeitgenössischen Tanz in Linz zu unterstützen, Kunst- Kultur- und Probe­räum­lichkeiten zur Verfügung zu stellen, Linz ne­ben Salzburg und Wien als Tanzstadt attraktiv zu machen“. Dort wur­de zum Beispiel zeitgenössisches Tanz­trai­ning ab­gehalten, es wurden Work­shops u.a. mit Faust, Jas­per Dzuki Jelen, Anna Achimowicz, Martin Son­­derkamp abgehalten; und Veranstaltungen wie Tanz­präsentationen oder eine Tanzfilmnacht zu­sam­mengestellt – alles unter Mit­wirkung von Lin­zer Tanzschaffenden. Allerdings musste der Art­park, eine unglaubliche 1000e m2 umfassende Leer­stand-Zwischennutzungs-Gale­rie, letz­tes Jahr zusperren, und RedSapata sind nun nach doch einigen Vorarbeiten (und man muss sa­gen: per­sön­licher Risikobereitschaft), glücklicherweise am Hauptplatz 3 gelandet.

Zu den beiden hat sich als unterstützende Kraft Claudia Kreiner dazu gesellt. Überhaupt steht die Initiative den freien Kunstschaffenden der Szene offen. Man kann sogar sagen, dass sich die beiden in einer vorbildlichen Weise der Szene und ih­rer bisherigen Erfahrungen angenähert haben – um die gemeinsamen Ressourcen zu nutzen und das Erkämpfte für möglichst viele offen zu halten. Es ist neben den bereits begonnenen Dingen wie die Möglichkeit an Proberaumnutzung und Workshops geplant, ein Tänzer für Tänzer-Trai­ning aufzuziehen, das so etwas wie ein rotierendes Sys­tem sein kann. Genaue Bedingungen für ein or­ga­nisatorisches Zusammenspiel, was Nutzungs- und Vergabekonditionen anbelangt, sind allerdings noch nicht vorhanden, bzw. wurden die Ergeb­nis­se des ersten TänzerInnen-Treffens erst zusam­men­gefasst. Auch daraus soll nun Schritt für Schritt entwickelt werden.

Das nächste konkrete Vorhaben von RedSapata ist nun die Koordination der Teilnahme der Lin­zer Tanz­schaffenden an der „Langen Nacht der Büh­nen“ am 5. Juni – ein Termin, den RedSapata auch für eine offizielle Eröffnung nutzen wird. Eine be­sondere Freude ist hier (Anm. für die Au­torin dieses Textes als damalige Initiatorin), dass auf eine Idee der 2004 präsentierten off-tanz-performance Reihe „ich kann so nicht arbeiten“ zu­rück­ge­grif­fen wird, das auch damals schon Kunst­schaffen und die diversen Nöte der Szene thematisiert hat. Diesbezüglich wurde vom Ver­ein für die „lange Nacht“ ein Auftrag an die Trä­gerinnen dieser Kon­zepte erteilt, ein Programm zusammenzustellen. Auch hier wird an etwas angeknüpft, das innerhalb neuer Koope­rationen zu neuen For­maten trans­formiert werden kann.

Und vielleicht noch gute Aussichten zum Schluss: Die Stadt Linz hat die Absicht geäußert, in den zu­­künf­­tigen Tabakwerken ein „Tanzquartier“ (in nicht näher definiertem Ausmaß) zu installieren. Die organisatorischen Grundstrukturen dazu wer­den nun zwischenzeitlich von Red Sapata als offenes Tanzszene-Forum gelegt.

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03/10
FotoautorInnen: 
tb

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