Aus der Ferne – Und warum Französisch?

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Mit manchen Politikern ist es immer wieder eine Hetz und eine Gaudi. Vor allem eine Hetz. Ist von einem FPÖ Stadtpolitiker noch der bei­strich­befreite Slogan: „Erst Deutsch dann Schule“ in Er­innerung, und haben wir uns amüsiert über In­serate der gleichen Partei, die vor Gramma­tik­fehlern nur so strotzten, nervt uns nun ein FPÖ-Politiker auf Landesebene ausgerechnet damit, In­formationsblätter für die Wohnbeihilfe des Lan­­des Oberösterreich außer in Deutsch nur noch in Englisch und Französisch und nicht länger auch auf Türkisch und Serbokroatisch verteilen zu wollen bzw. zu verteilen. Ein Blick auf ooe.gv.at zeigt, dass Herr Haimbuchner seine Drohung be­reits umgesetzt hat und großzügig „Housing Benefits“ und „Aide au Logement“ anbietet. Wa­rum nun ausgerechnet auf Französisch? Weiß denn Herr Haimbuchner nicht, dass viele Im­mi­grantInnen aus beispielsweise afrikanischen Ländern teilweise muttersprachlich französisch sprechen? Und warum noch auf Englisch, beklagen denn nicht Herr Haimbuchner und seine Klien­tel permanent den Niedergang österreichischer Kultur durch die Verwendung englischer Begriffe wie homepage, anstatt korrekt Heim­sei­­te zu verwenden? Wen will Herr Haim­buch­ner denn da jetzt eigentlich vom Bezug der Wohn­bei­hilfe ausschließen? Warum überhaupt noch In­formationsblätter auf hochdeutsch und nicht im Dialekt, und zwar bitte schön in jenem Inn­viert­ler Dialekt, in dem auch unsere Landes­hym­­ne verfasst ist, mit deren Text ich mir als gebürtige Hausruckviertlerin und sozialisierte Salz­bur­gerin zeitlebens so schwer getan habe, dass ich dachte, ich müsse erst eine Fremdsprache ler­nen, wenn ich dazugehören wollte und Zeilen wie „duris tal bin i glafn“ oder „denn die hoamat is ehnter da zweit muadaleib“ aus voller Über­zeu­gung mitsang.

Denn schließlich, da gibt mir Monsieur Haim­buch­ner sicherlich recht, ist es hoch an der Zeit, die vielen deutschen Studierenden, KellnerInnen und KünstlerInnen von Sozialleistungen auszuschließen, es kann ja doch nicht angehen, wie die uns überlaufen, und wenn sich Herr Haimbuchner end­lich ein Vorbild an der SVP in der Schweiz neh­men würde, die vor Längerem bereits erkannt hat, dass die wahren Schmarotzer deutsche Gast­ar­bei­ter sind und nicht türkische, dann wüsste er längst, wer da in Linz so billig feudal auf 40 m2 wohnt.
 
Erst kürzlich saß ich mit H. an ihrem – im Übrigen nicht wohnungsbebeihilften – Couchtisch, ge­beugt über ein amtliches Schreiben, das sie vom Bundesasylamt erhalten hatte. Ein Schreiben, das, 5 Seiten lang, so unverständlich verfasst war, dass ich auch mit meinem Duden nicht gleich weiterhelfen konnte. Auch ein Anruf unter der angegebenen Telefonnummer mit der zuständigen Sach­bearbeiterin half nicht weiter, da, wie die Dame sag­te, diese Schreiben vorgefertigt seien, sie un­ter­­schreibe sie nur. Manuduktion hieß eines je­ner Wör­ter, über die ich eine Zeitlang lang grübeln musste, bis mir ein befreundeter Anwalt wei­ter­half: „Handleitung“ heiße es, aber was es in dem betreffenden Zusammenhang bedeuten wür­de, wis­­­se er auch nicht so genau. „Hamma net, wis­sma net, is hoit so“ – drei gerne verwendete Stra­te­gi­en in unserem Land, alles Fremde, Un­heim­li­che auf Distanz zu halten, egal ob in einer Amts­stu­be oder einer Bäckerei, da könnte ja sonst was passieren, würde man sich als Hiesiger herablassen und versuchen den Anderen verstehen zu wol­len.

Ich bin froh, keine Asylwerberin in Österreich zu sein, wenn selbst ein kluger Mensch wie H., die seit sieben Jahren in Österreich lebt und neben Armenisch und Russisch mittlerweile so gut Deutsch spricht, dass sie immerhin zur Führer­scheinprüfung antreten konnte, und, wenn sie gar nicht mehr weiter weiß, ihre beiden Kinder fragen kann, die – ich erwähne das, weil es of­fen­bar und merkwürdigerweise immer wieder als Indiz für gelungene Integration verwendet wird – einen oberösterreichischen Dialekt sprechen, der mir niemals zu eigen war … ich bin also froh, selbst keine Asylwerberin in Österreich zu sein, wenn selbst kluge Menschen wie H. über amtliche Schreiben stolpern, gemeinsam mit hier geborenen Freundinnen. Deutsch ist eben nicht gleich Deutsch und wer bestimmte Gruppen von Sozialleistungen oder Informa­ti­onen generell ausschließen will, der schafft das auch, indem er die eigene Sprache so veramtsspracht und mit Codizis versieht, dass nur mehr bestimmte Gruppen Schreiben, Formulare oder Informationsblätter verstehen und lesen können. Herr Haimbuchner hätte sich also den Auf­wand, Informationsblätter in Englisch und Französisch auflegen zu lassen, auch gleich sparen können. Zu meinen, MigrantInnen mit türkischem oder serbokroatischen Sprachhintergrund hätten dann weniger oder keinen Zugang mehr zu Beihilfen, wenn sie alle anderen Bedingungen erfüllt ha­ben, ist schlichtweg Unsinn. Zumindest wünsche ich mir das sehr, ebenso sehnlich wie ich Herrn Haimbuchner wünsche, er möge nie in die Lage kommen, in einem fremden Land um Beihilfe an­suchen zu müssen, n’est pas monsieur?

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02/10

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